0822 - Nomaden der Hölle
Krieger. Seine Hautfarbe fiel um einiges heller als die der Frau aus. Die Frau… war abgemagert, eindeutig mit ihren Kräften am Ende. Und sie war schön. Wunderschön.
Sabeth!
Morano presste beide Hände gegen die Schläfen. Die Krone - wie weit reichte ihre Mentalenergie, die ihn beeinflusste? Offenbar wesentlich weiter, als Tan es gehofft hatte. Er musste von hier verschwinden. Dennoch fiel sein Blick erneut auf die Frau, die lediglich mit einem Lendenschurz bekleidet war.
Sabeth, die Königin. Unsere Königin. Du musst sie zu dir holen, mit ihr fliehen. Ich weise euch den Weg.
Königin? Morano verstand überhaupt nichts mehr. Aber es fiel ihm im Traum nicht ein, die Aufforderung der Krone zu befolgen. Er war bemüht, von den vieren dort unten nicht entdeckt zu werden. Ehe sie hier ankamen, würde er längst wieder auf der Erde sein. Sollten sie sich doch mit dem hölzernen Einflüsterer herumschlagen. Er würde es sicher nicht mehr tun.
Mit nur wenigen Schritten war er aus der sicheren Deckung des Felsens hervorgetreten. All seine Gedanken, sein Trachten nach sofortiger Flucht aus dieser Welt, waren wie fortgewischt, wie nie gedacht. Alles war anders, alles war der Wille einer Macht, die mit ihm spielte, die aus jedem eine Marionette formen konnte. Und selbst das stärkste Bewusstsein musste ihr einfach untertan sein.
Tan Morano lächelte, als er mit gemessenem Schritt auf die vier so verschiedenen Wesen zuging. Er streckte ihnen die Krone entgegen, als wolle er sie ihnen als Geschenk anbieten.
Seine Augen sahen nur auf die dunkle Schönheit - Sabeth, seine Königin…
***
Saarg ließ sich um einige Körperlängen zurückfallen.
Er sah, wie Lika und die beiden Vampire sich weiter nach oben quälten. Dort oben, bei diesem Felsbrocken, der - wie alles andere hier - golden funkelte, waren sie wohl erst einmal in Sicherheit.
Saarg sah zurück. Nichts war von diesem unheimlichen Ort übrig geblieben, den sie in wirklich allerhöchster Not wie durch ein Wunder hinter sich gelassen hatten. Diese Gallertmasse hatte sich in rasender Geschwindigkeit überall hin ausgebreitet. Saarg hatte für sich und die anderen bereits mit dem Leben abgeschlossen, als sich vor ihnen plötzlich eine eingestürzte Außenwand befunden hatte.
Sie waren um ihr nacktes Leben gerannt!
Saarg spürte seine Muskeln, die sich immer weiter zu verkrampfen schienen. Wenn er und Lika nicht bald eine Pause machen konnten, würden sie ganz einfach zusammenbrechen. Der Skolote riss sich zusammen. Diesen Hügel würde er noch schaffen. Und sei es nur, um Lika nicht zu lange mit den Blutsaugern alleine zu lassen. Die Vampire waren ebenfalls körperlich am Ende -vielleicht kamen sie auf dumme Gedanken, wenn ihr Durst übermächtig zu werden drohte.
Saarg sah ihn zuerst. Ganz unvermittelt war er da, trat aus dem Schatten des hohen Steinbrockens hervor. Der Mann war hoch gewachsen, von oben bis unten mit Staub und Schmutz verunreinigt - seine Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen, doch das alles änderte nichts an der Selbstsicherheit, die er mit jeder Bewegung ausstrahlte. Selbst in seinem jetzigen Zustand wirkte er wie ein Fürst.
Sein rechter Arm war vorgestreckt. Irgendetwas hielt der Fremde den vier Flüchtlingen entgegen. Eine Geste, die Saarg als freundlich einstufte.
Er erkannte seinen Irrtum schnell, doch nicht schnell genug.
Die Vampirfrau schrie auf, als sie erkannte, was der Mann in der Hand trug. »Mörder! Du auf ewig verfluchter…« Sie wollte sich auf den Mann werfen, doch der andere Vampir kam ihr zuvor. Er schien noch ausreichend Kraft zu besitzen, um sich wie von einer Stahlfeder geschnellt auf den Fremden zu stürzen. Saarg war viel zu verblüfft, um auch nur auf den Gedanken zu kommen, hier einzugreifen. Und wenn - es wäre ihm sicher nicht besser ergangen, als es nun dem Vampir erging.
Saarg konnte nun erkennen, was der Fremde da mit sich trug. Eine Kopfbedeckung, die anscheinend aus Holz oder einem ähnlichen Material gefertigt war. Und aus diesem Kopfschmuck strömte jetzt ein feiner Nebel, der sich irrwitzig schnell auf den angreifenden Vampir zubewegte. Der Mann hatte keine Chance, er sprang direkt in den Nebel hinein. Mitten in seinem verwegenen Sprung verharrte der muskulöse Körper, hing eingehüllt von Dunkelheit für Momente starr in der Luft.
Plötzlich glühte der Vampir hell auf, als hätte ihn ein Blitz getroffen. Eine wegwerfende Handbewegung des Fremden ließ den Angreifer gegen den Felsbrocken
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