0823 - Der Kampf um die IRONDUKE
wollen.
Dieser zweiten Möglichkeit war er im Detail nachgegangen. Sie besagte, daß die drei Terraner die voraussichtliche Reaktion ihres Gegners, also des Konzepts, in ihre Überlegungen mit einbezogen hatten. Es konnte für sie nicht allzu schwierig gewesen sein, Grukels erste Reaktion vorauszusehen.
Er würde annehmen, daß sie den Aufruhr auf der H-Ebene nur inszeniert hatten, um sich so rasch wie möglich in den Besitz des Raumschiffs zu setzen. Also würde er seinerseits Vorkehrungen treffen, daß dieses Vorhaben mißlang.
Er würde sich selbst an Bord der IRONDUKE begeben und von einer geeigneten Position aus die Eindringlinge zurückwerfen.
So etwa mußten sie es sich überlegt haben. Sie hatten folgerichtig beschlossen, den Gegner in Sicherheit zu wiegen. Sie würden ihn warten lassen, bis er überzeugt war, daß dem Schiff keine Gefahr mehr drohte. Der Augenblick, in dem er zu dieser Überzeugung kommen würde, ließ sich leicht bestimmen: wenn die Werftroboter die Arbeit wiederaufnahmen.
Das würde nach Raphaels Auskunft in allernächster Zeit der Fall sein.
Grukel Athosien beschloß, das Spiel seiner Widersacher zunächst mitzuspielen. Er würde von Bord gehen - allerdings nur zum Schein. Er würde sich von der IRONDUKE entfernen und sich dann, wenn ihn niemand mehr sehen konnte, von einem Transportroboter zurück in den Kommandostand bringen lassen.
Zuvor allerdings hatte er etwas Wichtiges zu tun. Er konnte sich in der Zeit verschätzen und nicht rechtzeitig zurückkehren. Für diesen Fall war es wichtig, die Schutzschirmschaltungen so zu sichern, daß die drei Terraner sie nicht aktivieren konnten. Denn wenn ihnen das gelänge, solange er sich noch außerhalb des Schiffes befand, war all seine Mühe umsonst.
Er selbst verstand viel von Raumschiffen, aber in den Einzelheiten des Kontrollmechanismus kannte Ponto Sassola sich besser aus. Grukel übergab also die Kontrolle an den Hyperdimphysiker.
Es interessierte ihn wenig, was Sassola tat. Er wußte, daß er sich auf den Mann verlassen konnte.
Grukel nutzte die Gelegenheit, im Privatreich seines Bewußtseins noch einmal alles Für und Wider durchzugehen, das mit seinem gegenwärtigen Vorhaben zu tun hatte.
Dieser Mangel an Interesse würde wenig später um ein Haar zu katastrophalen Folgen führen. Ponto Sassola untersuchte die Schirmfeldschaltungen und stellte fest, daß die Feldprojektoren an das Zentralkraftwerk der IRONDUKE angeschlossen waren. Das Zentralkraftwerk war die einzige der insgesamt acht Energieerzeugungsanlagen des Schiffes, die bis jetzt aktiviert worden war. Zwar nur mit einem Reaktor, aber die übrigen Reaktoren standen startbereit und warteten nur auf den Einschuß von Plasma. Plasma war vorhanden. Sobald jemand einen der Feldschirme zu aktivieren versuchte, würde das Aktivierungssignal dem Bordrechner bedeuten, daß ein Zustand ernster Gefahr eingetreten war. Der Bordrechner konnte aufgrund seiner Programmierung nicht anders reagieren als dadurch, daß er sofort sämtliche startbereiten Reaktoren hochfuhr, um die Erstellung des Feldschirms auf dem raschesten Weg zu ermöglichen.
Eben das mußte verhindert werden. Ponto Sassola löste vorsichtig die Kontakte, die die Batterie der Schirmfeldprojektoren mit dem Regelkreis des Zentralkraftwerks verbanden. Er manipulierte sie und fügte sie so wieder zusammen, daß die Projektoren, wenn sie aktiviert wurden, die nötige Energie nicht vom Kraftwerk, sondern von einer äußeren Quelle, nämlich von NATHAN selbst, anforderten. Diese Manipulation sollte sich, so meinte Ponto Sassola, einfach vornehmen lassen. Denn die Mehrzahl der energieaktiven Funktionen an Bord der IRONDUKE wurden in diesem Augenblick ohnehin noch von NATHAN versorgt.
Um so überraschter war er, als bei dem Versuch, die manipulierten Kontakte herzustellen, Schwierigkeiten auftraten.
Er erhielt einen elektrischen Schlag. Die Kontaktenden knisterten und versprühten Funken, als handle es sich um eine Starkstromleitung.
Sassol suchte nach der Ursache. Der Stromkreis, an dem er arbeitete, gehörte zum Regelsystem. Im Normalzustand führte er Ströme, die im Bereich von einigen hundert Mikroampere lagen. Das Funkenspiel war völlig abnormal. Aber so weit der Hyperdimphysiker den Kreis auch verfolgte, er konnte die Stelle nicht finden, an der die Unregelmäßigkeit auftrat. So verfuhr er, wie Wissenschaftler es manchmal tun: er probierte noch einmal, diesmal mit äußerster Vorsicht.
Und siehe da: es gelang!
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