0830 - Der Tod des Unsterblichen
wieder in der Gegenwart befanden, hatte sich ihr Körper wieder aufgelöst.
Sie setzten ihren Weg fort. Nicole gelang es nicht mehr, an etwas anderes als Zamorra und Andrew Millings zu denken. Vor allem die Sorge um ihren Geliebten und Lebensgefährten nagte in ihr - die Mission, auf die sie gegangen waren, war höchst gefährlich.
Inzwischen hatte Nicole den schwebenden Kopf der Vampirdämonin als zeitweilige Begleiterin akzeptiert. Unter anderen Umständen wäre Angélique ihre erbitterte Gegnerin gewesen - doch durch die Vermittlung Sid Amos’ war es zu einem Waffenstillstand gekommen.
Oder zu mehr als einem Waffenstillstand; wie sich ihr Verhältnis genau definierte, darüber war sich Nicole nicht im Klaren. »Wieso sollte ich dir vertrauen?«, fragte sie Angélique darum geradeheraus.
»Vertrauen?« Angélique lachte. »Ich begründe eine Partnerschaft nicht auf Vertrauen, sondern auf gegenseitigen Nutzen. Obwohl ich bezweifle, dass du mir nützlich sein wirst, bin ich nun einmal davon überzeugt, dass Sid Amos das sehr wohl sein wird. Und Amos hat eben einen Narren an dir gefressen. Will ich ihn, muss ich dich wohl oder übel mitkaufen.«
»Sehr schmeichelhaft«, kommentierte Nicole. »Da stellt sich mir die Frage, was aus mir geworden wäre, wenn Amos das Tentakelmonster in dem ersten Vergangenheitsfeld nicht vernichtet hätte. Du hast mich ans Messer geliefert.«
Angélique antwortete mit einem spöttischen Grinsen. »Das war, bevor unsere neue Partnerschaft besiegelt und festgelegt wurde. Jetzt würde ich so etwas nie wieder tun.«
»Zumindest nicht, solange unser Zweckbündnis andauert?«
»Du hast es erfasst, Menschenfrau.«
Nicole nickte. »Erzähle mir mehr von dir. Berichte aus der Vergangenheit, aus deiner gemeinsamen Zeit mit Asmodis.«
Angéliques Augen verengten sich. »Es gibt Wichtigeres. Wir müssen darauf gefasst sein, von einem Moment auf den nächsten wieder in ein anderes Zeitfeld zu gelangen.«
»Was wäre geschehen, wenn das letzte Feld auch nur ein Jahr weiter in der Vergangenheit gelegen wäre?« Nicole richtete diese Frage an Sid Amos.
»Du meinst, vor deiner Geburt?« Der Ex-Teufel zeigte ein unergründliches Lächeln. »Du wärst verloren gegangen.«
Nicoles Herz übersprang einen Schlag. »Was soll das heißen?«
»Dein Körper hätte den Zustand angenommen, den er vor deiner Geburt innehatte - er war nicht vorhanden. Dein Bewusstsein allerdings hätte weiterexistiert, körperlos.«
»Für immer in dieser Zeitebene gefangen?«
»Du neigst dazu, dich sehr melodramatisch auszudrücken. Für immer ist ein gewagter Begriff. Die Zeitfelder wandern, wie du weißt… früher oder später wärst du wieder in die Gegenwart zurückgekehrt, und dein Körper hätte sich wieder manifestiert.«
Da Amos offenbar bestens informiert war, beschloss Nicole, eine weitere brennende Frage loszuwerden. »Du sagtest, es gäbe auch Felder, die in der Zukunft liegen.«
»Du fragst dich, wie so etwas möglich ist. Welche Form dein Körper dann annehmen wird… wo die Zukunft doch variabel ist, kein festgeschriebener Ablauf.« Amos zuckte mit den Schultern, eine allzu menschliche Geste. »Womöglich ist es die Zukunft mit der größten Wahrscheinlichkeit, oder die, die normalerweise eintreten müsste, aller-Voraussicht nach … Es spielt keine Rolle.«
Das sah Nicole ganz anders, aber sie schwieg und konzentrierte sich auf den vor ihnen liegenden Weg. Das Gebirge, von dem Amos geredet hatte, war inzwischen in scheinbar greifbare Nähe vorgerückt. Auch in den nächsten Minuten wurden sie weder angegriffen, noch gerieten sie in eine andere Zeitebene. Es fiel Nicole schwer, mit dem Tempo, das Sid Amos und Angélique vorlegten, mitzuhalten.
Dann geschah etwas, das zum Makabersten zählte, das Nicole jemals erlebt hatte.
Ohne dass sie irgendetwas spürte, zog sich das Fleisch von den Knochen ihrer Hände zurück. Wie vom Donner gerührt blieb sie stehen und starrte mit fassungslos geweiteten Augen auf ihre bloßen Fingerknochen.
***
Das Ziel lag direkt vor ihnen.
Professor Zamorra und Andrew Millings verhielten im Schritt. Dem Meister des Übersinnlichen lief es kalt über den Rücken. Er hatte schon einmal einen Blick hierher geworfen, damals, als Torre Gerret nach seinem Tod von Lucifuge Rofocale in sein Gefängnis geführt worden war - den Käfig, der in einem verkrüppelten Baum hing.
Doch damals war es etwas anderes gewesen… Zamorra war nicht körperlich hier gewesen, und er hatte
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