0831 - Leichen frei Haus
wollen? Hatten sie Organe entnehmen und dann an gewisse Firmen verkaufen wollen?
Dafür brauchte man nicht erst nach England zu fahren, das hätten sie auch im eigenen Land haben können.
Ich schaute sie nachdenklich an.
Die drei Japaner standen dicht zusammen. Wenn sie miteinander sprachen, konnten wir nichts verstehen. Zudem flüsterten sie nur, aber sehr ängstlich kamen sie mir nicht vor. Sie schienen sich auf ihre Hintermänner voll und ganz verlassen zu können, und ich fragte mich, ob ein Verhör überhaupt etwas brachte.
Versuchen mußten wir es. Und sie hatten auch Namen, man konnte ihre Spur zurückverfolgen, vorausgesetzt, sie waren nicht illegal in unser Land eingereist. Ich sehnte mich nach etwas Heißem, doch von einem Glühwein konnte ich nur träumen. Es gab keinen, der ihn mir servierte.
»Das wird eine harte Nuß«, flüsterte Suko und rieb seine Hände. »Die sind wie Granit, und wir werden uns ganz schön durchzuwühlen haben.«
Ich hob die Schultern. »Leichenklau, Suko, das ist das Problem. Warum haben Sie es getan?«
»Wenn du keine Antwort weißt, ich kenne sie auch nicht. Und es war ja nicht der erste Tote, den sie aus der Erde geholt haben. Wenn wir wissen, wohin die Leichen verschwunden sind, können wir schon mal aufatmen.«
Es stimmte, das war eine Etappe. Wenn ich mal wieder meinem Gefühl Gehör schenkte, so mußte ich zugeben, daß sich der Fall ganz anders entwickelte, als wir uns vorstellten…
***
Dr. Slim Dayton glaubte zu träumen. Ein Toter, der mit seiner patschigen und kalten Klaue sein Handgelenk umklammerte, das war ein böser, ein verfluchter Alptraum, doch in diesem Fall mußte er es leider als real ansehen.
Er steckte in der Falle.
Die beiden Kollegen standen hinter ihm. Sie hatten noch nicht herausgefunden, was ihm widerfahren war, und auch Dayton hatte das Gefühl, als wäre die Zeit für ihn stehengeblieben, denn er kam sich vor wie in einem Käfig, aus dem es kein Entrinnen gab.
Nur sehr langsam quälte er seinen Kopf in die Höhe und drehte ihn nach rechts, so daß er in das Gesicht der Leiche schauen konnte. Es war ein noch frischer Toter, der keine Spuren von Verwesung zeigte. Das gelbe Gesicht wirkte ballonhaft und aufgedunsen. Der Mund stand offen, die Winkel waren verzerrt, als wollte ihn die Leiche noch im Tod triumphierend angrinsen.
»Was ist denn los?« hörte er Shephards Frage.
Slim Dayton reagierte nicht. Noch immer konzentrierte er sich auf den kalten und harten Griff. Ja, die Hand lag wie Pudding um sein Gelenk, und er fragte sich, ob er sie durch ein Zerren überhaupt aus dem Griff befreien konnte.
»Rede doch!«
»Ich sitze fest!«
»Wie?«
Dayton heulte beinahe auf. »Der Tote hält mich fest!« sprudelte es aus ihm hervor.
Es war eine Tatsache, wenn auch eine unglaubliche, aber er hatte seine Kollegen gewarnt. Plötzlich standen sie dicht neben ihm, doch der Einstieg war einfach zu schmal, als daß auch sie sich noch hätten in den Wagen drücken können.
Zwei Frauenhände schoben Dayton so weit zur Seite, daß Iris Long erkennen konnte, was mit ihm geschehen war.
Dayton hörte, wie sie überrascht ausatmete, und ihr warmer Atem floß über seine Wange. Die nächsten Worte flüsterte sie schnell, und sie überschlugen sich beinahe. »Himmel, das darf nicht wahr sein, die Leiche hält ihn tatsächlich fest!«
Alvin Shephard stöhnte auf. »Aber der Mann ist tot!«
»Ich weiß.«
»Wie kann er dann…?«
Dayton stieß einen Fluch aus. »Verdammter Mist, redet nicht herum! Versucht lieber, mich zu befreien!« Er zerrte selbst, aber die Finger hielten ihn fest, als wollten sie langsam und genußvoll die Sehnen zerreißen und später die Knochen brechen.
»Rück mal zur Seite, Slim.«
»Das geht nicht mehr.«
»Doch es muß klappen, ich will an die Hand.« Iris Long war die Person mit den besten Nerven, sie mache den beiden Männern etwas vor, und der jammernde Dayton schaffte es tatsächlich, die Lücke zu erweitern, so daß die Ärztin den nötigen Platz kriegte.
Sie wollte nicht daran denken, was hier passiert war. Sie stellte sich einfach den Tatsachen, ohne nach den Ursachen zu fragen. Als Medizinerin wäre sie sowieso überfragt gewesen, für sie war es wichtig, daß Slim Dayton freikam.
Iris packte die kalte Leichenhand nicht am Gelenk an. Sie versuchte es von unten. Wenn Slim loskommen wollte, mußte sie die Finger der Hand nach oben biegen.
Sie waren dick, schwammig, auch wulstig, aber gleichzeitig auch fest und
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