0832 - Die Brut ist los
als wollte er sich in eine Flunder verwandeln. Für einen Moment zog sich sein Gesicht in die Länge, und Iris hätte am liebsten mit dem Hammer in die breiige Masse geschlagen.
»Komm endlich!«
Die Stimme ihres Kollegen riß sie aus ihrer Faszination. Sie nickte und zog sich zurück, bevor der Ghoul noch seine fleischigen Beine anziehen und sich in die Höhe stemmen konnte.
Iris zerrte die Tür zu. Sie ging zurück und blieb neben Shephard stehen. »Doch die Polizei?« fragte sie.
Er überlegte.
»Komm schon, und wenn wir uns lächerlich machen. Wir werden einen Hilferuf absetzen, die Leute werden kommen, die Türen aufbrechen, und sie werden den verfluchten Leichengeruch wahrnehmen, der hier durch die Gänge schwebt.«
Über die Lippen des Mannes huschte ein knappes Lächeln. »Damit könntest du sogar recht haben.«
»Habe ich auch. Wo steht das nächste Telefon?«
Shephard wollte eine Antwort geben, wurde aber von einem anderen Geräusch schon im Ansatz gestoppt.
Der Ghoul hatte sich mit seinem Schleimkörper von innen gegen die Tür gewuchtet und gleichzeitig auf die Klinke gedrückt, so daß sich die Tür zum Gang hin öffnete.
Es war wie ein Startsignal für die beiden Menschen. Sie schauten sich auch nicht um, als sie den Gang durchliefen, um den Raum zu erreichen, der am größten von allen Bürozimmern war, auch noch nicht eingerichtet, zumindest aber mit einem Telefon ausgestattet war, das seinen Platz auf dem Fußboden gefunden hatte.
Es war Alvin Shephard, der auf die Knie ging und auf das Telefon zurutschte. Er riß den Hörer an sich, auf seinem Gesicht malte sich die Spannung ab, und Iris, die schräg neben ihm stand, schaute ihm von oben herab zu. Sie sah auch, wie sich das Gesicht ihres Kollegen schrecklich verzerrte. Es wurde gleichzeitig noch blasser, und sie konnte sich vorstellen, was da geschehen war.
Shephard heulte vor Wut. Er hielt den Hörer fest, dann drehte er seinen Arm und streckte Iris den Hörer entgegen. »Da… da… hör selbst. Was hörst du?«
»Nichts.«
»Genau, nichts. Die Leitung ist tot. Sie ist erst gar nicht angeschlossen worden, oder man hat sie einfach gekappt. Wir sitzen noch immer in dieser verdammten Falle fest.«
Dr. Iris Long sagte nichts. Sie starrte nur ins Leere. Bis sie anfing zu weinen, denn auch sie war nur ein Mensch mit Nerven…
***
»Du weißt, was du uns schuldig bist, und du weißt, wie dankbar du uns sein mußt!« Die Stimme aus dem Dunkel klang emotionslos, sie war verfremdet, sie tönte immer gleich, und Zugeda, der ihr genau zuhörte, nickte einige Male und verbeugte sich sogar vor ihr.
»Dann ist es gut, dann sind ich und meine Partner zufrieden. Wir haben dich aus den Klauen der Polizei befreit, und du wirst deiner Arbeit nachgehen. Du hast die beiden Polizisten nicht erwischt, wir haben dich zuvor gewarnt gehabt. Aber wir werden dich nicht aus dem Verkehr ziehen, Zugeda, wir werden uns zurückziehen, und du wirst diesen Rückzug einleiten.«
Zugeda verbeugte sich wieder. Er gab keine Antwort, denn man hatte ihn nicht gefragt. Es war ein Gebot der Höflichkeit, dann nicht zu reden, wenn keine Frage gestellt wurde.
»Bist du bereit?«
»Ja, ich bin es, Herr!«
»Bei deiner Ehre und bei deinem Leben?«
»Ich werde mein Leben einsetzen, um meine Ehre zurückzugewinnen. Ich weiß, daß ich versagt habe, und ich werde alles daransetzen, um dieses Versagen wieder wettzumachen. Ich weiß, was ich euch zu verdanken habe. Ihr habt mich nicht bestraft, ihr hättet mich vernichten können, aber ihr habt es nicht getan. Dafür werde ich euch dankbar sein, und ihr werdet meine Dankbarkeit bis zu meinem Tod erleben.«
»So haben wir es auch haben wollen.«
»Was soll ich tun?«
»Alles abbrechen. Du wirst die Spuren löschen. Du bist der Auslöscher, der Zerstörer. Du wirst in das Forschungszentrum gehen und dort alles töten, was dir über den Weg läuft. Die Menschen und die Brut. Mit den Menschen haben wir keinen Fehler begangen, anders ist es mit den Leichen Unsere Gruppe hat es gut gemeint, sie hat sich aber den falschen Friedhof ausgesucht. Es war unser Pech und nicht vorhersehbar. Aber es gibt nichts, was man nicht ändern könnte, Zugeda. Wir verlassen uns auf dich, und wir verlassen uns auch darauf, daß du dich nicht erwischen läßt. Solltest du trotz allem in eine Falle laufen, so wirst du handeln, wie es die Tradition vorschreibt. Du wirst Harakiri begehen.«
Wieder verneigte sich Zugeda. »Ich habe es hiermit
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