0832 - Die Brut ist los
versprochen, Herr.«
»Dann komm und nimm deine Waffe!«
Zugeda straffte sich. Er ging der dunklen Hälfte des Zimmers entgegen und verließ damit den Lichtschein, in dem er sich selbst aufgehalten hatte. Ein Vorhang nahm ihm die Sicht auf den dahinter sitzenden Mann. Er saß allerdings vor einem Tisch, und der Vorhang reichte bis auf die blanke Platte hinab.
Unter dem Saum hervor schob sich eine Klinge. Ihr blanker Stahl glänzte wie ein Spiegel. Als hätte Zugeda schon zuviel gesehen, wurde die Hand blitzschnell wieder zurückgezogen.
Er umfaßte den Griff der Waffe, hob sie ein wenig, ging in die Knie, um in dieser Haltung das Schwert zu küssen. Für ihn war es damit geweiht.
»Steh wieder auf, Zugeda, und geh deinen Weg!«
Er kam hoch. Noch einmal verneigte er sich, dann drehte er sich um und schritt lautlos auf die Tür zu. Er öffnete sie leise und schloß sie ebenso leise hinter sich.
Das Schwert steckte er wieder ein.
Zugeda wußte, daß ihn die Polizei suchte. Unsichtbarmachen konnte er sich leider nicht, und so mußte er darauf achten, Wege zu finden, um nicht gesehen zu werden.
Das würde ihm gelingen, denn in der Zentrale des Konzerns gab es gewisse Schlupfwinkel, die man in einem Bürohaus bestimmt nicht vermutete. Er ging. Niemand sah ihn, und es dauerte nicht lange, da hatten ihn die Kälte und die Stadt geschluckt.
Er war unterwegs, und er würde den Befehl durchführen, koste es, was es wolle…
***
Auch wir waren unterwegs, und der Name Zugeda ging uns beiden nicht aus dem Sinn. In der Innenstadt hatten Abgase den Straßen die größte Glätte genommen, wir aber mußten raus aus diesem Bereich und an den Rand der Millionenstadt, die sich immer weiter ausdehnte.
Hier waren noch viele Straßen glatt, zumeist an den Rändern schimmerten die Eisflächen wie kleine, stumpfe Spiegel. Nebelbänke kündigten einen Wetterumschwung an, der schon in den Nachrichten vorhergesagt worden war. Die Sonne entdeckten wir nicht mehr. Wolken und Dunst hielten sie verborgen.
Wir fuhren langsam und hofften nur, nicht in einen Unfall verwickelt zu werden.
Zwei Fahrzeuge hatten wir bereits im Graben liegen sehen. Ich wollte nicht, daß es uns ebenso erging.
Noch kamen wir verhältnismäßig gut voran, das änderte sich, als die Bebauung lichter wurde.
Suko saß neben mir. Er hatte die Straßenkarte auf seinen Knien ausgebreitet. In dieser Ecke kannten wir uns nicht aus. Das Gebiet gehörte zwar noch zu London, aber Wohnviertel waren kaum zu sehen. Immer mehr Industriekomplexe erschienen in unserem Sichtfeld. Die glatten, uniformiert wirkenden Bauten waren auf die grüne Wiese gestellt worden und sahen aus, als hätte man sie dort vergessen.
Das Land war flach, der Natur entrissen. Die wenigen Bäume hatten einen Eispanzer angelegt. Überall hingen Eistropfen oder Eiszapfen, und der Nebel wurde dichter. Die Kälte drückte stark. Als Suko einmal sein Fenster öffnete, drang sie uns wie ein wolkiger Eishauch entgegen und raubte uns beinahe die Luft.
Da wußten wir, was uns bevorstand, wenn wir die schützende Wärme des Autos verließen Mit viel Verkehr brauchten wir hier nicht zu rechnen. Wer hier fuhr, der arbeitete auch bei einer der zahlreichen Firmen, von denen die meisten Speditionen waren.
»Es ist schwer«, sagte Suko.
»Was?«
»Den Bau zu finden.«
Ich grinste breit. »Du hast doch die Karte.«
»Trotzdem ist es schwierig. Hier sind zwar Straßen oder Wege eingezeichnet, aber nicht alle führen nach Rom. In dieser Gegend hat sich einiges verändert, ich gehe sogar davon aus, daß in den letzten Monaten neue Zufahrten entstanden sind, die man auf dieser Karte noch gar nicht aufgenommen hat.«
»Du wirst es schon machen.«
»Danke für das Vertrauen. Wenn der Stacheldraht an deiner rechten Seite zu Ende ist, müßten wir an eine Kreuzung kommen. Dort kannst du dann mal stoppen.«
Ich nickte und warf einen Blick nach rechts. In der Tat war dort ein Areal von einem hohen Stacheldrahtzaun umgeben. Auf dem Gelände lagerten große Eisenröhren. Sie waren übereinander gestapelt, als sollten sie ein postmodernes Puzzle bilden. Zwischen den Bergen aus Industrieprodukten wuchs dürres Wintergras, das Rauhreif umhüllte.
An der Kreuzung stoppte ich. Die Reifen griffen gut. Hier war es nicht glatt.
»Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten«, sagte ich und schielte zu meinem Freund Suko hinüber.
»Ja, ich weiß. Rechts oder links.«
»Was sagt die Karte?«
»Nicht viel. Wenn wir den rechten Weg
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