0833 - Hexenliebe
darüber, daß er nicht so reagierte, wie er es normalerweise getan hätte, aber diese Eindringlinge hatten etwas mitgebracht, die sie begleitete, es war die Aura der Angst, der Bedrohung, und es war auch der Geruch, der in Schwaden über das Bett hinwegfloß.
Der liegende Mann befand sich in einem Bann, den er aus eigener Kraft kaum lösen konnte.
Aus dem Dunkel erschien das Gesicht. Allmählich nur bekam es normale Züge. Suko schaute sehr genau hin. Ein Vergleich schoß ihm durch den Kopf. Das Gesicht kam ihm vor, als würden immer mehr dünne Schleier davon fortgezogen, so daß er es intervallweise besser erkennen konnte.
Die Dunkelheit war noch vorhanden, aber der Inspektor hatte den Eindruck, als wäre sie heller geworden. Wie sonst hätte er das Gesicht so relativ deutlich erkennen können? Oder leuchtete es etwa von innen heraus.
Die leicht aufgeworfenen Lippen glitten in die Breite. Ein Halbmond als Mund entstand. Das Lächeln erreichte Suko. Es versprach Wärme, es war rein mechanisch, vielleicht auch überheblich, Suko wußte es selbst nicht zu deuten.
Aber es war das Lächeln einer Siegerin.
Sie, die Unbekannte, die für ihn Namenlose, hatte gewonnen, und sie zeigte es ihm voll innerer Freude. Sie hatte gewonnen und die Macht über den Mann errungen.
Suko hörte ihre Stimme. Ein geheimnisvolles, aber auch irgendwie gefährliches Wispern, das an seine Ohren drang, bevor es - Suko hatte zumindest den Eindruck - über sein Gesicht gehuscht war.
»Erkennst du mich nicht?«
Wenn jemand eine Frage stellt, erwartet er eine Antwort. Suko wollte sie auch geben, doch er rang nach Worten. Sie lagen ihm auf der Zunge, nur bekam er Schwierigkeiten, sie zu formulieren. Eine andere Kraft schien sie zurückzudrücken, und er mußte sich schon irrsinnig anstrengen, um überhaupt reden zu können. »Ja, du… du… bist die Person am Fenster gewesen.«
»Das stimmt.«
»Was willst du denn?«
»Pssst«, sagte sie. »Ich stelle hier die Fragen. Du mußt dich gedulden.« Sie bewegte sich und kratzte über Sukos Gesicht. »Ich werde dir jetzt meinen Namen sagen, damit du weißt, mit wem du es zu tun hast. Ich heiße Tatjana…«
Suko hatte den Namen genau verstanden. Er überlegte, er dachte über ihn nach, wo er ihm schon einmal gehört haben könnte, aber es fiel ihm einfach nicht ein.
»Nun…?«
»Ich weiß nicht«, flüsterte er zurück. »Ich… ich habe keine Ahnung, was ich mit diesem Namen beginnen soll.«
»Gefällt er dir?«
Suko wunderte sich über diese Frage. Hier war nicht der richtige Zeitpunkt, um danach zu forschen.
Er wollte die Schultern heben, was ihm in dieser liegenden Haltung schwerfiel, deshalb murmelte er: »Warum sollte er mir denn gefallen?«
»Er braucht es nicht«, gab Tatjana zu. »Ich will ehrlich zu dir sein. Wir beide werden in der nächsten Zeit oft und lange zusammensein. Ich gebe dir die Chance, dich an diesen Namen zu gewöhnen, dann wirst du sehen, daß es dir nicht mehr fremd ist.« Die dunkelhaarige Hexe lächelte. »Du wirst ihn annehmen, und du wirst erleben, wozu wir fähig sind. Es hat lange gedauert, aber wir haben dich gefunden, und wir haben auch unsere Pläne erarbeitet.«
Suko wußte Bescheid, und trotzdem wußte er nichts. »Was habe ich mit euch zu tun?«
»Viel.«
»Nein, ich…«
Tatjana ließ ihn nicht ausreden. »Doch, ich werde es dir erklären. Du hast indirekt mit uns zu tun, oder wir haben indirekt mit dir zu tun. Das will ich dir erklären. Erinnerst du dich an Paris?«
»Warum sollte ich das?«
»Weil ich es so will. Erinnerst du dich an die Frau mit den Ringen, der du eigentlich so dankbar hättest sein müssen, denn sie hat dafür gesorgt, daß du deine normale Größe zurückbekommst. Aber du bist ihr nicht dankbar gewesen, das ist mir klargeworden.«
Suko hatte die letzten Worte schon gar nicht mitbekommen, denn seine Gedanken waren bereits in die Vergangenheit hineingerutscht. Tatjana hatte sich nicht geirrt. Es gab die Frau mit den Ringen.
Er war auch in Paris gewesen, und den Namen der Hexe, die stärker als der Teufel sein wollte, konnte er nicht vergessen.
Yannah!
So hatte sie geheißen, und plötzlich formte sich aus der reinen Erinnerung ein Bild.
Er sah sie genau vor sich. Sie stand in seiner Nähe, sie schaute ihn aus ihren kalten Augen an, und jetzt, wo er im Bett lag, spürte er wieder diesen Hauch der Faszination, der ihn auch damals erfaßt hatte. Er war von dieser Hexe in den Bann geschlagen worden. Er hatte nicht
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