0844 - Tödliches Amsterdam
heranzukommen.
Diese Wesen waren einfach das Schlimmste, was sich ein Mensch nur vorstellen konnte. Sie wollten nicht nur töten, sie wollten ihr Opfer auch noch…
Jolanda dachte nicht mehr weiter, denn vor ihr war Rob stehengeblieben und hatte einen Finger auf seine Lippen gelegt. Dabei drehte er wieder den Kopf. »Da ist was…«
Die Blonde beugte sich etwas vor. »Wo denn?«
Er deutete die Stufen der letzten Treppe hinab, die im Erdgeschoß endete. Links befand sich die Haustür. Sie besaß oben eine schmale Glasscheibe, durch die das Licht des Tages sickerte. Es war nicht mehr so sonnenprall wie in der Vergangenheit, sondern etwas dunkler und grauer geworden.
»Ich sehe nichts.«
»Sie zeigen sich auch nicht, aber ich spüre, daß sie den Bereich des Kellers schon verlassen haben.«
»Und wo sind sie jetzt?«
Der Einäugige hob die Schultern. Er wollte sich keiner konkreten Aussage stellen, aber die Spannung war in ihm hochgestiegen wie die Quecksilbersäule eines Thermometers im Hochsommer.
Dieses Haus hatte es in sich. Es hatte zu einer Falle für sie beide werden sollen, und er war froh, dies noch früh genug entdeckt zu haben. Auch die letzte Stufe ließ er hinter sich und stand auf den dunklen Steinfliesen des Flurs, wo er allein blieb und nicht angegriffen wurde. Neben ihm blieb auch Jolanda stehen. »Nichts«, sagte sie flüsternd. »Das kann man nicht sagen.«
»Ich sehe aber nichts.«
»Sie sind da!« behauptete Rob steif und fest. Er drehte sich auf der Stelle, als könnte er so andere Dinge erkennen, die ihm zuvor verborgen geblieben waren.
»Außerdem ist es mir hier zu dunkel«, wisperte Jolanda. »Man sieht kaum den Einstieg zum Keller.«
Die letzten Worte waren für Rob so etwas wie ein Startzeichen, denn er bewegte sich auf einen Ort unter dem Treppenabsatz zu, wo in die Wand hinein eine Stahltür gebaut worden war. Sie stellte den Eingang in die Tiefe dar. Rob wußte genau, daß sich hinter der Tür eine alte Leiter befand, schon angerostet, aber durchaus funktionstüchtig. Er wollte die Stahltür nicht öffnen, sondern sich zunächst einmal von etwas Bestimmten überzeugen. Dazu beugte er sich vor, damit er das Schloß genau sehen konnte, und seine Lippen preßten sich für einen Moment sehr hart zusammen, denn er hatte erkannt, daß diese Tür nicht verschlossen war.
Das normale Vorhängeschloß war einfach nur in die Riegelöffnung eingehängt worden. Eine Täuschung für ein kurzes Hinsehen.
Er richtete sich wieder auf.
»Was hast du gesehen?«
»Sie sind da, Jolanda, sie müssen einfach hier im Haus sein. Ich habe mir das Schloß angeschaut, es ist nicht verschlossen, verstehst du das? Nicht verschlossen!«
»Ein Beweis ist es noch nicht.«
»Stimmt. Nur bin ich sicher, daß wir den auch noch bekommen werden. Hoffentlich wird es nicht zu schrecklich.«
»Was willst du tun? Warten? Die Kellertür öffnen…?«
»Es gibt noch eine dritte Alternative.«
»Welche denn?«
»Ich schaue mich draußen um.«
»Und was mache ich?«
»Du hältst hier die Stellung. Solltest du irgend etwas sehen, dann rufe mich.«
»Geht in Ordnung, Rob. Nur eine Frage habe ich noch. Was interessiert dich da draußen so sehr?«
Er lächelte knapp. »Wie du weißt, kann man von dort durch einen zweiten Eingang in den Keller.«
»Aber nur über die Rutsche.«
»Spielt das eine Rolle? Für die hungrigen Leichen bestimmt nicht.« Er näherte sich der Haustür. »Ich bin gleich wieder da. Halte die Ohren steif.«
»Keine Sorge, das packe ich schon.«
Es gefiel Jolanda nicht sonderlich, daß sie warten mußte, auf der anderen Seite gab sie ihrem Partner recht. Sie befanden sich in einer Situation, wo jeder seine persönlichen Ambitionen der Sache wegen zurückstellen mußte.
So wartete sie in der Stille.
Eine Stille, die ihr nicht gefiel, weil sie so gar nicht zum Tag paßte, und eher für die Nacht gereicht hätte. Sie war belastend, die Stille drückte, sie glich schon einem Gefängnis mit sehr dünnen, aber dennoch starken Mauern, die Jolanda aus eigener Kraft nicht zerstören konnte. Sie erschrak, als sie hörte, daß jemand vor der Tür stehenblieb.
Das war nicht Robby!
Jolanda trat einen Schritt zurück, um nicht sofort vom Licht getroffen zu werden, wenn jemand die Tür öffnete. Sie wurde sehr langsam aufgedrückt, und Jolanda hörte dabei eine leicht wütend klingende Frauenstimme, die sie trotzdem beruhigte, denn es war die Witwe, die in der ersten Etage lebte und nun vom
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