0845 - Das Höllenhaus
Widerschein, so daß es keine andere Möglichkeit gab, denn hinter den Scheiben war eine seltsame Helligkeit entstanden.
Sie setzte sich, meinem Gefühl nach, nur aus einem blassen Widerschein zusammen. Es war auch nicht der Widerschein eines flackernden Feuers, sondern der zahlreicher Gasflämmchen, die sehr ruhig in Bodenhöhe brannten und das Innere des Hauses erhellten. Dieses ungewöhnliche Licht zeichnete sieh auch hinter oder auf den Scheiben ab, so genau war es nicht zu erkennen. Wichtig war nur, daß sie das Haus erhellten, denn nun sahen wir, daß sich Bill nicht geirrt hatte.
Jemand befand sich im Haus.
Wir sahen die Gestalten, und Bill hob für einen Moment die Hand an, um sie auf den Mund zu pressen. Wahrscheinlich hatte er unter den vier Personen seinen Sohn Johnny ausgemacht.
Für mich gab es kein Halten mehr. Ich hatte darauf gehofft, daß sich Bills Voraussagen nicht erfüllten. Diese Hoffnung jedoch war vergebens gewesen. Mit langen Schritten eilte ich auf das Ziel zu, war vor meinem Freund an der Haustür, um sie aufzureißen. An die Flammen dachte ich dabei nicht, es ging mir einzig und allein um die Rettung der vier Jugendlichen oder jungen Erwachsenen.
Ich hatte Pech.
Diesmal war die Tür verschlossen. Wer immer sich dafür verantwortlich gezeigt hatte, hatte es genau zum richtigen Zeitpunkt getan, denn wir waren die Verlierer.
Neben mir hörte ich Bills Keuchen. »Abgeschlossen?«
Ich trat einen Schritt zurück. »Ja.«
»Dann brechen wir das verdammte Ding auf!«
»Okay, wir…«
Das Wort wurde mir von den Lippen gerissen, denn auf einmal strahlten die Flammen hoch. Wir hatten durch die verschiedenen Fenster geschaut, wir erlebten mit, wie sie gegen die Decke schossen und wie plötzlich das Gesicht entstand, das wir schon einmal gesehen hatten. Nur befand es sich jetzt im Haus und direkt bei den vier Eingeschlossenen.
Ich ahnte, daß wir zu spät gekommen waren, aber Bill wollte es nicht wahrhaben. Sein Schreien schreckte mich auf, ich drehte mich um.
Mein Freund war zurückgegangen, um Anlauf zu nehmen.
Dann startete er.
Zu spät.
Er befand sich noch im Lauf, als die fremde Magie abermals zuschlug. In dem Feuer blitzte es auf, und das alte Haus schien zu explodieren. Es gab keinen Laut, kein fremdes Geräusch, es war nur plötzlich nicht mehr da, als wäre es mit allem, mit jedem Brett, mit jedem Nagel, jeder Treppenstufe und auch mit seinem menschlichen Inhalt in die Luft geblasen worden.
Es war weg!
Es war nicht mehr da - verschwunden!
Ich hörte Bill heulen, ich hörte seine trampelnden Schritte und drehte mich um.
Er hatte nicht mehr stoppen können. Er war auf dem Weg gewesen, die Tür einzutreten, aber er würde ins Leere stürzen, denn das Haus war innerhalb einiger winzigen Zeitspanne verschwunden.
Ich fing ihn ab.
Der Reporter federte in meine Arme, wurde wieder zurückgeschleudert und fiel abermals nach vorn.
Er hatte kaum mitbekommen, daß ich ihn abgefangen hatte. Bill starrte, von mir noch festgehalten, dorthin, wo sich einmal das Haus befunden hatte.
Die Stelle war leer.
Nur allmählich schien er das auch zu begreifen, was er mit den eigenen Augen sah. Mit einer müde wirkenden Bewegung strich er über die Stirn. Er nickte, ohne etwas dabei zu sagen. Meine Gedanken drehten sich um das, was man uns in der Kneipe erzählt hatte. Da war auch von dem Verschwinden und dem Wiedererscheinen des Hauses gesprochen worden. Nur was zwischen diesen beiden rätselhaften Vorgängen lag und was sich in dieser Zeit abspielte, darüber hatte man uns nichts erzählen können. Das war völlig außen vor. Darüber konnten wir nur spekulieren, und alle Spekulationen würden auf keinen Fall in eine positive Richtung laufen. Das Haus war weg. Eine magische Kraft hatte es kurzerhand in eine andere Dimension geholt, in ein anderes Reich.
»Das Höllenhaus«, murmelte ich.
»Was sagst du, John?«
»Schon gut.«
Mein Freund hatte sich wieder etwas beruhigt und entspannt. Er atmete tief durch, er zitterte auch nicht mehr, nur sein Atem glich mehr einem Schnauben.
»Weißt du, was ich jetzt möchte, John?«
»Nein.«
»Ich möchte mich hinsetzen und mich betrinken. Ich könnte mich selbst in den Hintern treten, denn ich habe den Fehler gemacht. Verdammt, ich habe den Inhalt der Tagebuchseite einfach unterschätzt. Ich habe unsere Fahrt beinahe als eine Spielerei aufgefaßt. Ich hätte nie gedacht, daß es soweit kommen könnte. Dabei hat Fanny Weldon doch von diesem
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