0847 - Shango
Zudem ist die Umgebung ziemlich sumpfig.«
»Also der richtige Ort für die richtigen Leute.«
»Du sagst es.«
Ich hatte es mir im Fond bequem gemacht. Die Fahrt allerdings konnte ich nicht genießen, denn meine Gedanken kreisten ausschließlich um die Vergangenheit und auch um die Zukunft, von der ich ja nichts wußte, doch meine Ahnungen waren ziemlich schlimm, denn gegen beide Feinde zu kämpfen, bedeutete für uns, daß wir einfach alles einsetzen mußten.
Keine Wolke trübte das Blau des Himmels. Die Hügel wirkten wie kahle Wellen eines unendlichen Meeres.
Aber so reizvoll die Landschaft auch war, sie blieb es nicht, denn als wir von der breiten Hauptstraße abbogen und direkt auf das Ziel zuhielten, da kam es mir vor, als würden wir von einer düsteren Mauer erwartet.
»Da hinten liegt es!« erklärte uns Abe. »Ich war ja mal dort und hätte nicht gedacht, daß ich so schnell wieder hinfahren würde.« Er schüttelte den Kopf. »Das ist eine Gegend, in der ich als Leiche nicht tot über dem Gitter hängen möchte.«
»Wir werden sehen.«
Und wir sahen, denn es dauerte nicht lange, bis wir das Gebiet erreicht hatten. Es war ein sumpfiges Gelände, in dem hohe Erlen, aber auch niedrigere Bäume ihren Platz gefunden hatten.
Waren wir bisher durch eine sehr klare Luft gefahren, so änderte sich dies nun. Etwa dort, wo sich der Wald ausbreitete, lag eine dünne Dunstschicht über dem Boden, die sich in den Wald hineingekrallt hatte. Es mochte am Sumpf liegen und daran, daß sich allmählich der Abend näherte und die Feuchtigkeit zu dieser Zeit immer zunahm. Vom Bunker war noch nichts zu sehen. Auf meine Frage hin erklärte mir Abe, daß er seinen Platz hinter dem Wald gefunden hatte.
Der Bunker stammte noch aus alten Kriegszeiten und war umgebaut worden. Man hatte früher in ihm Waffen und Munition gelagert, jetzt hausten die schlimmsten Verbrecher in den Verliesen.
Der Boden zeigte eine Farbe, die zwischen Grün und Braun schwankte, eben typisch für einen Sumpf. Nicht weit entfernt schimmerte die Oberfläche eines Sees, der inmitten eines fast abgestorbenen Waldes lag. Über dem Wasser trieb ein Hauch von Dunst, und das kahle Geäst der Bäume schaute traurig auf ihn nieder.
Ich hielt mich zurück, aber meine innere Unruhe stieg an. Sie nahm noch zu, als Douglas den Ford nach rechts lenkte und auf die einzige Straße fuhr, über die der Bunker zu erreichen war.
Wir sahen ihn.
Er stand wie ein kompakter grauer Schatten inmitten der trostlosen Landschaft, als wäre er extra für sie geschaffen worden. Er war einfach da, er hatte sich ausgebreitet, er war eine Masse Beton, erstarrt, ein grauer Alptraum, in dessen Innern es bestimmt schlimmer aussah als in der äußeren Umgebung.
Bevor wir parkten, rollten wir an einem breiten und dicken Eisentor vorbei, und Abe gab dazu seinen Kommentar ab. »Wer hier einsitzt, hat kaum die Chance, das Tageslicht zu sehen. Es gibt hier keinen Innenhof, in dem die Gefangenen spazieren können. Wer trotzdem die Sonne sehen will, das dürfen nur die, die sich gut führen, kann auf das Dach geschafft werden.«
»Und hinunterspringen, wie?«
»Nein, John, dafür ist die Mauer zu hoch. Von hier unten kannst du es nicht sehen, ich habe es mir auch nur sagen lassen und bin selbst noch nicht oben gewesen.«
»Die schlimmsten Fälle sind in den Katakomben des Bunkers untergebracht worden, nicht?«
»Ja, da müssen auch wir hin.«
Wir stiegen aus, und ich sah das kantige Grinsen auf Sukos Lippen, das die letzte Bemerkung des G-man hinterlassen hatte. Wir schlugen die Türen zu. Die dumpfen Geräusche hörten sich hier irgendwie anders an, als wären Zellentüren hinter uns zugefallen. Auch die Männer, die hier ihren Dienst taten, waren nicht zu beneiden. Da konnte nur eine hohe Bezahlung locken.
Es gab gewisse Regeln.
Wer einmal arbeitete, der zog den Job auch eine Woche durch. Danach konnte er fahren und hatte frei. Dann begann wieder der Dienst, der rund um die Uhr dauerte.
Vor dem Eingang blieben wir stehen. Kameraaugen hatten uns längst erfaßt, es öffnete sich die Klappe in der Tür, ein Gesicht erschien im Ausschnitt, und bevor der Mann noch eine Frage stellen konnte, kam ihm Douglas zuvor.
»Wir sind angemeldet. Jorge Gulda weiß Bescheid.«
»Moment.«
Der Moment dauerte etwa eine Minute. Ich nahm mir Zeit und betrachtete die trostlose Umgebung, die sehr bald noch trostloser werden würde, weil der Tag bereits weit fortgeschritten war.
Dann schob sich
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