0848 - Spionin der Hölle
nach dem Handgelenk der schönen Frau, deren annähernd bodenlanges Haupthaar sie auch jetzt gleich einem Mantel umhüllte. Die Nähe der Wächterin machte den Physiker nervös, auch wenn er das nicht wahrhaben wollte.
Vorsichtig fühlte er mit dem Zeigefinger nach ihrem Puls… und nannte sich im gleichen Augenblick einen Narren. Pulsfrequenz - bei einem Wesen, dessen Herkunft, dessen ganze Beschaffenheit absolut im Dunkel lag. Die Wächterin war ein Hort der seltsamen Magie, die Armakath erfüllte. Und er? Er startete einen Versuch mit humanmedizinischen Diagnosen…
Vielleicht hätte er ja sogar einen Pulsschlag finden können, doch van Zant brach den-Versuch verschämt ab. Das alles brauchte er doch überhaupt nicht. Er konnte es doch fühlen , tief in sich, dass die Wächterin lebte. Leben… wahrscheinlich auch nur ein Begriff, der hier nicht anzuwenden war. Doch ein besserer fiel dem Südstaatler einfach nicht ein.
Es war verrückt, aber durch die nun geschlossenen Augenlider der Wächterin glaubte Artimus die Silberpupillen sehen zu können, den Blick, der ihn stets fesseln konnte.
»Die Wurzel, Krieger.« Sie bewegte die Lippen nicht, doch Artimus hörte ihre Worte laut und deutlich. Zamorra erging es ebenso, wie ein kurzer Blickkontakt zum Professor bewies. »Die Wurzel brennt, sie verdorrt. Dann wird Armakath sterben. Du musst helfen, Krieger.«
Artimus zuckte zusammen, als er mit einem Mal die Hand der Wächterin spürte, die sich auf seine Brust legte. »Schnell, zögere nicht…«
»Aber was kann ich denn tun?« Er bekam keine Antwort, denn die Wächterin schien wieder in die Bewusstlosigkeit abgeglitten zu sein. Van Zant sah zu Zamorra. Der Rauch, der aus dem Wurzelhaus drang, wurde zusehends dichter.
Die Wurzel brennt … Die Worte hallten in Zamorras Kopf nach. Dann wird Armakath sterben…
Wie würde das aussehen? Würde die weiße Stadt einfach vergehen? Oder musste das Ende eines so mächtigen Gebildes nicht ein wahres Inferno entfachen? Möglich, dass die Auswirkungen weittragende Geschehnisse in den Schwefelklüften auslösten. Das konnte Zamorra nicht unbedingt als Nachteil ansehen. Er fühlte sich nicht verantwortlich für diese Stadt, gebildet aus Seelenhäusern. Er war kein Scherge Armakaths. Das traf auch auf Dr. van Zant zu, doch der Mann fühlte sich der weißen Stadt zumindest näher, als Zamorra es je tun mochte.
Der erinnerte sich an die ähnliche Situation vor ein paar Tagen, als er Merlin sterbend fand. Er musste ihm helfen, aber er wusste zunächst nicht wie, bis ihm die richtige Idee kam - nachdem er eine Menge Zeit durch Überlegen verloren hatte. Doch ohne Foolys Hilfe wäre es trotzdem nicht gelungen.
Würde jetzt van Zant die richtige Idee haben? Und konnte Zamorra ihm dabei helfen?
»Wenn du es nicht weißt, Artimus…« Zamorra blickte den Freund an. »Ich werde es dir nicht sagen können. Doch wenn du etwas unternehmen willst, dann zögere nicht länger. Schau dir das Wurzelhaus einmal an.«
Artimus nickte. Der Rauch war mittlerweile tief schwarz geworden. Er warf einen letzten Blick auf die Wächterin, dann handelte er. Da war kein Fetzen rationales Denken in dem, was er tat. Es musste ganz einfach sein. Van Zant verschwand in dem Vorhang aus dichtem Rauch.
Zamorra fragte sich, was sein Freund auszurichten vermochte…
***
Artimus war klar, dass er längst nicht mehr hätte aufrecht stehen dürfen.
Die Rauchschwaden nahmen ihn in sich auf, umhüllten seinen ganzen Körper. Augen, Atemwege… all das hätte unverzüglich ansprechen, hätte den Physiker an den Rand der Ohnmacht drängen müssen. Eine Rauchvergiftung war das Mindeste, was er hier riskierte. Zudem war da die Hitze, die ihm gnadenlos entgegenschlug.
Doch auch in ihrer Gesamtheit drangen diese Dinge erst gar nicht bis zu ihm durch - sie existierten, ja, doch er kam sich vor wie ein Taucher, der in seiner Glocke durch dicke Stahlplatten davon getrennt war. Die Rauchschwärze nahm ihm die Sicht. Vorsichtig tastete sich van Zant vorwärts, bemüht, sich an die genaue Lage des Wurzelschachtes zu erinnern. Ein Schritt zu viel würde ihn das Leben kosten, denn der Schacht war schier endlos tief.
Das Blut pochte in seinen Schläfen, machte das Denken schwer. Es gab nur eine Erklärung für seinen momentanen Zustand. Der Schild schütze ihn. In diesem Fäll fungierte diese unerklärte Fähigkeit tatsächlich wie eine Panzerung, eine Rüstung, die ihn komplett umgab. Van Zant verfluchte die Tatsache,
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