085 - Professor Kulls Blutnixe
die Klinge springen.
Er hatte mit Edgar Loy den Anfang gemacht.
Ich hätte die Nummer zwei sein sollen.
Und mit Sicherheit standen auch Noel Bannister und Fred Arness auf seiner Abschußliste.
***
Barry Foxworth schluckte aufgeregt. Ihm war unheimlich zumute. Wo befand sich die Vampirin? Hatte sie sich aufgelöst? Oder hatte sie den Glasbehälter verlassen? Sein Blick irrlichterte durch den dunklen Raum.
»Melissa?«
Sie antwortete nicht.
Foxworth griff nach einer verchromten Stange.
Vorsichtig begab er sich auf die Suche. Zwischen den einzelnen Apparaturen gab es Zwischenräume, in denen sich sie Vampirnixe versteckt haben konnte. Foxworth schlug mit der Stange da hinein, aber er traf keinen Körper.
Er beugte die Knie, ging in die Hocke, schaute unter die Tische. Nichts.
Dem Glaszylinder entstieg ein geisterhaftes Blubbern. Das Gas-Sauerstoffgemisch, das die Blutsaugerin genährt hatte, entwich nutzlos.
Foxworth schlich um den großen Behälter herum. Seine Nerven waren straff gespannt. Er wußte nicht, wie stark die Vampirnixe war und wie sie sich verhalten würde, wenn er sie entdeckte.
Es war denkbar, daß sie ihn angriff.
Sie mußte hungrig sein.
Okay, sie würde Blut bekommen, aber nicht seines.
Der Chirurg entdeckte eine große Wasserpfütze auf dem Boden. Aufgelöst schien sich Melissa demnach nicht zu haben. Die Pfütze war die Spur, die sie hinterlassen hatte.
In der weiteren Folge entdeckte Foxworth Schleifspuren, die von der großen Flosse herrühren müßten. Wenn er ihnen folgte, mußte er zwangsläufig auf Melissa stoßen.
Aufmerksam lauschte der Chirurg. Die Vampirin verriet sich mit keinem Geräusch, aber es gab nur noch eine Möglichkeit, sich zu verstecken, und darauf schlich Foxworth jetzt zu.
Neben einem Metallschrank entdeckte er sie.
Bleich schimmerte ihm ihr Gesicht entgegen. Feindselig starrte sie ihn an. Vielleicht auch ein bißchen unsicher. Sie schien sich selbst noch nicht richtig zu kennen, mußte sich erst damit vertraut machen, daß sie keine Füße mehr hatte, daß sie sich anders fortbewegen mußte als früher.
Er näherte sich ihr, vorsichtig, neugierig. »Melissa, du bist wieder bei Bewußtsein.«
Sein Blick tastete ihren nackten Körper ab, saugte sich zwischen ihren Lenden fest, an diesem dunklen, wolligen Dreieck, und plötzlich sah er in ihr keine Feindin, sondern ein begehrenswertes Geschöpf. Sein Interesse an ihr war auf einmal kein medizinisches mehr.
»Wo bin ich?« wollte die Vampirnixe wissen.
»Auf einer der vielen Bahama-Inseln«, antwortete Foxworth. Er kam sich mit der verchromten Stange albern vor, deshalb lehnte er sie an die Wand. Melissa konnte sich mit dieser großen Flosse bestimmt nicht schnell bewegen. Er fand, daß seine Vorsicht unbegründet war.
»Es ist Tag, nicht wahr?« sagte Melissa. »Ich fühle es.«
»Ja, aber du bist hier unten, zwei Etagen unter der Erde, in Sicherheit. Hierher verirrt sich kein Sonnenstrahl.«
»Hat Atax mich hergebracht?«
»Nein, McEveely.«
Melissa verzichtete darauf, ihn aufzuklären, daß McEveely und Atax ein und dieselbe Person waren. Es war nicht wichtig, daß er es wußte. Für diesen Mann war überhaupt nichts mehr wichtig, denn es war ein Todeskandidat. Die Blutsaugerin war schon hungrig gewesen, als sie auf McEveely traf. Jetzt war ihr Hunger noch größer.
»Was habt ihr mit mir gemacht?« fragte Melissa böse. Die Worte kamen fauchend aus ihrem Mund.
»Wir haben an dir ein einmaliges Experiment vorgenommen«, sagte Foxworth so stolz, als wären die Höllenkräfte, die zum Erfolg beigetragen hatten, von ihm gekommen. »Du bist jetzt Fisch und Mensch… äh, das muß natürlich heißen: Fisch und Vampir.«
»Wem habe ich das zu verdanken?«
»Professor Kull«, antwortete Foxworth.
»Wer ist das?«
»Mortimer Kull, dein Herr und Gebieter. Du mußt ihm von nun an gehorchen.«
»Und wenn ich das nicht tue?«
»Kriegst du kein Blut. Er hat dich in der Hand.«
»Das denkt er.«
»Es ist so. Du solltest dich fügen, solltest dich nicht gegen ihn stellen, das hat er nicht gern. Er könnte dich hart bestrafen. Genau genommen solltest du dem Professor dankbar sein. Er hat deinen Lebensbereich, deinen Aktionsradius erheblich erweitert. Du kannst von Insel zu Insel schwimmen, kannst einsame Fischer überfallen, kannst das Blut nächtlicher Ausflügler trinken. Das Wasser hat für dich seinen Schrecken verloren. Du kannst jetzt darin leben wie ein Fisch. Und wenn es dir im Wasser nicht mehr
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