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085 - Von den Morlos gehetzt

085 - Von den Morlos gehetzt

Titel: 085 - Von den Morlos gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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sind wir verdaulicher“, sagte ich mit makabrem Humor. Und Laura begann lautlos zu weinen.
    Es war das erste Mal, daß ich sie weinen sah.
     

     
    Als Warren das Krankenhaus verließ, stieg er als anderer Mensch die Stufen zur Straße hinab. Er war stiller geworden, ernster. Seine Haushälterin kannte ihn kaum mehr wieder, aber er wußte, daß sie seine Wandlung der Krankheit zuschob, die er nach seiner Heimkehr vorgespielt hatte. Und das war gut so. Er wollte keine Fragen beantworten, keine Freunde empfangen. Die täglichen Mahlzeiten nahm er ohne Appetit zu sich, und oft stand er stundenlang am Fenster seines Arbeitszimmers und starrte auf die Straße hinaus, wo die Menschen, in dicke Pelze und Mäntel gehüllt, dem sich mit Frost ankündenden Winter zu trotzen versuchten.
    Seit seiner Rückkehr aus dem Krankenhaus hatte er sein Laboratorium im Keller nicht mehr betreten. Alle Sprechstunden sagte er ab, um sich in der Einsamkeit vergraben zu können.
    Nächtelang brütete er über Büchern, studierte Werke über Okkultismus, Götter- und Totenkulte, Hexen- und Aberglauben. Er begann zu trinken, suchte Trost und Vergessen im Alkohol, von dem er hoffte, er würde ihm die Erinnerung aus dem Kopf schwemmen.
    Er ging den Spiegeln im Haus aus dem Weg, denn er hatte Angst davor, sich in ihnen nicht mehr wiederzuerkennen. Er las sein ständiges Altern an den Händen ab, die dünn und schlaff und zittrig geworden waren. Sie glichen den Händen eines Greises.
    Dann kamen jene Tage, die ihn wieder erbarmungslos an die Öffentlichkeit zerrten. Hunderte von Menschen beglotzen ihn wie ein seltenes Tier. Sie schrien auf ihren Bänken, forderten solange seinen Tod, bis die Richter ihrem Geschrei ein Ende machten, indem sie die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausschlossen.
    Wie gleichgültig war es ihm doch zu sterben! Zwar beteuerte er mehrmals, diesen alten Mann, der er getötet haben sollte, nicht zu kennen, aber man glaubte ihm nicht. Er berichtete von den schrecklichen Erlebnissen des vergangenen Jahres, wollte sie warnen vor der furchtbaren, schleichenden Gefahr, die tief unter der Erde lauerte, doch er erntete lediglich Spott und Hohn.
    Seine Aussagen betrachtete man als Gotteslästerung schlimmsten Grades, die er nur dazu benutzte, um sich von seiner Schuld freizusprechen.
    Nein, der Tod konnte nur Erlösung sein, wie schrecklich er auch sein mochte. Damals, in dem engen Gang, der sich unter den Gräbern des Friedhofes durch die Erde zog, wollte er überleben. Inzwischen hatte er sich längst aufgegeben, und er sehnte sich danach, endlich Ruhe und Frieden zu haben. Zu vieles hatte er gesehen, um noch am Leben zu hängen.
    Er blickte in das blasse Gesicht des Richters, als dieser das Urteil verlas. Er lächelte, als dieser schwieg, ihn blasiert musterte und fragte: „Möchten Sie noch etwas sagen, Dr. Julius Warren?“
    Er nickte, lächelte beinahe zufrieden und erhob sich.
    „Ja“, sagte er laut und klar in die Stille hinein. „Ich möchte Ihnen allen einen Vorschlag machen.“
     

     
    Die Erde leitet den Schall, dachte er und lauschte verwundert den Spatengeräuschen, die leise, aber deutlich über ihm zu hören waren. Er hatte geglaubt, es würde still sein in jener Tiefe, die nur für die Toten bestimmt war, doch die Spatenstiche und das Stampfen der Füße belehrten ihn nun eines anderen.
    Eigentlich brauchte er nur das Rohr, das durch eine passende Öffnung im Sargdeckel einige Zentimeter ins Sarginnere ragte, mit einem Taschentuch zu verstopfen. Dann würde der Sauerstoff knapp werden: matte, einlullende Schläfrigkeit ihn überkommen, und er würde sterben, ohne es zu merken. Ein guter und sanfter und schöner Tod wäre das, und er hätte dem Henker für immer ein Schnippchen geschlagen.
    Aber er lag da und wartete. Die Geräusche über ihm verklangen. Oben wird es jetzt dunkel, überlegte er. Zwei Männer werden mit ihren Laternen in der Nähe des Grabes stehen und jeden verscheuchen, der dem braunen Erdhügel zu nahe kommt.
    Er schloß die Augen und öffnete sie wieder. Die Dunkelheit veränderte sich nicht. Irgendwann spürte er, daß es heiß in der engen Kiste wurde. Der kühle Luftzug, der aus dem Rohr kam und über sein Gesicht strich, genügte nicht, seine Lungen ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.
    Ich werde also trotz des Rohres sterben, dachte er. Ich werde irgendwann einschlafen und tot sein. Ich werde sterben, ohne an das denken zu müssen, was mich erwartet. Oder kommen sie mich

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