0853 - Die vier aus der Totenwelt
erfolgte sehr schnell und spontan. »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ich eigentlich auch nicht.«
»Aber…?«
»Mein Gott, es ist geschehen, Fred. Es ist einfach passiert.« Sie fuhr durch ihr Haar. »Ich habe es doch auch nicht begriffen, aber ich kann mich nicht dagegen wehren. Immer wieder in der Nacht kommen unsere Kinder als Geister zu mir. Das fing vor einigen Wochen an, da habe ich mich regelrecht erschreckt, aber es ging weiter, sie… sie wurden stärker, und ich gewöhnte mich an sie. Ich hatte immer das Gefühl, als wollten sie mir etwas sagen, wobei die Distanz zwischen uns leider zu groß oder unüberbrückbar war. Der eigentliche Kontakt kam nie richtig zustande. Aber sie haben mich besucht.«
»Als Geister?«
»Sicher.«
»Wie sahen sie denn aus?«
Alida zerknüllte das Taschentuch zwischen ihren Händen. »Ja, wie sahen sie aus? Eine gute Frage, Fred. So genau beschreiben kann ich sie nicht. Es klingt dumm, wenn ich sage, daß sie wie Geister aussahen. Aber davon haben wir beide nichts.«
»Das ist richtig.« Er leerte sein Glas und spürte, daß ihm warm geworden war, was nicht allein am Alkohol lag. »Mit wem hast du alles darüber gesprochen, Alida?«
»Bisher nur mit dir.«
»Auch nicht mit Kate und Gordon Travers?«
»Gott bewahre, nein! So etwas ist einfach zu intim. Das geht nur uns beide an.«
»Das war gut, Liebes.« Er räusperte sich. »Mir ist das nicht passiert, das muß ich ehrlich zugeben. Möglicherweise war deine Bindung zu den Kindern noch intensiver als die meine. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß der Tod dieser vier jungen Leute ein verfluchtes Rätsel ist.«
»Da gebe ich dir recht, Fred. Aber wenn du nachdenkst, dann kannst du auch meine Reaktion verstehen und begreifst, warum ich über das Verschwinden anders denke.«
»Das stimmt wirklich«, sagte er. »Da kann ich dir beim besten Willen keinen Vorwurf machen. Ich gehe davon aus, daß ich auch nicht anders gehandelt hätte.«
Sie lehnte sich an ihn. »Danke, daß du mich nicht ausgelacht hast oder meine Reaktion für überzogen hältst.«
»Nein, das auf keinen Fall. Aber wir sollten auch mit Kate und Gordon darüber reden. Möglicherweise hat einer von ihnen die gleiche Erfahrung gemacht.«
»Ich habe mich einfach nicht getraut.«
»Das kann ich verstehen. Wenn wir allerdings mit ihnen sprechen, dann müssen wir zu viert sein.«
»So denke ich auch.« Sie setzte sich wieder normal hin. »Fred«, sagte sie mit einer Stimme, die ihn aufhorchen ließ. Immer wenn Alida so redete, hatte sie noch einen Trumpf im Ärmel.
»Was ist denn?«
»Da wäre noch etwas.«
»Raus damit!«
Sie schaute ihn an und lächelte etwas verkrampft. »Es ist gar nicht so einfach, weißt du? Folgendes: Ich setze mal den Fall, beim Verschwinden der Kinder ist es nicht mit rechten Dingen zugegangen. Das wäre doch dann ein rätselhafter Fall, den man sicherlich aufklären müßte.«
»Da gebe ich dir recht.«
»Und du würdest einer Aufklärung auch nicht im Wege stehen, Fred? Egal, wie und von wem sie angepackt wird?«
Der Architekt winkte ab. »Jetzt mal raus mit der Sprache, Mädchen. Auf was willst du hinaus?«
»Ich habe mir da schon meine Gedanken gemacht. In unserem Ort wohnen doch die Sinclairs. Dieses nette, ältere Ehepaar. Er ist pensionierter Rechtsanwalt. Wir haben sie ja oft getroffen und schon einiges an Spaß mit ihnen gehabt. Denk nur an die Feste und so weiter.«
»Klar, Alida. Worauf willst du hinaus?«
»Im Prinzip auf den Sohn der Sinclairs, auf John, den Polizisten. Du weißt selbst, daß hier in der Umgebung von Lauder schon einige rätselhafte Fälle passiert sind. Unheimliche Dinge sind hier vorgegangen, und immer ist es John Sinclair gewesen, der sie aufgeklärt hat, wenn er von seinen Eltern gerufen wurde.«
»Ich verstehe, Liebes. Du möchtest mit den Sinclairs reden, damit sie unseren Fall an ihren Sohn weiterleiten.«
»Das hatte ich vor.«
»Hm.« Fred Wayne schwieg.
Das Schweigen dauerte Alida zu lange. »Hast du etwa Angst davor, daß wir uns lächerlich machen könnten?«
»Auch das.«
»Nein, das glaube ich nicht. Nicht bei den Sinclairs. Die sind allem gegenüber aufgeschlossen.«
»Und was willst du ihnen sagen?«
»Das gleiche, was ich dir gesagt habe. Ich werde von meinen Gefühlen und Eindrücken reden, die ich in der Nacht hatte. Von den ungewöhnlichen Besuchen unserer Kinder inmitten der Nacht. Von diesen traumatischen Geistererscheinungen, wobei ich sicher
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