0858 - Horror-Teenie
unheimliche Totengewölbe hinein.
Da das Licht nur in ihrer Nähe leuchtete, hatte sie das Gefühl für Größe verloren. Sie wußte nicht, wie breit oder lang die Kammer war, Mandy fühlte sich einfach wohl. Diese alte Grabkammer war so etwas wie ein langersehntes Zuhause.
Und sie sah ein Ziel.
Der Schein umgab ein Gebilde, das den Mittelpunkt der Grabkammer ausmachte. Schon beim ersten Hinsehen schlug Mandys Herz schneller, denn sie war einfach fasziniert.
Sie hatte sich vieles vorgestellt, aber jetzt, wo sie es so deutlich sah, da kriegte sie weiche Knie.
Die Katzengöttin kniete vor ihr.
Das heißt, es war nicht die Göttin selbst, es war die Figur, die Nachbildung der Bastet, und sie hatte mindestens die Größe eines Menschen. Man hatte ihr einen Sockel gebaut, auf dem sie ihren Platz gefunden hatte. Sie hockte auf den Hinterpfoten, schaute zum Eingang des Grabmals hin, so daß sie jeder sehen mußte, der hereinkam.
Sie bestand aus Stein und gleichzeitig aus einem Material, das grau war und trotzdem einen gewissen Glanz abstrahlte, als wäre es in seinem Innern sehr wertvoll.
Und sie sah auch die Augen, deren Blick sie im ersten Moment erschreckte, weil sie die einsame Besucherin dermaßen stark anfunkelten, so daß sie am liebsten zurückgewichen wäre.
Aber sie blieb stehen.
Die Statue der Katzengöttin Bastet hatte sie in ihren Bann gezogen. Im alten Ägypten waren die Katzen heilig gewesen. Ihnen zu Ehren war auch die Statue der Göttin errichtet worden. Bastet war die oberste aus der Kaste, sie wurde angebetet, man hatte ihr überall Altäre und Gedenkstätten gebaut, wobei diese hier zu den intensivsten und interessantesten gehörte, denn diese Statue war tatsächlich vom Geist der Katzengöttin Bastet durchweht.
Das nahm Mandy nicht nur an. Sie spürte es, denn sie wurde von einer fremden Macht durchdrungen. Plötzlich war ihr eigenes Ich uninteressant geworden. Sie hatte es einfach verloren, und sie wehrte sich auch nicht gegen den uralten Einfluß, der diese Grabkammer durchwehte.
Mandy spürte die Berührungen wie kalte Streicheleinheiten. Sie hatte das Gefühl, abzuheben und weggeweht zu werden. Einfach fort, durch die Wände, hinein in das Gestein, hinein aber auch in die Unendlichkeit der Orte, wo die Geister und Götter eine Verbindung eingingen und zusammen lebten.
Es war so herrlich, so anders. Obwohl sie mit beiden Füßen auf der Erde stand, kam sie sich vor, als wäre sie weggetrieben worden. Hände, die sie nicht sah, hielten sie fest, und etwas anderes, das sie ebenfalls nicht sah, drang in sie ein.
In diesen Augenblicken veränderte sich Mandy Friedman. Sie wurde zu einer anderen Person, obwohl es ihr nicht anzusehen war. Sie hatte das Glück der Sekunde genießen dürfen. All ihre Wünsche und Sehnsüchte hatten sich erfüllt, denn es war der Katzengöttin gelungen, Kontakt mit ihr aufzunehmen.
Sie akzeptierte das Wunder nicht nur, sie freute sich sogar darüber. Es war einfach herrlich, den uralten Geist auch in sich selbst zu spüren, der diese Grabkammer umwehte.
Ob es eine Stimme war, die sie in ihrem Kopf hörte, wußte sie nicht. Jedenfalls wurde ihr mitgeteilt, daß von nun an alles anders werden würde, daß sie einen neuen Beschützer bekommen hatte, der ihr in seinem Sinne die Macht geben würde.
Wieviel Zeit vergangen war, wußte Mandy nicht. Irgendwann einmal drehte sie sich um und verließ die geheime Grabkammer. Die Flamme blies sie noch rechtzeitig genug aus, und auch die Öffnung in der Wand schaffte sie durch einen leichten Druck.
Stimmen wehten ihr entgegen. Es waren die Mitglieder der Reisegruppe. Sie befand sich bereits auf dem Rückweg, und Mandy war gerade noch zurechtgekommen, um sich ihr anzuschließen. Ihr Verschwinden war nicht aufgefallen, jedenfalls wurde sie nicht darauf angesprochen.
Wieder im Freien, blendete sie das Licht, und Mandy setzte die Sonnenbrille auf. Hinter den Gläsern sah niemand ihre Augen, aber sie war in der Lage, die anderen zu beobachten, was sie auch tat, denn sie wollte sehen, ob man ihr eine Veränderung anmerkte.
Das war nicht der Fall. Die Mitglieder der Reisegruppe verhielten sich ihr gegenüber neutral. Es fragte sie auch niemand, wo sie gesteckt hatte. Man lauschte den Erklärungen des Führers.
Mandy Friedman fühlte sich sicher. Auch sie tat so interessiert wie die anderen, auch wenn sie mit ihren Gedanken ganz woanders war. In der Vergangenheit und gleichzeitig in der Zukunft, denn beides verschwamm für sie
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