0858 - Horror-Teenie
Feinden nicht, den Canal rats, den Kanal-Ratten, die ein gewisses Gebiet innerhalb des gewaltigen Hafenkomplexes für sich beanspruchten.
Es war bereits zu regelrechten Schlachten gekommen, in denen die Hafen-Katzen bewiesen hatten, daß sie zu keinem Kompromiß bereit waren. Mal hatte die eine Seite gewonnen, mal die andere, und immer war Mandy ganz vorn mit dabeigewesen.
Sie stand auf der Liste der Kanal-Ratten weit oben. Wenn sie aus dem Verkehr gezogen wurde, brach die Bande auseinander. Das wußte Mandy, und deshalb war sie besonders vorsichtig.
Früher hatte sie auch Angst gehabt. Die allerdings war seit der Nacht auf der Lichtung verschwunden. Die dort zugebrachte Zeit hatte ihr viel gegeben. Sie fühlte sich ungemein stark, sie hatte die Furcht zurückdrängen können, und sie ging davon aus, daß sie einen Kampf gegen den Anführer der Konkurrenz-Bande gewinnen würde, auch wenn dieser ihr an Körperkräften weit überlegen war.
Der Kerl nannte sich Malice, Er war gemein, brutal und hinterhältig. Er würde nicht eine Sekunde scheuen, sie zu vernichten, wenn er sie in seine Klauen bekam.
Er würde sie vergewaltigen, sie lächerlich machen und möglicherweise auch unter die Erde bringen.
Ihm war alles zuzutrauen, nur war er bisher noch nicht in ihre direkte Nähe gekommen. Nie hatten sich die beiden Hauptfeinde Auge in Auge gegenübergestanden. Malice hatte nur immer seine Leute vorgeschickt, die allerdings einer direkten Konfrontation ausgewichen waren.
Doch die Zeichen verdichteten sich, daß es zu einer Entscheidung kommen würde. Jeder beanspruchte den Platz in diesem Gebiet des Hafens, denn von gewissen Raubzügen lebten beide Banden. Sehr viele Waren wurden auf den Piers gelöscht, und die beiden Banden waren raffiniert genug, um sich einen Teil dieser Waren zu holen. Es gab genügend Hehler in London, die ihnen all die Dinge abkauften, und so konnten sie ihr Leben damit finanzieren.
Aber es war eng geworden.
Die Harbour cats wollten alles, die Canal rats ebenfalls. Das konnte nicht gutgehen.
Mandy wußte es. Sie hatte es auch ihren Mitstreiterinnen gesagt, und die hatten sich darauf eingestellt. Sie sollten, wenn eben möglich, den Kanal-Ratten aus dem Weg gehen. Sich für eine Weile zurückhalten, bis von Mandy das Okay kam.
Wie sie genau vorgehen würde, wußte sie auch nicht. Sie mußte alles an sich herankommen lassen, denn Mandy gehörte zu den Menschen, die spontan reagierten.
Seit der Begegnung mit der Katze hatte sich auch ihre Gefühlswelt verändert. Mandy war sensibler geworden. Sie hatte zwar einen scharfen Verstand, zu ihm allerdings hatte sich noch ein Instinkt hinzugesellt, und der wiederum schien ihr von der Katze überlassen worden zu sein. An dieses Tier mußte sie immer denken. Es bestimmte ihr Leben. Einmal nur hatte sie es bewußt erlebt, aber Mandy wußte auch, daß sie stets unter dem Schutz der Katze stand, daß sie von ihr nicht aus den Augen gelassen wurde, und so konnte sie sich sicher fühlen.
Sie war sogar in ihrem Zimmer gewesen. Nachts, als Mandy in einen tiefen Schlaf gefallen war, hatte sie die Anwesenheit der Katze gespürt und sogar ihr Schnurren gehört. Das hatte ihr Sicherheit gegeben, und diese Sicherheit war nicht abgebröckelt. Im Gegenteil, sie fühlte sich gestärkt und gekräftigt.
An diesem Abend war es wieder soweit. Mandy brauchte Geld. Sie mußte in der Nacht unterwegs sein, um auszuspionieren, was wo lagerte. Die Schuppen und Lagerhäuser waren voll. Sie hatte mit einem Hehler gesprochen, der ihr jede Menge Jeans abnehmen würde. Er selbst wollte sie dann über den Schwarzen Markt in den Osten schaffen, wo die Hosen bestimmter Marken sehr gefragt waren.
Der Hehler hatte Mandy direkt angesprochen. Er erwartete eine Entscheidung während der nächsten drei Tage. Mandy mußte sich deshalb beeilen, und aus diesem Grund war die Nacht auch so ungemein wichtig für sie. Sie mußte herausfinden, wo die Jeans genau lagerten. Daß welche eingetroffen waren, wußte sie schon, schließlich hatte sie ihre Beziehungen, aber die Lagerhäuser waren groß, und die Waren lagen nicht immer an einer Stelle.
Sie zog sich um.
Das war für sie so etwas wie ein Ritual, denn Mandy verwandelte sich in ein Geschöpf der Nacht.
Dabei dachte sie weniger an einen Vampir oder Dämon, sondern vielmehr an ein Tier, an eine Katze eben, die sich im Schutz der Dunkelheit bewegte und selbst nicht gesehen wurde.
Um den Schutz auch optimal ausnutzen zu können, brauchte
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