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0862 - Der Leichenmantel

0862 - Der Leichenmantel

Titel: 0862 - Der Leichenmantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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lebenden Personen in diesem Kloster gewesen. Das schien sich nun geändert zu haben. Jemand hatte den Bau betreten und ging in der Halle auf und ab. Dabei gab er sich keine Mühe, leise zu sein. Er durchschritt sie, und bei jedem Schritt trat er sehr hart auf.
    Suko schaute mich an und sah zu, wie ich einen Finger gegen die Lippen legte.
    Zu sagen brauchte ich nichts. Wir verstanden uns blind. Beim Weitergehen schlichen wir. Sehr vorsichtig und so leise wie möglich bewegten wir uns nach oben. Die Blicke in die Höhe gerichtet, die Ohren gespitzt. Wer immer sich dort oben bewegte, er gehörte sicherlich nicht zu uns. Er war auch bestimmt kein Mensch aus dem Ort, denn von den Bewohnern traute sich niemand, das Kloster freiwillig zu betreten. Dort oben schlich jemand her, der mit den Nonnen in einer Verbindung stehen mußte, und sei es durch ihre Haut. Er war nicht zu überhören.
    Die Hälfte der Stufen lag hinter uns. Die kleinen Lampen schalteten wir nicht an. Nur keine Aufmerksamkeit erregen, wenn, dann wollten wir den anderen überraschen.
    Plötzlich verstummten die Trittgeräusche.
    Es wurde so still, daß auch wir nicht weitergingen, um die Ruhe nicht zu stören.
    Sekundenlang standen wir auf einer Stufe wie eingefroren. Wir warteten ab, ob das andere Wesen reagierte. Das war nicht der Fall. Es blieb in der Halle.
    Suko nickte. Er wollte weiter gehen. Ich tat es ihm nach, und wir ließen die nächsten drei Stufen so lautlos wie möglich hinter uns, als sich der Unbekannte ebenfalls in Bewegung setzte. Wenn uns nicht alles täuschte, ging er zur Tür.
    Das stimmte auch.
    Wir hörten, daß sie geöffnet wurde, denn dieses Geräusch kannten wir beide.
    Dann hielt uns nichts mehr.
    Wir jagten hoch, erreichten auch die Halle. Die Tür stand noch offen, das Licht des Abends floß in die Halle hinein, als wollte es einen blassen See bilden.
    Und es war gut so, denn durch die Helligkeit sahen wir auch ihn, den Mann, die Gestalt.
    Er bot ein Bild des Schreckens!
    ***
    Wir waren nicht fasziniert, wir waren von diesem Wesen abgestoßen. E: schaute uns an, und beim ersten Blickkontakt war ich durcheinander. Da stand tatsächlich ein braunes Skelett vor uns, größer als ein Mensch, so sahen wir es.
    Ein Skelett, das eine altertümliche Axt trug. Er beschützte auch den überaus häßlichen, braunen Schädel mit den leeren Augenhöhlen, aber nicht nur das, er beschützte auch die Kleidung des Unheimlichen.
    Sie gab uns einen Stich!
    Es war der Augenblick des Erkennens. Die Tatsache, daß andere, kaum glaubliche Dinge zu einer fürchterlichen Wahrheit geworden waren, denn diese Person trug einen Mantel aus Leichen, aus Haut, wie auch immer. Er umhing ihn wie ein schwerer Sack.
    Zudem wehte uns ein widerlicher Geruch von diesem Unheimlichen entgegen, so daß sich uns beiden der Magen umdrehte. Wir hielten den Atem an, keiner wollte diesen Gestank einatmen.
    Wie lange wir auf dem Fleck gestanden hatten, war nicht zu messen. Zumindest mir kam es vor wie eine kleine Ewigkeit. Suko bewegte sich neben mir. Schon allein das Zucken reichte aus, um die fürchterliche Gestalt zu warnen.
    Plötzlich zog sie sich zurück.
    Da war nicht nur einfach der Schritt nach hinten. Nein, sie drehte sich gleichzeitig sehr schwungvoll, so daß der Mantel aus Leichenhaut dicht oberhalb seines Saums in die Höhe flog, sich dann wieder senkte, doch da war die Gestalt bereits weg.
    Fliegen sollte sie nicht, aber sie war unheimlich schnell.
    Als wir liefen, schwang das Echo noch durch die Halle. Aber wir kamen zu spät.
    Es war vorbei.
    Nichts mehr zu sehen.
    Nur die verdammte Tür, auf dessen Klinke Suko seine Hand legte und sie dann aufriß.
    Die kühle Abendluft strömte uns entgegen. Sie vertrieb den widerlichen Leichengestank, und wir sahen einen leeren Platz vor uns, wo nur der Opel Frontera stand.
    Keine Spur von der Gestalt!
    Die Umgebung wirkte wie gemalt. Der Himmel hatte seine Bläue verloren. Er sah sehr düster aus, war aber trotzdem klar. Der Wald grüßte wie ein erstarrtes Gerippe, wie eine Landschaft, die jemand einfach aufgebaut hatte, um sie Wind und Wetter zu überlassen.
    Die Restsonne überschwemmte noch im Westen den Himmel und badete die Berggipfel im Feuer.
    Ich nahm dieses Panorama einfach auf, weil es nichts anderes zu sehen gab. Ich konnte mich von diesen Dingen nicht lösen und kam mir selbst vor wie in einem Traum, aus dem ich erst erwachte, als Suko mich ansprach. Er hatte inzwischen den Frontera erreicht und war dort

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