0862 - Ssacahs Rückkehr
Abfallschlucker verschwinden. Er legte Kehrblech und Handfeger zurück, schloss die Schranktür wieder und wandte sich dem Hotelgast zu. »Darf ich noch etwas für Sie tun, Sahib?«
»Gehen Sie«, verlangte Kernavon mit seiner metallisch gewordenen Stimme.
Wortlos verneigte Aso sich erneut, wandte sich ab und verließ die Suite.
Er zeigte keine Regung, als er aus den Augenwinkeln die beiden Ssacah-Ableger wahrnahm.
***
In seiner Heimat Indien hatte Ranga Aso in einem kleinen Dorf im Landesinneren gewohnt, das kaum jemand kannte. Es gab, die Rinder mitgezählt, nur etwa drei Dutzend Einwohner. Inzwischen waren sie alle zu Ssacah-Dienern geworden, zu Toten auf Abruf, die nur von den Ssacah-Ablegern am Leben erhalten wurden, den unterarmlangen Messingschlangen. Am Leben erhalten, um die Ableger zu anderen Menschen zu bringen, damit diese ebenfalls gebissen und so mit dem Ssacah-Keim infiziert werden konnten.
Dabei durften sie nicht auffällig werden, nicht wahllos überall zubeißen. In dem kleinen Dorf war das kein Problem, es war von der Öffentlichkeit beinahe abgeschlossen. Aber auch, dass längst jeder im Dorf infiziert war, half dem Kobradämon nicht weiter.
Ssacahs gesamte magische Substanz basierte auf diesen Ablegern. Wenn genügend von ihnen existierten, es also insgesamt genügend Substanz gab, existierte der Dämon, und je mehr Ableger es gab, desto stärker war er.
Noch gab es nicht genug, aber die Ssacah-Diener waren bestrebt, die Zahl der Ableger und damit der dämonischen Substanz stetig zu erhöhen, um den von einem Dämonenjäger getöteten Kobradämon wiederzuerwecken. Aus jedem Menschen, der gebissen wurde, entstand ein neuer Ableger. Das entsprach zwar nicht ganz dem Schneeballsystem, war aber langfristig nicht weniger effektiv.
Einige Bewohner hatten das kleine Dorf inzwischen verlassen, um den Keim auch anderswo zu verbreiten. Denn die Einwohnerzahl war ausgeschöpft; hier ging nichts mehr.
Einer der Auswanderer war Ranga Aso. Er folgte einem Stellenangebot und kam so nach Mauritius. Es war logisch gedacht - hierher kamen auch viele Touristen. Wenn hin und wieder einer von ihnen gebissen wurde, trug er den Keim in seine Heimat und konnte ihn dort weitergeben. Das fiel nicht weiter auf.
Und nun hatte es diesen Rick Kernavon erwischt.
Aso hatte vorerst seine Pflicht getan. Kernavon würde »seinen« Ableger mitnehmen und den von Aso hier zurücklassen, damit er irgendwann in nächster Zeit jemand anderen infizieren würde.
Ranga Aso spürte plötzlich, dass sich etwas veränderte. Eine Kraft strömte, die er nie zuvor gespürt hatte. Und er war, indem er den Hotelgast Kernavon infizierte, der Auslöser.
Es war gelungen!
Ssacah war erwacht.
***
Château Montagne, Frankreich:
Mit einem gellenden Schrei ruckte Zamorra hoch. Es war hell im Zimmer; Tageslicht drang durchs Fenster herein. Zimmer?
Schlafzimmer!
Er saß aufrecht im Bett. Neben ihm, halb aufgerichtet, seine Gefährtin Nicole Duval. Aus weit aufgerissenen Augen sah sie ihn an.
»Was - was ist los?«, fragte sie schlaftrunken und undeutlich.
»Ssacah«, murmelte er. »Es war ein Albtraum. Der Kobradämon lebte und verschlang mich…«
Er fror bei dem Gedanken.
»Ssacah ist tot«, sagte Nicole. »Das solltest gerade du wissen. Es war tatsächlich nur ein Albtraum. Und was für einer!«
Zamorra sah die Auswirkung. Er musste sich sehr wild bewegt haben. Die gemeinsame Bettdecke lag am Boden und offenbarte ihm so den Anblick seiner splitternackten Gefährtin.
Wenigstes etwas Gutes hatte die Sache somit, fand er.
»Kommst du schon wieder auf dumme Gedanken?«, fragte Nicole misstrauisch, die seinen Blick richtig deutete. »Vergiss es! Wer mich so radikal aus dem Schlaf schreckt, gehört bestraft.«
»He!«, protestierte er. »Ich bin auch radikal aus…«
»Dein Albtraum, dein Problem.« Sie beugte sich kurz über ihn, um ihn verführerisch zu küssen, dann schwang sie sich aus dem Bett und verließ das Zimmer.
Zamorra streckte noch den Arm aus, um sie festzuhalten. Aber es war zu spät, sie war schon außer Reichweite. So konnte er nur noch ihren provozierenden Hüftschwung genießen, bis die Tür hinter ihr ins Schloss glitt. Dann sank er seufzend aufs Kissen zurück.
Er war doch noch nicht richtig wach. Ohne sein Dazutun fielen ihm die Augen zu, und er schlief wieder ein.
Diesmal träumte er nicht von Ssacah, sondern von Nicole.
***
Er wusste nicht, wie lange er diesmal geschlafen hatte, weil er nicht auf die
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