0863 - Die schlafende Göttin
den Gleiter mit einem Tauchboot verwechselt?"
„Helfen Sie mir", bat sie. „Die Maschine versinkt, und ich kann nicht schwimmen."
„Unangenehm", erwiderte er. „Leider muß ich befürchten, daß Sie wieder gewalttätig werden."
„Ich verspreche Ihnen, daß ich vernünftig sein werde", rief sie verzweifelt. Sie ruderte mit den Armen, weil eine besonders große Welle den Gleiter heftig erschütterte. Mit Mühe und Not schaffte sie es, die Maschine noch einmal auszubalancieren und sich darauf zu hal-ten. Sie verlor die Lampe, mit der sie Blinkzeichen gegeben hatte.
„Bevor ich Sie herausfische, will ich wissen, woher Sie von Demeter wissen", sagte er.
Sie blickte ihn verblüfft an.
„Was für eine dämliche Frage", entgegnete sie. „So kann auch nur ein Mann fragen."
„Verzeihen Sie mir meine Dummheit", sagte er lächelnd. „Ich verstehe nicht, was meine Frage damit zu tun hat, daß ich ein Mann bin. Außerdem ist mir überhaupt nicht klar, wie-so Sie von Demeter wissen."
„Das ist doch absolut logisch", rief sie wütend. „Helfen Sie mir nun endlich heraus?"
Der Gleiter war so weit versunken, daß die Wellen bereits das Dach überspülten.
„Wer hat Ihnen von unserem Fund erzählt?" fragte er.
Sie riß die Augen auf.
„Sie wissen es wirklich nicht", stellte sie fest. Sie schien grenzenlos überrascht zu sein.
„Antworten Sie mir, oder ich lasse Sie allein."
Sie preßte die Lippen zusammen und blickte ihn prüfend an. Die Wellen umspülten ihre Knie.
„Können wir nicht in Ruhe darüber reden, nachdem Sie mich herausgeholt haben?"
„Nein."
Ihr Gesicht verzerrte sich. Sie streckte die Arme nach Matzlew aus.
„Ich weiß es doch selbst nicht", schrie sie. „Als ich erwachte, wußte ich, daß jemand zu Demeter vorgedrungen ist. Das war gleichbedeutend für mich mit einem Befehl, ihr zur Hilfe zu kommen."
„Wäre es möglich, daß die Kuppel eine Nachricht abgestrahlt hat, als wir in sie eingedrungen sind? Könnte es so gewesen sein, daß Sie durch diese Nachricht aufgeweckt worden sind?"
„So muß es gewesen sein", rief sie verzweifelt. Der Gleiter sackte unter ihr weg.
Plötzlich stand sie bis zu den Hüften im Wasser. Czerk Matzlew fuhr hoch. Seine Finger glitten über die Bedienungsschalter des Gleiters. Die Maschine sank ab. Er streckte die Hand aus.
Das Mädchen klammerte sich an ihn und kletterte in die Kabine.
„Sie hätten mich ruhig ein wenig früher herausholen können", sagte sie schnaubend.
„Jetzt bin ich völlig durchnäßt."
„Ihr Pech", antwortete er gelassen. „Sie hätten klarer und offener antworten sollen."
Er deutete über die Schulter zurück.
„Wenn Sie die Rücklehne nach vorn klappen, finden Sie ein Fach, in dem trockene Klei-der sind. Es sind einfache Kombinationen, wie wir sie bei der Arbeit tragen. Ziehen Sie sich um."
Sie gehorchte wortlos und kroch über die Lehne nach hinten. Czerk Matzlew zog den Gleiter und ging wieder auf südlichen Kurs.
„Es tut mir leid", sagte sie einlenkend, als sie sich eine trockene Kombination übergestreift hatte. „Ich hätte vielleicht von Anfang an ehrlich mit Ihnen sein sollen, aber Sie sind immerhin der Mann, der in die Kuppel Demeters eingedrungen ist. Sie haben sie in Gefahr gebracht."
„Das ist ein Irrtum", entgegnete er. „Ich habe die Kuppel zwar gefunden. Ich habe sie auch geöffnet, aber ich habe Demeter nicht gefährdet. Das hat ein anderer getan. Ich woll-te Demeter aufwecken, und das wäre sicherlich auch in ihrem Sinn gewesen."
„Bestimmt", antwortete das Mädchen, nachdem sie einige Zeit nachgedacht hatte.
„Dies ist die richtige Zeit."
Czerk Matzlew stutzte.
„Sie wissen alles über Demeter", stellte er dann fest. „Sie kennen sogar ihr Problem."
„Natürlich", antwortete sie und kletterte wieder nach vorn.
„So natürlich finde ich es gar nicht", erwiderte er. „Ich finde es sogar höchst erstaunlich."
„Sie wissen nur wenig", sagte sie überrascht.
„Das ist richtig", bestätigte er. „Wir haben nicht besonders viele Informationen. Wir müs-sen noch auswerten, was wir in der Halle der Demeter entdeckt haben. Das haben Sie offenbar nicht nötig."
„Nein."
„Wieso nicht? Wollen Sie mir nicht endlich sagen, wer Sie sind?"
„Ich bin Perse."
„Perse? Das sagt mir überhaupt nichts."
„Demeter ist meine Mutter", erklärte das Mädchen. „Begreifen Sie jetzt?"
„Dann sind Sie Persephone?" fragte Czerk Matzlew. Fassungslos blickte er das Mädchen an seiner Seite
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