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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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trat und den ihren umstellte, »ich habe mir entsprechende Bannformeln angeeignet und kämpfe mit Weihwasser, Kreuz und tiefem Glauben.«
    »Bruder Claudius wäre begeistert, wenn er Sie hören würde«, erwiderte Nicole lächelnd.
    »Wer ist das?«
    »Vielleicht lernen Sie ihn ja noch kennen. Aber gut. Wir haben es hier also mit einer Hexe zu tun.«
    Amber Haggerman zögerte. »Ja. Und ich spüre zudem, dass Sie eine wirksame Waffe gegen die Hexe besitzen, Nicole. Sie hat die Form eines blauen Steins.«
    »Der Dhyarra.« Die beiden Dämonenjäger sahen sie gleichermaßen verblüfft an.
    »Ich weiß nicht, wie der Stein heißt. Dürfte ich ihn kurz sehen?«
    Nicole holte ihn aus ihrer Tasche hervor und legte ihn auf den Tisch.
    Fast ehrfürchtig betrachtete Amer den Sternenstein, ohne ihn anzufassen. »Ja«, flüsterte sie, »er hat große Macht. Ich bin froh, dass ich Sie beide getroffen habe. Denn die Hexe hier ist mächtig. Ich weiß nicht, ob ich sie alleine besiegen kann.«
    »Wie viele haben Sie denn bisher zur Hölle geschickt, Amber?«
    »Vier. Aber das ist unwichtig. Viel wichtiger scheint mir, dass auch Jerry Kretchmer in die Sache verwickelt ist.«
    »Was denn, der angegriffene Tourist?«
    »Ja, der. Die Hexe missbraucht ihn. Sie hat irgendetwas mit ihm vor. Wenn ich nur wüsste, was. Deswegen habe ich mich auch ein wenig an ihn gehängt.«
    »Ich denke, dass wir heute Nacht den Katakomben einen Besuch abstatten werden«, sagte Zamorra. »Aber wie kommen wir da rein?«
    »Das ist nicht weiter schwierig«, gab Amber zurück und verschmierte das leuchtende Rot durch zu starke Lippenbewegungen auf der Oberlippe. »Ich weiß einen Weg. Aber nun will ich etwas über dieses wunderschöne Amulett und den Dürrah hören.«
    »Dhyarra.«
    »Wie auch immer. Namen sind Schall und Rauch. Schießen Sie los, Professor.«
    ***
    14. bis 16. Januar 1879, Leopoldstadt und Wien:
    Bruder Franziskus kam nur mühsam voran. Der tiefe Schnee machte jeden Schritt seines Rappen zur Qual. Seit zwei Tagen kämpften sie sich durch dichte, dunkle Wälder. Wölfe heulten des Nachts gefährlich nahe, wenn sich der asketisch wirkende, hochgewachsene Zisterzienser in den Schutz einer mächtigen Baumwurzel kauerte, um ein wenig zu schlafen. Mehr als ein, zwei Stunden pro Nacht brauchte er schon seit vielen Jahren nicht mehr; er hatte sich angewöhnt, ständig in sich hineinzulauschen. Hier und jetzt bekam er zudem alle Hände voll zu tun, um sein ob der Wölfe nervöses Pferd zu beruhigen. Doch bisher schlugen die hungrigen Grauen einen großen Bogen um sie. Kein Grund also, in Panik zu verfallen.
    Und so verströmte Bruder Franziskus trotz seiner Einsamkeit guten Mut und noch bessere Laune. Er verlor das Vertrauen in Gott und in sich selbst keine Sekunde, auch wenn er hin und wieder vom Wege abkam. Stift Heiligenkreuz konnte nun nicht mehr weit sein. Er hoffte, es noch am heutigen Tage zu erreichen.
    Tatsächlich erblickte der Mönch das befestigte Kloster kurz vor Einbruch der Dämmerung. Majestätisch thronte es auf einem Hügel in einem abgelegenen Seitental inmitten des Wienerwaldes, gut zehn Meilen von Wien entfernt. Franziskus, der außer seiner weißen Tunika samt dem darüber geworfenen Skapulier noch einen braunen Reisemantel aus grobem Leinen und ansonsten kaum Gepäck bei sich trug, wurde mit einem herzlichen »Salvete« von seinen erstaunten Ordensbrüdern empfangen. So wie es Brauch war, stieg er bei ihnen ab, sofern er sie in der Nähe seines jeweiligen Zielortes antraf, auch wenn heuer sein Besuch einem ganz anderen galt.
    Dankbar nahm Bruder Franziskus ein wenig saures Brot und etwas Bier, das hier wunderbar schmeckte. Bier galt nicht als Genussmittel und war somit einem Minderen Bruder, zu denen sich die Zisterzienser zählten, durchaus erlaubt. Trotzdem hielt sich Bruder Franziskus zurück, weil er klaren Kopf bewahren musste. Ein neuerlicher Großangriff von Svantevits viertem Gesicht, das er in sich trug, konnte jederzeit erfolgen. Er musste also allzeit gewappnet sein, den Dämon in seine Schranken zu weisen. So hatte Franziskus im Laufe der Jahre eine hohe Sensibilität gegen jeden beginnenden dämonischen Angriff von innen und von außen entwickelt.
    Nach einer durchwachten Nacht, in denen sich die Mönche am warmen Ofen allerlei Geschichten erzählten, brach Bruder Franziskus noch vor der Morgendämmerung auf. Er wollte zur Mittagszeit in Wien sein, um dort Abraham a Sancta Clara zu besuchen. Er kannte den

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