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0866 - Rattennacht

0866 - Rattennacht

Titel: 0866 - Rattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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runzelte die Stirn und wunderte sich.
    »Was hast du?«
    »Wenn ich das richtig sehe, stoße ich in die Zeit König Davids hinein.«
    »Ach ja?«
    »Da, lies.«
    »Ich möchte mich setzen.«
    Es waren nur wenige Besucher in der Halle. Sie konnten genügend freie Plätze finden, wo sie ungestört waren, und das Kapitel, mit dem sich Shao und Suko beschäftigten, hatte die Überschrift »Die königliche Familie«.
    Es ging zunächst um König David, der von zahlreichen Frauen Kinder hatte, die zueinander Halbgeschwister waren. Davids ältester Sohn hieß Amnon. Er benahm sich in seinem Leben schlimmer als der größte Macho. So vergewaltigte er seine Halbschwester Thamar und verstieß sie anschließend.
    Thamar hatte einen Bruder, und dessen Haß auf Amnon wuchs. Dieser Bruder hieß Absalom. Und er tötete Amnon.
    Dabei hatte sich Absalom ausgerechnet, daß ihm, wenn es den älteren Bruder nicht mehr gab, der Thron zustehen würde. Er war sich seiner Sache so sicher, daß er gegen den eigenen Vater rebellierte, aber nur Unterstützung durch die Stämme erhielt. Das Berufsheer stand auf Davids Seite. Diese Soldaten siegten. Absalom wurde bei dem Kampf getötet.
    Absalom war aus dem Rennen. Daß später Salomo Davids Erbe antrat, spielte in diesem Fall keine Rolle, und mit einem nachdenklichen Ausdruck im Gesicht schlug Suko das Buch wieder zu. »Jetzt wissen wir also wer Absalom war.«
    Shao lächelte ihn von der Seite her an. »Kannst du mir auch sagen, was uns das gebracht hat?«
    »Im Moment nicht viel.«
    Sie strich mit dem Finger über die braune Tischplatte. »Dann interpretiere zumindest das Wenige.«
    »Absalom war ein Mörder. Er war ein schlechter Mensch, und dieser Mann vom Friedhof scheint mir um keinen Deut besser zu sein. Also müssen wir uns an ihn halten.«
    »An den Verbrecher?« fragte Shao. »Kann es nicht auch Zufall sein, daß er sich Absalom nennt und wir einer falschen biblischen Spur nachlaufen?«
    »Möglich.«
    »In diesem Buch stand jedenfalls nichts über Ratten, mit denen Absalom zu tun gehabt hätte.«
    »Damit habe ich auch nicht gerechnet.«
    »He«, sagte Shao und setzte sich steif hin. »Laß das bitte!«
    Suko war in Gedanken. Er zog ein finsteres Gesicht. »Was soll ich lassen?«
    »Du hast mich doch eben getreten.«
    »Ich?«
    »Ja. Wer sonst.«
    »Wo denn?«
    »An der Wade, am Knöchel und…«
    »Du träumst. Ich habe dich nicht berührt.«
    Shao wollte etwas sagen, schwieg jedoch. Sie kannte ihren Lebensgefährten. Suko log nicht. Doch wer hatte sie dann getreten?
    Dem Inspektor fiel Shaos Gesichtsausdruck auf. Er wußte sofort, daß etwas nicht stimmte, und er blieb ebenso starr zurück wie auch sie. Beide lauschten, und beide hörten das Geräusch, das so gar nicht in diese Halle hineinpassen wollte.
    Ein Kratzen und heftiges Trippeln, das über den Boden hinweghuschte. Als wäre ein Heer von Insekten dabei, durch den großen Raum zu laufen.
    »Bleib du mal sitzen«, flüsterte Suko. Er beugte sich nach rechts und dabei tief hinunter. Er schaute auch unter den Tisch, sein Blick glitt ebenfalls über den Boden, und er entdeckte den huschenden Schatten, der soeben zwischen Stuhlbeinen und einem Regal verschwand. Er hatte den Schatten nicht genau identifizieren können. Seiner Meinung war er nicht größer als eine Ratte.
    Suko richtete sich wieder auf.
    »Was war denn?«
    Er hob die Schultern. »Wenn es nicht unwahrscheinlich wäre, würde ich sagen, daß uns eine Ratte besucht hat.«
    »Ja«, sagte Shao. »Das habe ich auch angenommen. So unwahrscheinlich ist es nicht. Ich hatte die ganze Zeit über schon das Gefühl, beobachtet zu werden.«
    »Von einer Ratte?«
    »Kann sein. Oder von zwei oder drei Ratten. Schließlich haben wir es damit zu tun bekommen in der vergangenen Nacht. Ich denke nicht, daß dieser Absalom jemand ist, der sich hat täuschen lassen. Er wird geahnt haben, wen er vor sich hatte.«
    »Und wen hatte er vor sich?«
    »Zwei Menschen, die sich auskennen, die sich nicht so einfach fertigmachen lassen.« Shao blickte sich um. Niemand außer ihnen hatte etwas von dem Eindringling bemerkt. Am anderen Ende des langen Tisches saß jemand, der in seine Bücher vertieft war. Er las drei zugleich, eine Kunst. »Außerdem weißt du selbst, daß Ratten überall hineinkommen, wenn sie wollen. Oder nicht?«
    »Ja, das stimmt schon.«
    »Eben.«
    Suko holte tief durch die Nase Luft. »Ich frage mich nur, was wir diesem Mann getan haben, daß er uns verfolgen läßt. Falls

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