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0866 - Rattennacht

0866 - Rattennacht

Titel: 0866 - Rattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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dies überhaupt zutrifft.«
    »Ich kann es dir nicht sagen.«
    »Wir sind Zeugen, Shao.«
    »Wobei?«
    »Wir waren schließlich auf dem Friedhof.«
    »Stimmt. Aber hat er uns dort gesehen? Wir waren doch der Meinung, daß er uns nicht entdeckt hat.«
    »Beschwören möchte ich dies nicht.«
    »Stimmt. Ich jetzt auch nicht mehr.« Shao blickte noch einmal zu Boden, bevor sie aufstand. »Was machen wir?«
    »Wir werden gehen.«
    »Zum Friedhof?«
    »Ja.«
    »Trotz der Ratten?«
    Suko hob die Schultern. »Ich habe einfach das Gefühl, diesen Absalom auf dem Friedhof zu treffen. Das ist seine Umgebung. Dieses Viertel um den Friedhof herum gibt ihm genügend Versteckmöglichkeiten, und ich denke auch, daß uns jemand sagen kann, wo wir ihn finden, falls wir ihn zwischen den Grabsteinen nicht entdecken.«
    »Das kann sein.«
    Sie erhoben sich zugleich.
    Niemand nahm von ihnen Notiz. Shao und Suko waren nichts anderes als zwei wißbegierige Menschen, die in Büchern nachlasen, um bestimmte Probleme lösen zu können.
    Eine Ratte sahen sie nicht mehr. Nur als sie das Büro der bebrillten Dame betraten, da wunderten sie sich schon. Die Frau sah aus, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Sie betupfte ihr Gesicht mit Kölnisch Wasser, dabei flüsterte sie etwas vor sich hin, was keiner der beiden verstand.
    Suko sprach sie an. »Madame, ist Ihnen nicht gut?«
    Die Frau drehte den Kopf. Sie öffnete den Mund, schluckte dann und nickte Suko zu. »Sie sind es.«
    »Ja, haben Sie jemand anderen erwartet?«
    »Nein, nein, das habe ich nicht.« Sie tupfte wieder ihre Stirn ab. »Aber ich habe etwas gesehen, das es einfach nicht geben darf, so schlimm ist es. - Ich muß mich getäuscht haben.«
    »Was haben Sie gesehen?«
    Die Frau winkte ab. Ihr Busen hob und senkte sich unter dem weißen Stoff der Bluse in heftigen Atemzügen. »Eine Ratte, Monsieur, ich habe wirklich eine Ratte gesehen.« Sie streckte den Arm über den Tresen hinweg und deutete die Richtung an. »Da ist sie hergelaufen, eine fette Ratte.«
    »Und wo ist sie verschwunden?«
    »Durch die Tür, glaube ich.«
    »Das glauben Sie nur?«
    »Ja«, antwortete sie zögernd.
    »Warum?«
    »Ich…«, sie schluckte, »ich hatte die Augen geschlossen. Ich konnte nicht mehr hinschauen. Es ist einfach zu viel für mich gewesen. Verstehen Sie?« Nach dieser Frage schaute sie auch Shao an und erntete deren und auch Sukos Mitgefühl.
    »Wir verstehen alles, Madame. Aber denken Sie daran, daß Sie sich möglicherweise auch getäuscht haben. Wie sollte eine Ratte ausgerechnet hier zu Ihnen hereinkommen?«
    »Das ist alles möglich. Paris steckt voll von Ratten.« Sie schüttelte sich und schaute dabei auf die Rücken der beiden Besucher, die im Begriff waren, den Raum zu verlassen.
    In der leeren Vorhalle atmeten sie durch. Der Steinboden zeigte einen blanken Putz. Eine Stuckdecke wölbte sich hoch über ihnen, und eine breite Treppe führte in die oberen Etagen des Hauses.
    Sie schauten sich um, ohne die Ratte entdecken zu können. »Leer«, kommentierte Shao, »aber ich glaube schon, daß man uns unter Kontrolle hält. Wenn ich an die Szene auf dem Friedhof denke, gelange ich zu der Einschätzung, daß dieser Mensch es geschafft hat, die Ratten auf seine Seite zu ziehen. Er hat sie dressiert. Sie gehorchen ihm. Sie sind seine Kundschafter und stehen möglicherweise mit ihm in einer telepathischen Verbindung. Oder denkst du anders darüber?«
    »Nein, ich stimme dir zu.«
    »Wenn ich nur wüßte, was hier los ist«, murmelte Suko. »Da muß es doch ein Motiv geben. Man läßt nicht grundlos irgendwelche Ratten laufen.«
    »Das denke ich auch.«
    »Hast du denn auch über das Motiv nachgedacht?« wollte Shao wissen.
    Die Kühle war angenehm, und deshalb blieben sie während der Unterhaltung auch in der Halle.
    Suko hob die Schultern. »Ich kann mich in einen Menschen wie Absalom nicht hineinversetzen. Ich bin da wirklich überfragt. Natürlich geschieht nichts ohne Grund. Er wird auch nicht einfach nur so als Penner durch das Viertel streunen, da muß schon mehr dahinterstecken, denke ich.«
    »Der Meinung bin ich auch. Den Gangster und seine beiden Leibwächter hat er umgebracht. Uns läßt er beobachten. Ich bin mal gespannt, wann der erste Angriff der Ratten auf uns, erfolgt.«
    Wesentlich gespannter und vorsichtiger als bei ihrer Ankunft verließen sie das Gebäude. Sie gingen über die breite Treppe und schauten sich immer wieder um.
    Von Ratten war nichts zu sehen.

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