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0866 - Rattennacht

0866 - Rattennacht

Titel: 0866 - Rattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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denke ich mal.«
    »So ist es.«
    »Aber nicht Sie persönlich.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Nun, wir haben auch Augen im Kopf…«
    »Ratten?«
    »Ja.«
    Absalom lächelte. »Es sind nette Tiere. Die meisten Menschen sehen sie nur falsch. Ratten sind sehr treu, wenn sie einen Menschen erst einmal liebgewonnen haben. Man muß sich mit ihnen beschäftigen, man muß auf sie eingehen, dann werden sie ihren Herrn und Meister nicht im Stich lassen.«
    »Das haben wir erlebt«, sagte Shao.
    »Ach ja…?«
    »Wir lasen es in der Zeitung.«
    Der Mann hatte Glück. Er brauchte nicht zu antworten, da der Zug soeben in eine Station einlief, stoppte und sich die Türen zischend öffneten.
    Absalom traf keinerlei Anstalten, auszusteigen. Er blieb dicht bei den beiden, und zwar so dicht, daß es ihnen unangenehm wurde. Sie nahmen auch seinen Geruch wahr, der ihnen ebenfalls fremd vorkam. Er strömte aus seiner Kleidung und auch unter ihr hervor, und es war ein Geruch, der nach alter Erde, Pflanzen und auch Friedhof stank. Ein Geruch, der innerhalb des Wagens aber kam auffiel.
    Die Fahrgäste hatten gewechselt, die Türen schlossen sich schwappend, der Zug fuhr an.
    »Sie haben den Artikel gelesen und auch die Bilder gesehen, denke ich mal.«
    »So ist es.«
    Absalom hob die Schultern. »Es gibt Menschen, die sich ihr Schicksal selbst schreiben. Diese drei haben dazugehört. Sie haben ihr Schicksal selbst geschrieben und es unterzeichnet. Das ist nun mal so. Ich kann es nicht ändern.«
    »Sie haben ihnen die Ratten geschickt«, sagte Shao.
    »Meinen Sie?«
    »Ja.«
    Die blauen Augen starrten sie an. Sie waren kalt, und Shao fing an zu frösteln. Sie ärgerte sich selbst über die Schauer auf der Haut, den auch der andere sehen konnte, sich darüber allerdings nicht ausließ. »Es gibt Dinge, die muß man einfach tun. Jeder hat seinen bestimmten Platz im Leben. Ich habe den meinen, Sie haben den Ihren. Ich möchte Sie in Ihrem Interesse bitten, mich nicht mehr zu verfolgen. Es könnte sehr leicht Ihr Schaden sein.«
    »Moment mal«, mischte sich Suko ein. »Wer hat denn wen verfolgt? Sie haben Ihre Tierchen geschickt, damit sie uns observieren. Oder sollten wir uns die Ratte in der Bibliothek nur eingebildet haben?«
    »Nein.«
    »Damit bestätigen Sie unsere Vermutung.«
    Absalom nickte. »Ich habe Sie verfolgen lassen. Ich will Ihnen auch den Grund nennen. Ich habe in der vergangenen Nacht sehr wohl das Interesse an meiner Person bemerkt. Es hat mich gewundert, mit welch einer Intensität Sie sich um mich gekümmert haben. Niemand hat mich angesprochen, nur zwei Fremde. Zwei Touristen in Paris. Sie gestatten doch, daß ich mich darüber wunderte.«
    »Wir bewegen uns eben mit offenen Augen durch die Welt und sehen sie etwas anders als Touristen.«
    »Das soll ich Ihnen glauben, Madame?«
    »Natürlich.«
    Absalom schüttelte den Kopf. »Nein, Madame, ich glaube es Ihnen nicht. Hier liegen die Dinge anders, ganz anders. Sie sind auch keine normalen Touristen, das habe ich gespürt, auch wenn Sie sich bewegen wie diese zweibeinigen Heuschrecken, die jedes Jahr hier einfallen. Sie haben etwas an sich, Sie strömen etwas aus, das ich sehr genau wahrnehme, glauben Sie mir das.«
    »Was ist es?«
    »Ich weiß es noch nicht. Allein die Tatsache, daß Sie sich für mich interessiert haben, läßt darauf schließen. Das ist bei normalen Touristen nicht der Fall.«
    Das Gespräch stockte, denn die nächste Station war erreicht. Sie fuhren in den unterirdischen Bahnhof. Die hellen Wände huschten vorbei. Menschen kriegten Konturen, als der Zug langsamer wurde.
    Das übliche Rucken, dann stoppte die Bahn.
    Es entstand Gedränge. Viele Fahrgäste stiegen aus und ein; viele von ihnen waren Touristen, bewaffnet mit Fotoapparaten und Camcordern, die bei diesem Wetter aussahen, als wollten sie mit ihren kurzen Hosen und dicken Bäuchen geradewegs in den nächsten Pool springen.
    In dem Gedränge geriet Absalom dicht an Shao und Suko heran. Es blieb dabei nicht aus, daß sie sich berührten. Shao und Suko spürten genau, daß sich unter dem Mantel etwas bewegte, und der Stoff bewegte sich dabei mit.
    Sie sagten nichts, machten sich ihre Gedanken. Shao blickte fast betreten zu Boden. Sie wartete darauf, daß der andere zurücktrat, was er auch tat, wobei ein Lächeln um seine dünnen Lippen spielte. Er hatte sehr wohl bemerkt, was da geschehen war.
    Die Türen schlossen sich. Die zischenden Geräusche waren verklungen. Zwei junge Frauen hockten

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