0868 - Aufbruch der BASIS
war schon des öfteren hier gewesen. Aber jedesmal, wenn er eintrat, empfand er den Schauer des Fremden von neuem.
„Tritt näher, Payne Hamiller!" erklang Demeters dunkle Stimme aus dem Wohnzimmer.
Hamiller gehorchte. Er hatte das wohlig erregende Gefühl, daß er diese Suite so rasch nicht wieder verlassen werde.
Zunächst allerdings verhielt De-meter sich zurückhaltend. Sie hatte Getränke und einen kleinen Imbiß vorbereitet.
Für eine Frau, die ihr Gedächtnis völlig verloren hatte, beherrschte sie die komplexe Maschinerie einer automatischen Küche mit bemerkenswerter Vollkommenheit.
„Ich habe auf der Erde einen jungen Mann kennengelernt", sagte sie plötzlich, „der mich sehr beeindruckte. Ich frage mich, was aus ihm geworden ist."
Hamiller lächelte ob der Naivität, die in dieser Frage zum Ausdruck kam.
„Wenn es so wäre, daß ich jeden jungen Mann auf der Erde kennte", antwortete er, „dann könnte ich dir wohl Auskunft geben. Aber so ..."
„Er heißt Roi Danton", erklärte De-meter.
„Oho!" machte Hamiller. „Den kenne ich allerdings! Was soll aus ihm geworden sein? Er sitzt in Ter-rania City und regiert. Er nennt sich Oberster Terranischer Rat."
„Er regiert die ganze Erde?"
„Ja, aber nicht so uneingeschränkt, wie du dir das womöglich vorstellst. Erstens hat er ein Kabinett, dem er Rechenschaft ablegen muß, zweitens gibt es ein Parlament, das seine Handlungen kontrolliert, und drittens gibt es noch den Ersten Terra-ner, der dem Rang nach noch über dem Obersten Terranischen Rat steht."
„Wer ist das?" wollte Demeter wissen.
„Julian Tif flor."
Es huschte wie Überraschung über ihr dunkles Gesicht.
„Oh ja, den kenne ich!" rief sie.
Payne Hamiller fühlte sich ein wenig unbehaglich. Hatte Demeter ihn nur bestellt, um von ihm Auskunft über die Spitzen der terranischen Regierung zu bekommen?
„Wird Roi Danton an der Expedition teilnehmen?" fragte die schöne Frau.
„Nein, warum sollte er? Seine Aufgabe ist auf der Erde."
„Ganz bestimmt nicht?"
„Hör zu - ich bin ansonsten kein Angeber. Aber ich bin ganz sicher, daß ich an Bord der erste wäre, der erführe, wenn sich der Oberste Ter-ranische Rat an der Expedition beteiligen will. Ich habe bislang nichts erfahren. Also wird er sich nicht beteiligen!"
Mit diesen Worten stand er auf.
„Ich bin müde", sagte er. „Bitte entschuldige mich. Ich glaube, ich ..."
Auch Demeter hatte sich erhoben. Mit einem um Verzeihung bittenden Lächeln kam sie auf ihn zu. Sie trat so nahe, daß er ihren Atem spürte, als sie zu ihm sagte: „Vergib mir! Ich wollte dich nicht mit Fragen über andere Männer langweilen. Ich bin einsam. Bitte verlaß mich nicht!"
Payne Hamillers Ärger schmolz wie Eis in der Sonne. Kaum eine Macht in der Welt hätte ihn dazu bringen können, dieses Angebot auszuschlagen.
In der Nacht erwachte Hamiller von einem ungewöhnlichen Geräusch. Es war finster. Eine Sekunde lang wußte er nicht, wo er sich befand. Er tastete um sich und berührte weiche, samtene Haut. Im selben Augenblick hörte er das Geräusch von neuem: es war Demeters Stimme.
„Ich kann den Auftrag nicht ausführen, ihr Götter!"
Die Worte kamen von oben. Demeter mußte sich auf dem Lager aufgerichtet haben. Sie sprach, als befände sie sich in Trance. Einem Impuls folgend, fragte Payne Hamiller, wobei er seiner Stimme einen dumpfen Klang zu geben versuchte: „Warum nicht?"
Demeter reagierte. Sie antwortete: „Weil ich den Weg nicht finden kann, ihr Mächtigen! Seit Jahrtausenden bin ich auf der Suche, aber der Weg bietet sich mir nicht dar."
Hamiller war jetzt hellwach. Bot sich hier eine Möglichkeit, Demeters verschüttete Erinnerungen bloßzulegen?
„Wohin führt der Weg?"
„Zudem Auge!"
„Zu welchem Auge?"
„Ich weiß es nicht."
„Wer weiß es?"
„Ihr wißt es, die Götter, die Mächtigen! Ich flehe euch an: Vergebt mir und entlaßt mich aus dieser Verpflichtung."
Payne Hamiller überlegte blitzschnell. Er durfte den Faden hier nicht abreißen lassen. Er mußte in Erfahrung bringen, soviel es zu erfahren gab.
„Du bist eine Treulose!" rief er ins Dunkel. „Bevor wir dich entlassen, müssen wir gewiß sein, daß du dich wenigstens bemüht hast, unseren Auftrag zu erfüllen."
„Ich bin nicht treulos - ich war immer getreu!" widersprach Demeter mit Nachdruck.
„Wohin haben deine Wege dich geführt?"
„Zu Utnapishtim und in das Land Eden, in die Stadt Henoch und ..."
Demeters Stimme
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