0870 - Tabitas Trauerhalle
rührte versonnen mit ihrem Löffel den Kaffee um. Dabei schüttelte sie den Kopf.
»Es ist also doch wahr. Ich habe mich nicht getäuscht. Tabita befindet sich in London oder in der Nähe der Stadt. Himmel, wer hätte das geglaubt.«
Ich schaute nach oben und sah dort einen Sonnenstrahl, der zwischen dichten Wolken eine Lücke gefunden hatte. »Sie ist hier und macht weiter. Sie sammelt Tote, sie holt die Leichen, so wie damals. Für wen und weshalb?«
Jane stellte die Tasse ab, aus der sie getrunken hatte. »Darauf kann ich dir auch keine Antwort geben. Eines ist klar: Sie ist aktiv, und sie wird es bleiben.«
»Und wir müssen sie finden.«
»Ein Problem!«
»Das wir nicht in London lösen können.«
»Wie meinst du das?«
»Ganz einfach. Ich glaube nicht, daß sie nach dem Leichenraub einfach durch die Gegend gefahren ist. Sie wird ein bestimmtes Ziel gehabt haben. Sie hat London in nördlicher Richtung verlassen, und ich denke, daß wir auch dort irgendwo ihren Aufenthaltsort oder ihr Versteck finden werden. Wobei wir keine fünfzig oder hundert Meilen zu fahren brauchen.«
»Das denke ich auch, John. Nur wird es ein Problem dabei geben. Auch in einer näheren Umgebung wird es noch genügend Verstecke geben, in denen sie unterkriechen kann.«
»Stimmt.«
»Wie groß willst du dann den Kreis ziehen, John? Und wie viele Leute willst du einsetzen?«
»Gar keine.«
»Optimist.«
Ich trank die Tasse leer. Bei Glenda schmeckte der Kaffee besser. »Ja, ich bin Optimist, aber ich habe dafür auch meine Gründe. Jim Waynes Informationen waren in einem Punkt sehr wertvoll. Denk daran, daß er uns den Wagen der Person beschrieben hat, einen Ford Caravan.«
»Habe ich alles in Betracht gezogen. Nur kann man ihn sehr leicht verstecken. Auf dem Land findet sich immer ein Schuppen oder eine Garage, die als Versteck in Frage kommt.«
»Kein Einspruch, aber wir sollten das Land als einen Vorteil ansehen. Da wissen die Menschen mehr voneinander. Ich könnte mir vorstellen, daß dies auch in unserer Gegend so ist. Wenn wir am Ball bleiben wollen, dann werden wir so agieren müssen wie die richtigen Polizisten.« Ich lachte.
»Das heißt, wir werden losfahren, hin und wieder anhalten und zahlreiche Menschen befragen. Das fängt bei den Tankwarten an und geht weiter bis zum letzten Landwirt.« Ich sprach weiter, obwohl ich Janes säuerlich verzogenes Gesicht sah. »Das wird eine Heidenarbeit, aber wir werden nicht daran vorbeikommen.«
»Das befürchte ich auch«, murmelte sie. »Wann packen wir es an?«
»Sofort.«
»Ho - nur wir beide?«
»Ja, vorläufig. Ich werde Suko anrufen und ihn informieren. Er kann ebenfalls kommen. Außerdem muß ich noch mit Sir James reden. Ich möchte nicht, daß uns die Fahnder des Spezialkommandos in die Arme laufen, die sicherlich auch in der Gegend herumturnen.«
»Da hast du recht.«
»Packen wir's?« fragte ich sie.
Jane nickte und spreizte den rechten Daumen ab.
Ich winkte der Bedienung und zahlte.
***
Tabita hatte ihr Ziel erreicht!
Noch war es dunkel, noch würde man sie nicht sehen, und sie war mit ihrer Tat sehr zufrieden, wobei sie eigentlich davon ausgehen mußte, daß es zwei Taten waren.
Zuerst hatte sie sich die Leiche geholt, und dann hatte sie noch den Zeugen mit einem glatten Messerstich aus dem Weg geschafft. Das hatte alles geklappt. Nicht vorzustellen, wenn es diesem Mann gelungen wäre, ihr Versteck zu finden.
Es war in der Tat ein Versteck, denn der alte Hof lag ziemlich einsam, zwischen zwei Orten, deren Bewohner sich um das leere Gehöft nicht kümmerten. Die ehemaligen Besitzer weilten längst nicht mehr unter den Lebenden, und es kümmerte sich niemand um den Stall, wie das Gebäude im Volksmund auch genannt wurde.
Wichtig für Tabita, denn so etwas hatte sie immer gesucht. Es war eine Art Fluchtburg, ein point of joy , denn ihren Spaß würde sie bekommen. Und mit dem Spaß verband sie die Macht und das Wissen, endlich den richtigen Weg zu finden.
Das Gehöft bestand praktisch aus zwei Gebäuden. Dem alten Stall und dem Wohnhaus. Für Tabita war der Stall wichtiger, denn dort hatte sie sich ihr Reich eingerichtet.
Den Wagen fuhr sie neben die Westseite des Stalls, wo er in guter Deckung stand, da einige Laubbäume ihr Geäst über ihn und den Stall ausbreiteten. Zudem sorgte der Schatten der Wand noch für einen zusätzlichen Schutz.
Rückwärts hatte Tabita den Wagen an die bestimmte Stelle rangiert. Er stand kaum, als sie auch schon die
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