0884 - Mondwölfe
hatten wir Milch hineintropfen lassen. Ich schaute zu, wie der Kaffee allmählich eine rehbraune Farbe annahm und wandte mich dann an meinen Freund Suko.
»Auch für dich wird es so ausgesehen haben, daß der Blutsauger dem Werwolf ans Leder wollte.«
»Stimmt.«
»Warum?«
Suko verzog die Mundwinkel. »Kannst du nicht eine leichtere Frage stellen?«
»Doch, kann ich. Aber es würde uns nicht weiterhelfen, bestimmt nicht. Wir müssen uns auf das eine Thema konzentrieren. Eben auf dieses noch im dunkeln liegende Motiv.«
Suko trank einen Schluck Kaffee, gab aber keine Antwort. Statt dessen schaute er sich in der ziemlich leeren Cafeteria um, wo man versucht hatte, durch das Aufhängen bunter Bilder ein wenig Freundlichkeit in den Raum zu zaubern.
Die Wände waren in einem Grünton gestrichen, und der Boden zeigte eine ähnliche Farbe. Die Sitzflächen der Stühle waren ebenfalls mit grünem Stoff bespannt.
Hinter der Theke standen zwei Frauen, die sich leise unterhielten. Hin und wieder schielten sie zu der Kaffeemaschine hinüber, lachten ab und zu, bis sich eine schließlich aufraffte, das schmutzige Geschirr zu spülen.
Zwei Tische weiter hockten vier Männer zusammen, die Karten spielten. Sie alle trugen Bademäntel, tranken Cola, in die sie heimlich Schnaps hineinkippten.
»Sag was!« forderte mich Suko auf.
»Was denn?«
»Was dir so einfällt.«
»Dann lach nicht.«
»Ich verspreche es.«
»Ich denke an Will Mallmann!«
Suko lachte nicht. Sein Gesicht blieb ernst, und ich konnte sehen, wie er durch die Nasenlöcher Luft holte. Einen Kommentar gab er nicht ab, aber sein Nicken deutete an, daß er mit mir auf einer Linie lag. »Komisch, John, dieser Gedanke huschte auch mir durch den Kopf. Nur habe ich mich nicht getraut, ihn auszusprechen. Aber wie kommst du auf Dracula II?«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich habe dich zuerst gefragt.«
»Okay. Was ich sage, ist Spekulation und Theorie.«
»Weiß ich.«
Ich trank Kaffee, auch wenn er bitter schmeckte. »Daß Mallmann der große Dämonenfürst sein will, brauche ich dir nicht zu sagen. Er hatte sich zurückgezogen in seine Vampirwelt. Von dort kann er die Aktivitäten seiner Geschöpfe steuern.«
»Stimmt.«
»Er ist also ein Beobachter.«
Suko beugte sich vor. »Stimmt auch. Und er wird das beobachtet haben, was auch wir sahen.«
»Morgana Layton.«
»Richtig, John.« Er zielte mit dem rechten Zeigefinger auf mich. »Und ihre Diener.«
»Die plötzlich wieder erschienen sind. Zusammen mit Morgana, wie wir selbst gesehen haben.«
»Im kalten Mondlicht.«
»Aus ihrer Welt.«
Wir warfen uns gegenseitig die Bälle zu. Diesmal war Suko wieder an der Reihe. »Was einer Unperson wie Mallmann nicht gefallen kann. Vampire und Werwölfe, sie sind verschieden, aber irgendwo sind sie auch gleich, denn wir dürfen nicht vergessen, daß es einige Vampire gibt, die auch als Wölfe durch die Welt gehuscht sind, als sie sich auf die Suche nach Menschenopfern gemacht haben.«
»Da gebe ich dir auch recht.«
»Und das kann weder Mallmann noch Morgana gefallen. Ich weiß ja nicht, welche Pläne die beiden haben, aber jeder von ihnen will wohl die Macht, und das kann ins Auge gehen.«
»Also, wird Mallmann verhindern wollen, daß Morgana auf dieser Welt ihren Platz einnimmt.«
»Bingo.«
»Deshalb der Vampir.«
»Stimmt auch.«
»Dann weiß er mehr als wir«, murmelte ich. »Wir könnten davon ausgehen und müssen sogar damit rechnen, daß Mallmann besser informiert ist als wir.«
»Das erkläre mir mal genauer, John.«
Ich nickte. »Mache ich glatt. Wir haben noch fünf ehemalige Verletzte, deren Namen wir gleich erfahren. Ich gehe inzwischen davon aus, daß Mallmann sie ebenfalls kennt und schon entsprechende Vorsorge getroffen hat. Er wird sein Aufpasser aus der Vampirwelt geschickt haben, um Morganas Werwölfe unter Kontrolle zu halten. Ist das eine Möglichkeit?«
»Klar«, bestätigte Suko. »Und es käme nicht mal überraschend, wenn wir an das Zusammentreffen in der Garage denken.«
Ich klopfte mit dem Fingerknöchel auf die Tischplatte. »Um so wichtiger für uns ist es, so rasch wie möglich die Namen zu bekommen.«
»Das dauert nur mehr Sekunden.« Suko hatte an mir vorbeigeschaut. Er hatte den direkten Blickkontakt zur Tür, und durch sie trat ein Mann, dessen Kittel offenstand, der sich ein Lächeln abquälte, weil er ansonsten ziemlich erschöpft aussah.
Es war Professor Ben Chapman. Die Kugeleinschläge hatte er zwar
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