0884 - Mondwölfe
Rückspiegel, bis der Dunst sie aufgesaugt hatte.
Da Suko fuhr, kümmerte ich mich um die Liste. Noch auf dem Gelände des Krankenhauses hielt mein Freund an. »Welchen sollen wir uns zuerst vornehmen?«
Ich murmelte den Namen und schlug dann vor, noch nicht hinzufahren. »Warum nicht?«
Ich wies auf eine rote Telefonzelle. »Weil wir uns vorher erkundigen sollten, ob es bereits irgendwelche Schwierigkeiten gegeben hat.«
Suko brummte etwas. Es hörte sich ärgerlich an. Beim Aufdrücken der Tür grinste ich. »Hast du was?«
»Nein, überhaupt nicht. Ich denke nur darüber nach, warum ich nicht auf die Idee gekommen bin.«
»Das will ich dir sagen.«
»Ich höre.«
»Mancher hat's und mancher nicht…«
Als Antwort schaute Suko mich an, als wollte er mich fressen.
***
Es war wie immer eine verdammte Schufterei, und Tracy Ralston hätte ihren Mann wer weiß wohin treten können, daß er es nie für nötig hielt, ihr beim Einkauf zu helfen. Schließlich aß sie die Lebensmittel nicht allein.
Dorian blieb im Haus, trank um diese Zeit seinen ersten Brandy, und Tracy hatte die beiden vollen Einkaufstüten aus dem Auto geholt, war die Treppe hochgestiegen und keuchend vor der Wohnungstür in der ersten Etage stehengeblieben.
Erst mal Luft holen.
Für diesen Zeitraum stellte sie die beiden Tüten ab. Ihr schwindelte ein wenig, und sie schwitzte unter dem Trench, in den schon das Winterfutter eingeknüpft war.
Der Tag war schlimm gewesen. Erst der Streß im Büro, Tracy arbeitete beim Zoll, dann die Hetze zum Frisör, wo sie ihre Haare hatte nachfärben lassen, und der anschließende Ärger über den Frisör, der ihre Haare so unnatürlich dunkel gefärbt hatte.
Der Supermarkt war überfüllt gewesen. Sie hatten sich nur durch die Gänge schieben und an die Verkaufstheken drängen können. Das alles hatte Zeit gekostet, in der ihr Mann sich einen guten Tag machte und dem Brandy zusprach.
Dorian hatte mal wieder keinen Job. Den letzten hatte er vor einigen Tagen hingeschmissen, weil ihm sein Chef nicht paßte. Ralston arbeitete als Kellner, hatte schon einige Stationen hinter sich, und seine Rausschmisse lagen nicht nur daran, daß die Chefs nichts getaugt hatten. Die Schuld stand auf seiner Seite, denn einer der schnellsten Arbeiter war Ralston nie gewesen.
Vor einigen Wochen hatte er noch im Krankenhaus gelegen, denn der Besuch einer dieser miesen Striptease-Bars war anders verlaufen, als er und die anderen Gäste es sich vorgestellt hatten. Da waren sie von Hunden oder Wölfen überfallen worden, so genau hatte sich das im nachhinein nicht feststellen lassen, und diese Bißwunden waren sowieso rätselhaft gewesen. Dorian hatte nie großartig darüber gesprochen, aber stark unter den Folgen gelitten. Er war noch unleidlicher geworden, und während anderer Phasen hatte er sich tief deprimiert gezeigt und einfach nur auf dem Sofa gesessen und ins Leere gestarrt.
Tracy hatte für ihren Mann Verständnis aufgebracht, gab allerdings auch zu, daß irgendwann mal eine Grenze erreicht war, so wie heute. Sie würde mit Dorian reden und ihm verbal in den Hintern treten, damit er sich endlich wieder einen Job suchte.
Ihr Atem hatte sich wieder normalisiert. Tracy wollte die Tür aufschließen, als sie feststellte, daß dies nicht mehr nötig war, denn die Tür war nur angelehnt.
Sie runzelte die Stirn.
Hatte Dorian die Wohnung verlassen und vergessen, die Tür zuzuziehen.
Wenn ja, war dies eine Premiere, die aber auch ins Auge gehen konnte, denn in einem großen Mietshaus wie diesem trieben sich oft fremde Personen herum, die auf derartige Nachlässigkeiten nur warteten.
In ihrem Rücken und von oben her hörte sie Schritte. Eine Nachbarin erschien und sprach Tracy an.
»Hi, Tracy, eingekauft?«
»Wie du siehst.« Sie drehte sich um.
Die Nachbarin war auf der Treppe stehengeblieben. Eine Hand hatte sie auf den schwarzen Kunststoff des Geländers gelegt. Sie trug einen roten Mantel, dessen Farbe viel zu auffällig war, fand Tracy. »Ich will ja nichts sagen, Tracy, und ich will mich auch nicht in eure Angelegenheiten einmischen, aber eines wundert mich schon.«
»Was denn?«
»Daß du wieder allein einkaufen gehst. Oder hat Dorian einen Job angenommen?«
Tracy Ralston verdrehte die Augen. »Nein, das hat er nicht. Außerdem bist du zu neugierig, Helen.«
»Findest du?«
»Ja.«
»Das hat mit Neugierde nichts zu tun. Das kommst ganz von allein, wenn du verstehst.« Sie nickte.
Ihr scharfgeschnittenes
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