0888 - Angriff auf die Vampirstadt
beunruhigt.
»Nichts«, wiegelte Zamorra ab. »Ich glaube, ich brauche nur noch ein bisschen Schlaf.«
Er wusste selbst nicht genau, warum er Nicole nicht die ganze Wahrheit sagte. Vielleicht weil ich nicht will, dass sie erfährt, wie ihr Freund langsam den Verstand verliert , dachte Zamorra bitter. Es wird Zeit, dass wir der Sache auf den Grund gehen, bevor ich völlig abdrehe.
Der Dämonenjäger schloss die Augen und schlief sofort ein. Er träumte von wolfsköpfigen Kriegern, schönen Vampirfrauen und einem Ort, an dem nur die Toten glücklich sind.
***
Am Detroit Metropolitan Wayne County Airport erwartete sie bereits ein Leihwagen, den Robert Tendyke für sie reserviert hatte. Geleitet vom GPS, lenkte Nicole den dunkelblauen Cadillac STS durch den dichten Verkehr. Sie nahmen zunächst die Interstate 94, die den etwas außerhalb liegenden Flughafenstandort Romulus mit Detroit verband, mieden aber das Zentrum der Autostadt und hielten sich weiter nördlich.
Es war bereits dunkel, als sie ihr Ziel erreichten. Das kleine Industriegebiet am äußersten Stadtrand war um diese Zeit fast völlig verlassen. Die Dämonenjäger stellten den Wagen in einer Seitenstraße ab und näherten sich dem Gelände von Golden East Products zu Fuß.
Da die Lagerhallen nicht mehr genutzt wurden, gab es weder Hunde noch Nachtwächter. Nur ein hoher Zaun verwehrte Unbefugten den Zutritt. Nicole löste das Problem, indem sie an einer von der Straße aus schlecht einsehbaren Stelle mit dem Blaster einfach ein großes Loch in das Gitter schnitt.
Natürlich war es durchaus möglich, dass die Tulis-Yon selbst Wachen abgestellt hatten. Aber das mussten sie riskieren. Merlins Stern zeigte keine schwarzmagischen Aktivitäten in ihrer Nähe an. Aber das war auch nicht anders zu erwarten. Aus irgendeinem Grund reagierte das Amulett nicht auf die Wolfskrieger.
Doch es waren nicht nur die Tulis-Yon, die Nicole Sorgen machten. Zamorra hatte sich in den letzten Stunden deutlich verändert. Er war blass, wirkte in sich gekehrt und fahrig. Doch ihren Vorschlag, alleine das Lagerhaus zu untersuchen, hatte er brüsk zurückgewiesen. »Was immer hier gerade geschieht, es hat direkt mit mir zu tun«, hatte er gesagt, und dem hatte sie nicht widersprechen können.
Sie umrundeten das Lagerhaus, bis sie einen Nebeneingang fanden. Die Tür war verschlossen, doch Nicole besaß den perfekten Türöffner. Die Französin holte ihren Dhyarra hervor. Der blaue Sternenstein war eine wahre Wunderwaffe, die Gedanken direkt Realität werden lassen konnte.
Der Kristall holte seine ungeheure magische Kraft aus den Tiefen des Weltalls. Um sie zu aktivieren, musste der Benutzer den Dhyarra unmittelbar mit der Haut berühren und sich bildlich vorstellen, was der Sternenstein bewirken sollte. Und jetzt stellte sich Nicole eine offene Tür vor. Eine Sekunde später konnten sie eintreten.
Ein schmaler Gang führte zu einer weitere Tür, hinter der Stimmen zu hören waren. Jemand schien vor größerem Publikum eine Ansprache zu halten - und dann hörten sie deutlich das Wort »Kuang-shi«.
»Wenigstens haben wir die weite Reise nicht umsonst gemacht«, sagte Zamorra mit einem schiefen Grinsen.
Die Tür war nur angelehnt. Nicole drückte sie vorsichtig ein Stück auf und linste durch den Spalt. Auf der anderen Seite befand sich die eigentliche Lagerhalle. Was im Inneren vor sich ging, konnte sie nicht sehen. Mehrere Stapel scheinbar leerer Transportkisten verdeckten die Sicht, boten aber andererseits eine gute Deckung. Lautlos schlüpften die Dämonenjäger durch die Tür und versteckten sich hinter einem der Stapel. Aus ihrer Position hatte sie einen guten Blick auf das, was im hinteren Teil der Halle vor sich ging. Und was sie sahen, ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren.
Mit ihnen im Raum befanden sich mehr als zwei Dutzend Tulis-Yon.
***
Thomas Chen fühlte sich wie neugeboren. Seit er die Präsenz seines Herrn gespürt hatte, schien jede Faser seines Körpers zu vibrieren. Ein wohliges Knurren entwich seiner Kehle. Es tat so gut, sich nicht mehr hinter der jämmerlichen Fassade eines menschlichen Lebens verstecken zu müssen. Endlich konnte er wieder der sein, der er wirklich war.
Voller Bewunderung sah Lin ihn an. Seit sich seine Frau ebenfalls in eine Kriegerin Kuang-shis verwandelt hatte, war ihre Liebe so tief und rein wie nie zuvor. Nichts mehr war übrig geblieben von der schwachen Menschenfrau, die ihr Unglück mit Affären und Pillen betäubte
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