0888 - Angriff auf die Vampirstadt
und sich jede Nacht in den Schlaf weinte. Die neue Lin Chen bebte förmlich vor Tatkraft. Und sie spürte denselben unbezähmbaren Drang, dem Ruf ihres Herrn zu folgen wie ihr Mann.
Das Signal war immer noch schwach, weniger ein zielgerichteter Befehl, als ein fernes Echo. Aber es war da, und die Tulis-Yon würden ihm folgen, bis sie die Quelle gefunden hatten. Der Ursprung musste irgendwo im Nordwesten sein, Kanada vielleicht. Möglicherweise sogar Alaska. Aber bevor sie aufbrachen, mussten sie Vorbereitungen treffen. Denn der Weg war gefährlich.
Thomas wusste, dass er nicht der einzige war, der das Massaker in Vernon überlebt hatte. Die anderen würden dem Ruf ebenfalls folgen. Aber vielleicht hörten auch andere die Stimme ihres Herrn. Ketzer wie Fu Long oder dieser verdammte Verräter Tsa Mo Ra. Sie würden gewappnet sein müssen, wenn es erneut zum Kampf kam.
Und dazu brauchten sie Verstärkung.
Also waren die Tulis-Yon auf die Jagd gegangen. Karen und Jack, die in ihrem früheren Leben zu den nutzlosesten Vertretern der menschlichen Kasse gehörten, hatten sich als wertvolle Hilfe erwiesen. Gemeinsam hatten sie die Leibgarde des Götterdämons so weit vergrößert, das sie es mit einer kleinen Armee aufnehmen konnten.
Und das ist erst der Anfang , dachte Thomas Chen, während er auf die wolf s-köpfige Horde vor sich blickte. Über 20 Tulis-Yon hatten sich in Lagerhalle versammelt. In den Gesichtern der Neugeborenen zeigte sich eine seltsame Mischung aus Verwirrung und Stolz. Sie waren Krieger Kuang-shis, daran gab es keinen Zweifel, aber sie wussten nicht wirklich, was das bedeutete.
Deshalb hatte Thomas Chen sie zusammengerufen, um sie vor ihrem Aufbruch mit der einmaligen Größe ihres Erbes vertraut zu machen. Er wünschte, Agkar wäre hier, um ihnen aus eigener Anschauung von der unermesslichen Größe Choquais zu berichten. Doch der weise Anführer der Tulis-Yon war tot, hingeschlachtet von Fu Longs Gefährtin Jin Mei.
In tiefer Demut nahm Thomas seinen Platz ein, und die anderen Wolf sköpf igen hingen ehrfürchtig an seinen Lippen, als er ihnen von der alles überstrahlenden Herrlichkeit Kuang-shis erzählte.
Und dann, als er geendet hatte, sah er nicht mehr die geringste Unsicherheit in ihren Augen.
»Unser Leben für Kuang-shi!«, rief er.
»Unser Leben für Kuang-shi!«, antworteten die versammelten Wolfskrieger mit einer Stimme.
***
Beklommen folgte Nicole der schaurigen Szene. Es stimmte also, die Tulis-Yon waren wieder da. Und sie waren fest entschlossen, Kuang-shi doch noch zu seinem Vampirreich auf Erden zu verhelfen.
»Lass uns von hier verschwinden, Chef«, flüsterte die Dämonenjägerin. »Das sind zu viele für einen kleinen Überraschungsangriff.«
Zamorra antwortete nicht. Alarmiert wandte sich Nicole zu ihrem Gefährten um. Er saß schlaff an die Wand gelehnt hinter ihr. Seine glasigen Augen starrten ins Leere. Ein dünner Speichelfaden rann den rechten Mundwinkel herab.
»Chéri, tu mir das nicht an, nicht jetzt!«
Panisch packte Nicole Zamorra an der Schulter und schüttelte ihn. Und als das nicht half, versetzte sie ihm eine leichte Ohrfeige. Der Mann, mit dem sie den größten Teil ihres Lebens verbracht hatte, lächelte sie freundlich an und fragte: »Kennen wir uns?«
Neugierig sah Zamorra sich um, während die Tulis-Yon wenige Meter von ihnen entfernt ihrem Herrn huldigten.
»Ich glaube, so einen seltsamen Ort habe ich in ganz Choquai noch nicht gesehen. Was ist das für ein Krach?«
Für einen Moment überlegte Nicole, den Parapsychologen mit dem Blaster zu betäuben und ihn sich über die Schulter zu werfen. Doch dann zögerte sie. Es wäre vermutlich die einfachste Lösung, aber sie brachte es einfach nicht über sich, auf Zamorra zu schießen. Außerdem würden die Tulis-Yon mit ihren Sinnen das Abfeuern der Energiewaffe vermutlich bemerken. Nein, sie musste es anders versuchen.
Die Dämonenjägerin schlug noch einmal mit der flachen Hand zu, fester diesmal. Und es wirkte. Augenblicklich klärte sich Zamorras Blick. »Autsch, wofür war das denn?«
Nicole legte den Zeigefinger auf die Lippen und flüsterte. »Keine Zeit für Erklärungen. Wir müssen hier raus. Sofort.«
»Es passiert wieder, oder? Ich werde zu ihm.«
Nicole nickte. »Los, lass uns von hier verschwinden, solange du noch einigermaßen Herr deiner Sinn bist.«
»Nichts lieber als das.«
Mit Nicoles Hilfe kam Zamorra auf die Beine. Der Parapsychologe war leichenblass und immer noch
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