0888 - Angriff auf die Vampirstadt
das selbst im hintersten Winkel Choquais zu hören sein musste, stieß Lucifuge Rofocale vom Himmel herab. Die riesigen Holztüren der Pagode wurden aus den Angeln gerissen, als Satans Ministerpräsident ungebremst gegen sie krachte. Dann war er mitten im Heiligtum des Vampirreiches. Auf seinen Weg durch die Gänge und Säle hinterließ er Tod und Zerstörung. Flammen schossen aus seinem Maul hervor und brannten jeden nieder, der sich ihm in den Weg stellte.
Dann packte er eine jung aussehende Vampirfrau und presste sie mit seinem ganzen Gewicht gegen die Wand.
»Wo ist Kuang-shi?«
»Bitte…«, stieß die Vampirin hervor. In ihren Augen flackerte Todesangst.
»Wo?«, brüllte der Dämon.
Hektisch deutete das Mädchen auf eine große, mit Mondsymbolen und stilisierten Wolfsköpfen prächtig geschmückte Flügeltür im Hintergrund. »Im Thronsaal!«
»Warum nicht gleich so?«
Schnaubend stieß Lucifuge Rofocale die Vampirfrau von sich. Mit einem hässlichen Knacken zerbrach etwas in ihr. Der Ministerpräsident überprüfte nicht, ob sie tot war. Es interessierte ihn nicht.
Die Tür zum Thronsaal wurde seltsamerweise nicht bewacht. Haben sie wirklich geglaubt, wir würden nicht zurückkehren und uns das holen, was wir beim letzten Mal zurücklassen mussten ?, dachte Satans Ministerpräsident irritiert. Vielleicht waren Fu Longs Untertanen aber auch nur zu sehr mit der drohenden Zerstörung dieser Realität beschäftigt, um sich gegen einen weiteren Überfall zu wappnen.
Ihm sollte es recht sein. Lucifuge Rofocale stürmte vorwärts und durchbrach die massive Flügeltür, als sei sie aus Pappmaschee. Mit einem triumphierenden Lachen betrat der Herr der Hölle Kuang-shis Thronsaal - und erstarrte.
Im Hintergrund des riesigen Raumes erblickte er den verwaisten Thron und den Sarkophag, in dem der Körper des schlafenden Götterdämons ruhte. Und davor stand eine ganze Armee schwer bewaffneter Vampirsoldaten, die ihn grimmig anstarrten. Es waren mindestens 50 Krieger, und sie wirkten zu allem entschlossen.
Lucifuge Rofocale verzog sein Maul zu einem bösartigen Grinsen. »Glaubt Fu Long wirklich, er kann mich damit aufhalten?«
»Oh ja, das glaubt er«, sagte eine schöne chinesische Vampirfrau. Sie stand in der ersten Reihe und trat jetzt ohne ein Anzeichen von Furcht vor. In ihrer rechten Hand hielt sie ein martialisch aussehendes Schwert. Das musste Jin Mei sein, Fu Longs untote Gespielin. »Und wenn wir es nicht schaffen, dann bestimmt das magische Kraftfeld, mit dem er Kuang-shis Sarkophag umgeben hat.«
»Das werden wir ja sehen«, fauchte Lucifuge Rofocale und griff an.
***
Jin Mei hatte die Grauen erregende Gestalt, die sich drohend vor ihr aufgebaut hatte, nie zuvor gesehen, aber sie hatte keinen Zweifel daran, dass es sich um Lucifuge Rofocale handelte, Satans Ministerpräsident persönlich.
Seltsamerweise verspürte sie nicht die geringste Furcht. Viel war geschehen seit Fu Long der sterbenden Tochter eines chinesischen Restaurantbesitzers in Denver das Leben gerettet hatte, indem er sie zum Vampir machte. Für sie hatte er ein einziges Mal seinen Schwur gebrochen, nie wieder menschliches Blut zu trinken. Und sie war ihm seitdem eine treue Gefährtin gewesen, nicht aus Gehorsam oder bloßer Dankbarkeit, sondern aus reiner, tief empfundener Liebe.
Aber sie hatte sich verändert, in all diesen Jahren. Von dem scheuen, unsicheren Mädchen von einst war nichts mehr übrig geblieben. Aus Jin Mei war eine stolze Kriegerin geworden, zu der die anderen Bewohner Choquais bewundernd aufschauten. Sie war es, die Agkar, den legendären Anführer der Tulis-Yon getötet hatte. Aber das war nichts im Vergleich zu dem, was ihr jetzt bevorstand.
Jin Mei kam es so vor, als sei sie ihr ganzes Leben lang für diesen einen Moment ausgebildet worden. Sie wusste, dass sie eigentlich nicht die geringste Chance gegen dieses Monstrum vor ihr hatte, aber sie würde lieber sterben, als zuzulassen, dass er Kuang-shi mit sich nahm und damit Choquai endgültig ins Verderben stürzte.
Entschlossen hob sie ihr Schwert, als der Herr der Hölle auf sie zustürmte. Im letzten Moment sprang sie zur Seite und schlug zu. Kalter Stahl blitzte auf, als die rasiermesserscharfe Klinge durch die Luft schnitt, doch die Waffe prallte nutzlos an der ledrigen Haut des Erzdämons ab.
Jin Mei wich geschickt einem gewaltigen Hieb aus, wirbelte einmal um die eigene Achse und schlug erneut zu. Diesmal legte sie all ihre Kraft in den Hieb und
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