0891 - Fu Longs Rückkehr
Erfüllung.
Dass in der letzten Zeit des Öfteren der Ministerpräsident LUZIFERs bei ihnen um Rat »gebeten« hatte, schmeichelte ihnen. Seit Jahrhunderten hatten sie vergessen von allen hier gehaust, doch dass sie jetzt so einer wichtigen Persönlichkeit der Hölle aufgefallen waren, verhieß vor allem eins: Neue Quellen, die sortiert, eingeordnet und idealerweise auch bewertet werden mussten.
Auch wenn es natürlich ziemlich schwierig war, mit einem Dämon wie Lucifuge Rofocale umzugehen, damit er einen selbst an guten Tagen nicht verletzte oder schlimmeres. Aber den wolfsköpfigen Bibliothekaren war es so lieber. Wenn es einen von ihnen traf, war das nicht weiter tragisch.
Sie waren von Natur aus Einzelgänger und einer mehr oder weniger war nur dann von Bedeutung, wenn es viel zu archivieren gab.
So waren sie nicht sonderlich überrascht, als Lucifuge Rofocale wieder einmal in ihrer in düsterem Rot beleuchteten Bücherei auftauchte. Die meisten niederen Archivare kümmerten sich kaum um sein Auftauchen und sorgten nur dafür, dass sie den gebührenden Abstand und möglichst ein paar Bücherregale mit möglichst dicken Folianten zwischen den Höllenfürsten und sich brachten.
Lucifuge Rofocale brüllte vor Wut, als er sah, dass die Wolfsdämonen sich mehr oder weniger respektvoll zurückzogen. »Wagt es nicht, zu verschwinden! Ich habe mit euch noch ein Hühnchen zu rupfen!«
Furchtsam näherte sich eines der Wolfswesen und verbeugte sich vor dem Ministerpräsidenten Satans. »Was dürfen wir heute für Euch tun, Herrscher?«
Lucifuge Rofocale starrte auf die hundeartig vor ihm kauernde Kreatur und überlegte kurz, ob er sie zur Verbesserung seiner Laune einfach zerreißen sollte. Doch dann entschied er sich anders. Er konnte zu einer anderen Zeit ein Exempel statuieren - wofür auch immer.
»Euer Tipp mit dem Roten Stein war nur halb soviel wert, wie ihr glaubtet! Ihr habt mir nur die halbe Geschichte erzählt!«
Die Wolfskreatur schien noch ein wenig kleiner zu werden.
»Nein, Gebieter, so war es nicht!«, quiekte sie.
»Lüg mich nicht an! Der Hong Shi hat Auswirkungen nicht nur auf die Traumwelt des Kuang-Shi, sondern auch auf die Tulis-Yon! Das eine geht nicht ohne das andere, das hättet ihr mir sagen müssen!«
Der Archivar verzichtete darauf, Lucifuge Rofocale darauf hinzuweisen, dass er selbst jeden Hinweis auf mögliche Schwierigkeiten abgeblockt hatte.
»Also los! Sag mir, was du über die Tulis-Yon noch zu sagen hast!«
»Nun, Herr«, sprudelte es aus dem Wolfsdämon hervor. »Wer die Tulis-Yon beherrscht, der hat große Macht in Händen, das durftet Ihr ja erleben! Der Stein ist, wie Ihr sagtet, wieder im Besitz des Vampirs? Wie man hört, gibt er ihn nicht mehr aus der Hand!«
»Ach bah. Es muss doch möglich sein, ihn zu schwächen! Oder den Stein zu beschwören. Kein Dämon, und schon gar kein so gefährlicher wie Kuang-Shi, wäre so dumm, seine ganze Kraft einem Stein zu überlassen!«
Lucifuge Rofocale war klar, dass es nur eine Möglichkeit gab, die unumschränkte Vorherrschaft in der Hölle wiederzuerlangen: Kuang-Shi musste wieder erwachen. Der Ministerpräsident der Hölle hasste es, zuzugeben, dass er allein wohl nicht fähig war, alle seine Feinde auf einmal zu besiegen: Stygia, Zamorra und jetzt auch noch Fu Long. Gegen einen dieser Feinde anzukommen war eine Sache; immerhin hatte er selbst auch Merlin besiegt. Einzeln hatte er es versucht, doch keinen Erfolg gehabt. Es war, wie gegen einen Schwärm Wespen zu kämpfen.
Seine letzten Erlebnisse in der Weißen Stadt Armakath hatte es gezeigt: es gab Energien, die selbst er nicht einschätzen konnte. Dort war er wirklich auf anderes angewiesen gewesen als auf seine magischen Kräfte, denn die waren dort neutralisiert worden. Er war nach wie vor davon überzeugt, wenn er es schaffte, sich mit Kuang-Shi zusammenzutun, dann würde es mit Hilfe der bösartigen Magie, die von ihm selbst und der, die von dem Wolfsdämon ausging, eine reelle Chance geben, zumindest hier in den Schwefelklüften die Hierarchie in der Hölle gründlich auf den Kopf zu stellen und Stygia endlich das zu geben, was sie verdiente: Ein ewiges Leben im Oronthos.
»Also los!«, brüllte er jetzt den zitternd neben ihm kauernden Archivar an. »Rede! Wenn ich schon den Roten Stein von Fu Long nicht bekommen kann, dann sag' mir, wie ich Kuang-Shi sonst unter Kontrolle bringen kann!«
»Ich… ich meine, ich habe einmal gelesen…«, mit diesen Worten sprang
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