0891 - Fu Longs Rückkehr
der Wolfsähnliche immer noch am ganzen Körper bebend auf und rannte ohne ein Wort davon.
»He, wo willst du hin?«
»Meister«, piepste es aus einem der düster beleuchteten Gänge zwischen den meterhohen Regalen. »Ich hole die entsprechende Schriftrolle.« Um sich zu beruhigen, überlegte Lucifuge Rofocale schon, ob er einen Dominoeffekt auslösen sollte, indem er eins der Regale umstieß. Doch da tauchte die Kreatur wieder vor ihm auf.
»Es steht hier. Man hätte es nicht vermutet, Gebieter, aber es ist in einer Schriftrolle des Meisters Hu Lang verzeichnet, der dereinst…«
»Schweig!«, donnerte der Höllenfürst. »Sehe ich aus, als wäre ich zur Märchenstunde gekommen? Los! Rede, wie stellt man einen Hong Shi her?«
»Ihr… ihr werdet Blut benötigen. Viel Blut!«
Lucifuge Rofocale grinste teuflisch. »Das sollte das geringste Problem sein.«
»Herr, Ihr braucht besonderes Blut. Der Hong Shi besteht aus Blut, und er herrscht mit der Macht des Blutes. Wenn Ihr Kuang-Shi auf Eure Seite bringen wollt, braucht Ihr einen Hong Shi. Und wenn der eine nicht verfügbar ist, so müsst Ihr Euch einen eigenen machen.«
Lucifuge Rofocale schwieg einen Moment. Das klang nicht unvernünftig. Vielleicht war das wirklich eine Möglichkeit, Kuang-Shi nicht nur zu wecken, sondern ihn auch für sich selbst nutzbar zu machen. Das klang sogar besser, als sich mit ihm als gleichwertigem Partner zusammenzutun.
»Also, dann rede schon. Was benötige ich, um einen Hong Shi herzustellen?« Und knurrend fügte er hinzu: »Und sagjetzt nicht, es sei Blut notwendig! Ich brauche es genauer!«
»Viermal vier Vampire und vier Tulis-Yon sind notwendig, Gebieter. Außerdem…«
»Vier! Wieso vier?«
»Herr, vier ist im chinesischen Aberglauben die Zahl des Todes.«
»Na gut. Weiter. Vier mal vier Vampire, vier Tulis-Yon. Ist das alles?«
»Nein, Gebieter, man braucht auch vier Tropfen von Kuang-Shis Blut!«
Lucifuge Rofocale knurrte ungnädig. Sechzehn Vampire - das war für den Höllenfürsten und seine Fähigkeiten noch einfach. Vier Tulis-Yon, nun ja, nach der Schlacht am Turm, in dem er den Hong Shi hatte verstecken wollen, zu urteilen, war das schon schwieriger - wenn auch nicht unmöglich. Ein paar Tropfen von Kuang-Shis Blut dagegen - das versprach Komplikationen. Aber es war immerhin machbar für jemanden, der die Macht eines Lucifuge Rofocale besaß.
»Gut, gesetzt den Fall, ich habe das Blut, was dann?«
»Meister, Beschwörungen sind notwendig, einige seltene Kräuter und auch ein paar Jadestücke aus dem Tempel des Kuang-Shi in Choquai werden dazu benötigt…«
»Also muss ich beziehungsweise einer meiner Sklaven nach Choquai zurück«, murmelte der Herr der Schwefelklüfte. Der Höllenfürst lachte böse. Das war eine gute Gelegenheit, diesen elenden Fu Long ein für alle Mal auszuschalten, denn der würde sich sicher nicht entgehen lassen, dieses Mal selbst gegen einen Angriff von außen anzutreten.
Und vielleicht hatte er, Lucifuge Rofocale, der mächtigste Höllenfürst, den die Schwefelklüfte je gesehen hatten, noch Glück und dieser armselige kleine Vampir rief vorher noch Zamorra und seine Hausschlampe, diese Nicole Duval, dazu…
Und dann würde da nur noch Stygia sein. Und ohne Verbündete war diese Tochter einer räudigen Ziegenmissgeburt ein leichtes Spiel für den Ministerpräsidenten LUZIFERs…
»Sonst noch etwas? Lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen, du elender Wurm!«
»Herr, nein, Ihr müsst das Blut und die Kräuter unter dem vollen Mond im Tempel des Kuang-Shi vermischen und dann kann aus diesen Ingredienzien der Stein geformt werden. Die Macht über ihn und damit auch die Tulis-Yon und ihren Herrn Kuang-Shi liegt dann bei dem, der den Stein geschaffen hat.«
Lucifuge Rofocale ließ die Archivare stehen und ging.
Die Sache erforderte Planung und Strategie. An alles würde er nicht allein herankommen, für einiges würde er Planung brauchen, aber eines stand fest: Er, Lucifuge Rofocale, würde am Ende der Sieger in diesem Spiel sein.
Daran gab es keinen Zweifel.
***
Die beiden als Serviermädchen getarnten Amazonen hatten schon mehrere Tage in Choquai gearbeitet.
Doch sehr zur Verwunderung von Ling und Tanera schienen die Stadt so ganz anders zu sein, als sie es erwartet hatten. Dieser Ort war in der Tat eine Oase des Friedens, so albern das auch klingen mochte. Die Leute hier waren freundlicher, als sie erwartet hatten, immerhin handelte es sich um eine Stadt, in der
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