0893 - Abschied von Eden II
allein war es nicht, was die andauernde Anstrengung ermöglichte. Vielmehr war es der starke und unbeugsame Wille der beiden Bewußtseine, die den Körper des Mannes steuerten.
Siebenhundert Kilometer!
Eine lächerliche Entfernung für einen Ernst Ellert, der es gewohnt gewesen war, als energetischer Impuls von Galaxis zu Galaxis zu eilen.
Schritt für Schritt mußten diese siebenhundert Kilometer jetzt überwunden werden, gute zehn Tage würde es dauern, wenn der Körper das augenblickliche Tempo durchhielt. Ruhepausen mußten eingelegt werden, mochte die Zeit auch noch so drängen. Wenn der Mann zusammenbrach, konnte ihn nichts so schnell wieder auf die Beine bringen.
Was würde geschehen, fragte sich Ellert, wenn er vor Erschöpfung starb?
Würden er und Ashdon dann wieder frei sein?
Es war ein verführerischer Gedanke, der in Ellert aufstieg und den er schnell zu unterdrücken versuchte. In erster Linie deshalb, weil er die Antwort nicht kannte. ES hatte ihm und Ashdon diesen Körper zur Verfügung gestellt und dafür gesorgt, daß die beiden Bewußtseine ihn nicht verlassen konnten, wenigstens nicht, solange dieser Körper lebte.
Und wenn er starb ...?
Schon wieder die Versuchung! Ellert verdrängte sie mit Gewalt und war froh, sich gegen Ashdon abgeblockt zu haben.
Zwölf Stunden ohne Pause.
Das Gelände veränderte sich kaum, es blieb trostlos und eintönig. In einer ausgedehnten Mulde gab es einen kleinen See und einige Bäume, die zur Rast einluden. Außerdem waren die Schritte des Mannes unsicherer geworden. Er wurde müde. „Wir müssen ihm ein paar Stunden Schlaf gönnen", sagte Ashdon besorgt, „sonst bricht er zusammen.
Wir haben mehr als achtzig Kilometer zurückgelegt."
„Einverstanden", stimmte Ellert zu. Er lenkte die Schritte ihres Körpers zum See. „Es ist hier kühler geworden. Machen wir ein wärmendes Feuer? Holz gibt es genug."
Lang ausgestreckt lag der Mann später dicht bei den Flammen. Die Wärme des Feuers ließ ihn schnell einschlafen. „Wenn er durchhält, schaffen wir es schon in acht Tagen", sagte Ashdon. Dann fiel ihm rechtzeitig ein, daß der Mann wieder aufwachen könnte, wenn sie ihn im Schlaf sprechen ließen. Was mag an Dommerjan so unheimlich sein? Öde und leer bis jetzt, ja. Aber unheimlich ...?
Wir haben erst das Randgebiet erreicht, Gorsty. Leider hat uns Bacho keine näheren Angaben gemacht, wir wissen also nicht, was uns bevorsteht. Ich nehme aber an, daß es ebenfalls mit Experimenten zusammenhängt, ähnlich wie in Sphäro.
Unheimliches muß nicht immer gefährlich sein.
Das ist richtig, und deshalb mache ich mir auch vorerst noch keine Sorgen. Unser Ziel ist Kantrov Aber wir müssen dazu Dommerjan durchqueren, erinnerte Ashdon.
*
Am dritten Tag der Wanderung veränderte sich die Landschaft.
Der Mann hatte gut durchgehalten, weil sie ihm ausreichende Ruhepausen gewährten. Ihrer Schätzung nach hatten sie seit ihrem Aufbruch von Sphäro mehr als zweihundert Kilometer zurückgelegt.
Die Baumgruppen häuften sich und machten das Gelände unübersichtlicher. Hinzu kam ein leichterNebel, der dicht über dem Boden in Schichten lag und die Weitsicht behinderte. Es wehte ein leichter Wind, der die Nebelschwaden langsam vorantrieb.
Der Mann, der Ellert/Ashdon war, rümpfte die Nase. „Was ist das für ein Geruch, Gorsty?"
„Es riecht angenehm, so wie nach Blüten."
„Ich kann keine einzige Blüte entdecken."
„Der Wind trägt den Duft heran."
„Von wo?"
Das war eine Frage, auf die auch Ashdon keine Antwort wußte. Aber er hatte recht: der Duft war nicht unangenehm, ganz im Gegenteil. Wenn er stärker wurde, konnte er sogar berauschend wirken.
War das die Gefahr, von der Bacho gesprochen hatte?
Sie gingen auf dem Kamm eines Hügels entlang. Hier war der Nebel nicht so dicht. Der Duft aber blieb.
Bis zum Horizont erstreckte sich das hügelige Gelände mit vielen Bauminseln. Die Täler schienen den Nebel eingefangen zu haben, denn sie wirkten wie langgestreckte Schüsseln, in die man Milch gegossen hatte.
Ellert/Ashdon beschloß, sich so lange wie möglich auf den Hügeln aufzuhalten.
Der Mann wurde müde. Ruhepause.
Der vierte Tag...
*
Am vierten Tag nach fünf Stunden Marsch hielt der Mann an und sah hinab in die weite Ebene, die sich vor seinen Augen erstreckte. Ähnlich wie in Sphäro bestand auch Dommerjan nicht aus einer geschlossenen Siedlung, sondern aus vereinzelten Häusern und auch größeren Gebäuden, die
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