0896 - Das Psychonauten-Kind
herausrückte.
Es wäre alles zu vage gewesen, hatte er uns erklärt und dabei ungewöhnlich gelächelt.
Nun ja, wir würden sehen.
Suko gähnte neben mir und rieb seine Augen. »Dabei habe ich so gut geschlafen«, sagte er.
»Das ist die Wintermüdigkeit«, erklärte ich. »Sie wird nahtlos in die des Frühjahrs übergehen.«
»Und dann in den Sommer münden.«
»Richtig. Wo sie nur auf den Herbst wartet, um…«
»Hör auf, John, sonst krieg ich noch nen Affen!«
Den konnten wir auch bald bekommen, denn wir mußten noch eine Umleitung fahren, weil ein Wasserrohrbruch einen großen See gebildet hatte, und die Feuerwehr dabei war, etwas zu reparieren.
Ich wollte mich aber nicht beschweren, wenn ich an die Menschen dachte, die in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Deutschland mit dem Hochwasser zu kämpfen hatten. Da waren Flüsse zu Seen geworden und besonders in den Niederlanden hatte man gesehen, daß die Menschen dort nur Gäste waren. Das Wasser konnte immer wieder kommen und sie vertreiben.
»Sollen wir raten, was auf uns zukommt?« fragte Suko.
Ich hob die Schultern.
»Hat er bewußt mit Informationen hinter dem Berg gehalten, unser guter Sir James?«
»Wie kommst du darauf?«
Suko trommelte gegen das Handschuhfach. »Weiß ich auch nicht. Ich habe es im Gefühl.«
»Wenn er tatsächlich mehr weiß, als er zugegeben hat, wäre das nicht gut.«
»Kennst du Sir James' Gedankenwege, John?«
»Nein.«
»Er ist ein Mann mit Überraschungen.«
»Das befürchte ich auch.«
Durch den Umweg hatten wir gut eine Viertelstunde verloren und waren froh, den Bau zu sehen, in dem wir den Zeugen finden würden. Die Metropolitan Police, zuständig für Bezirke außerhalb der City of London, hatte auch im Yard Building eine Filiale, aber wir mußten woanders hin, mehr in den Norden, etwa in der Höhe von Paddingston. Dort gab es einen Bau, in dem Untersuchungshäftlinge einsaßen und auch Zeugen bewacht wurden.
Man hatte ihn erst vor kurzem übernommen. Er war renoviert worden und bot jetzt einen sicheren Schutz.
Wir erreichten ihn endlich, fuhren auf einen düsteren Hof, wo noch Platz für unseren Rover war.
Direkt vor einem Anbau. Die vergitterten Fenster gaben bekannt, wer sich hinter ihnen aufhielt.
Wir stiegen aus, standen schließlich an der Vorderseite des Backsteinbaus vor einer Tür und mußten erkennen, daß wir nicht den Schlüssel besaßen. In diesem Fall eine Chipkarte, die ein Betreten ermöglicht hätte. Nebenbei gab es noch die Möglichkeit zu klingeln. Natürlich war eine TV-Überwachung vorhanden, und wir waren wohl auf einem Bildschirm zu sehen. Man erkannte uns, denn uns wurde die Tür geöffnet.
»Ist doch nett«, sagte Suko und trat als erster ein.
Wir hatten eigentlich damit gerechnet, in die Hektik eines Polizeireviers zu gelangen, davon stimmte nichts, denn es war wirklich sehr ruhig, vergleichbar mit einer Amtsstube in irgendeinem Ministerium, wo die Akten von einem Büro zum anderen geschoben wurden. Auch die Anmeldung fiel weg, dafür schauten wir hinein in ein großes Büro, das von moderner Technik beherrscht wurde.
Die Computer standen sich in allen möglichen Winkeln gegenüber, als wollten sie sich gegenseitig anglotzen. Einige Kollegen saßen davor, schauten auf die Monitore oder tippten irgend etwas ein.
Die dabei entstehenden Klackergeräusche mochte ich nicht. Sie gingen mir auf die Nerven. Ein schneidiger Mann in blauer Uniform kam auf uns zu. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit Prinz Charles, aber nicht den traurigen Blick des Thronfolgers.
»Mr. Sinclair - Suko. Sie haben wir schon erwartet«, sagte der Mann und stellte sich als Captain Miller vor.
»Ach«, sagte ich.
»Was haben Sie?«
»Wirklich Miller?«
»Ja. Es ist kein Pseudonym.« Er lachte. »Aber so wie sie geschaut haben, blickten auch andere schon.«
»Kann ich mir denken. Wissen Sie, um was es geht?«
»In etwa, Sie nicht?«
»Man hat uns kaum eingeweiht«, erklärte Suko. »Sollte wohl eine Überraschung werden.«
»Wenn das so ist, dann kommen Sie bitte. Ich werde Ihnen Mr. Gomez vorstellen. Aber bekommen Sie keinen Schreck.«
»Warum nicht?«
»Er gehört zu den Tramps.«
»Übernachtet er im Freien?«
»Nicht nur. Seine Ansichten sind sehr locker. Er sieht sich als europäischen Bürger.«
»Ist doch nicht schlecht«, meinte Suko.
»Mein Fall wäre es nicht«, gab Miller zu. Er hatte es jedenfalls geschafft, uns neugierig zu machen, und wir wurden von ihm persönlich durch
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