0898 - Der Saboteur
plötzlich so viele Leute um sie kümmerten. „Wo sind Sie jetzt?"
„In der Nähe der Kommandozen-trale. Aber Torboros hat etwas in sei-ner Kabine vergessen. Er bat mich, es bei dieser Gelegenheit zur BASIS mit-zubringen. Ich wollte mich gerade auf den Weg machen. Wir könnten uns dort treffen. Einverstanden?"
Sternfeuer nickte. Sie freute sich sehr über diese Überraschung. Erst jetzt wurde ihr bewußt, daß sie die Mu-tantin vermißt hatte.
Etwas daran war merkwürdig. Sternfeuer war seit ein paar Tagen von ihren Eltern getrennt. Aber sie sehnte sich kaum nach ihnen, während der Gedanke, der Mutantin zu begegnen, sie in einen wahren Freudentaumel versetzte.
Inzwischen gab Irmina Kotschi-stowa den Versuch, von Reginald Bull Genaueres über den geheimnisvollen Saboteur zu erfahren, auf. Entweder wußte Bull wirklich nichts, oder er hatte sich entschlossen, nichts darüber preiszugeben. Fest stand, daß alle Schäden sich auf relativ einfache Ursachen zurückführen ließen. Teile von technischen Einrichtungen waren zer-schnitten, zerrissen, zerbeult oder ver-bogen aufgefunden worden. Dabei schlug der Unbekannte scheinbar wahllos zu. Oft wurden verheerende Folgen allein dadurch vermieden, daß ein verhältnismäßig unwichtiges Teil vernichtet wurde - und dicht daneben lag etwas, was explodieren oder sich sonstwie selbständig hätte machen können. Der Saboteur arbeitete mit ei-nem Minimum an Effektivität, und das schien absurd. Denn oft lagen die Schäden an Stellen, die nur schwer zu-gänglich waren. Wer sich die Mühe machte, durch endlos lange enge War-tungsgänge zu kriechen, um dort einen absolut nebensächlichen Träger zu verbiegen, konnte entweder nicht ganz richtig im Kopf sein - oder er verf olgte Pläne, die für einen Menschen noch nicht erkennbar waren.
Wenn Irmina Kotschistowa schon ärgerlich war, weil sie von Reginald Bull so gut wie nichts erfahren hatte, so war der Aktivatorträger von stillem Grimm erfüllt, weil die Mutantin ih-rerseits jeder Frage nach dem Mädchen Sternfeuer auswich. Angeblich machte sie sich einfach Sorgen um das Kind und sonst nichts. Bull schnaubte wü-tend.
Es mußte mehr dahinterstecken. Bull hatte gespürt, daß Irmina Ko-tschistowa bereit war, notf alls Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen, um in die SOL kommen zu dürfen. Das aber deutete nicht darauf hin, daß es nur um den Weltschmerz eines kleinen Mädchens ging.
Irmina Kotschistowa war betroffen, als sie spürte, wie sehr sich alles in der SOL bereits verändert hatte.
Es ging nicht um ein paar Umbau-ten, um neue Einrichtungen in den La-gerhallen oder die radikale Umstel-lung sämtlicher Bordfunksendungen. Diese Veränderungen gingen tiefer, sie reichten bis an die Seele dieses Schiffes heran.
Ein nie gekannter Umgangston be-stimmte das Leben in der SOL. Seit langem waren die Solgeborenen in der Überzahl gewesen, aber erst jetzt wurde der Mutantin bewußt, daß diese Leute auch eine eigene Auff assung von Kultur und Zivilisation entwickelt hatten. Manchmal schien es ihr, als hätten die Solgeborenen die ganze Zeit hindurch in einer besonderen Form von Untergrundgesellschaft gelebt. Jetzt, da sie glaubten, die Terraner ein für allemal los zu sein, tauchten sie auf und breiteten sich mit atemberaubender Geschwindigkeit über alle Ein-richtungen aus, die den Bedürfnissen der Terraner gedient hatten.
Sie kam an Aufenthaltsräumen vor-bei, die sie von früher her kannte. Die Möbel waren geblieben. Aber statt Bil-dern mit Planetenlandschaften gab es seltsame Grafiken und astronomische Darstellungen. Eines der beliebtesten Motive war der Leerraum: Ein Stück Außenhülle der SOL, kaum erkennbar im matt spiegelnden Licht, die nebel-haften Flecken ferner Galaxien, davor bestenfalls eine Space-Jet, die sich klein und verloren in der bedrohlichen Schwärze ausnahm. Daneben hingen Abbildungen fremder Raumschiffe oder Bilder von einsamen Materie-brocken, die nackt und kalt durch den Weltraum zogen.
Irmina Kotschistowa wandte sich schaudernd ab.
Wohin sollte das alles führen? Waren die Solgeborenen sich überhaupt klar, welche Richtung diese Entwicklung nehmen mußte? Glaubten sie, wirklich ohne jeden Kontakt zu den von ihnen verachteten Planeten leben zu können?
Wenigstens in einem Punkt würden sie noch für einige Zeit auf den Boden der Normalität zurückkehren müssen: Die Wasservorräte ließen sich nicht völlig aus eigener Kraft aufbereiten. Aber die Raumschiff e, die das kostbare Naß
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