09 Der Sohn des Greifen (alte Übersetzung)
Herzen war er stets das geblieben, was er einst war, ein Schmuggler von einfacher Herkunft, der sich seine Ritterschaft mit einem Frachtraum voller Zwiebeln und Pökelfisch erkauft hatte. »Und man hat mir auch schon Übleres nachgerufen.«
»Ja. Verräter. Rebell. Abtrünniger.«
Gegen das Letzte sträubte er sich. »Abtrünnig bin ich nie geworden, Mylord. Ich bin ein Mann des Königs.«
»Nur wenn Stannis ein König ist.« Der Lord musterte ihn aus harten schwarzen Augen. »Die meisten Ritter, die an meiner Küste landen, suchen mich in meiner Halle auf und verstecken sich nicht im Walbauch. Dieses Wirtshaus ist eine üble Schmugglerhöhle. Habt Ihr Euch wieder Eurem alten Handwerk zugewandt, Zwiebelritter?«
»Nein, Mylord. Ich habe nach einer Überfahrt nach White Harbor gesucht. Der König hat mich mit einer Botschaft zum dortigen Lord geschickt.«
»Dann seid Ihr am falschen Ort und beim falschen Lord gelandet.« Lord Godric wirkte belustigt. »Wir sind in Sisterton auf Sweetsister.«
»Das weiß ich wohl.« An Sweetsister war allerdings gar nichts süß. Es war eine schäbige Stadt, eine Lasterhöhle, klein und gemein und stank nach Schweinescheiße und Gammelfisch. Davos erinnerte sich aus seinen Schmugglertagen gut daran. Die Three Sisters waren jahrhundertelang ein beliebter Schlupfwinkel für Schmuggler gewesen und davor ein Piratennest. Die Straßen von Sisterton bestanden aus Schlamm und Planken, die Häuser waren mit Stroh gedeckte Fachwerkhütten, und am Galgentor baumelten immerfort ein paar Gehenkte, denen die Gedärme aus dem Bauch hingen.
»Ohne Zweifel habt Ihr hier Freunde«, sagte der Lord. »Jeder Schmuggler hat Freunde auf den Schwestern. Manche sind sogar meine Freunde. Diejenigen, die nicht meine Freunde sind, hänge ich auf. Ich lasse sie langsam ersticken, während ihnen ihre Därme an die Knie klatschen.« In der Halle wurde es wieder hell, als draußen ein weiterer Blitz zuckte. Zwei Herzschläge später donnerte es. »Wenn Ihr nach White Harbor wollt, warum seid Ihr dann in Sisterton? Was hat Euch hergeführt?«
Der Befehl eines Königs und der Verrat eines Freundes, hätte Davos antworten können. Stattdessen sagte er: »Stürme.«
Neunundzwanzig Schiffe waren von der Mauer aus in See gestochen. Wenn die Hälfte davon noch auf dem Meer trieb, würde es Davos erstaunen. Schwarzer Himmel, bittere Winde und peitschender Regen hatten sie auf dem ganzen Weg die Küste entlang heimgesucht. Die Galeeren Oledo und Sohn der Alten Mutter waren an den Felsen von Skagos zerschellt, der Insel der Einhörner und Kannibalen, wo sogar der Blinde Bastard sich nicht zu landen getraut hatte; die große Kogge Saathos Saan war vor den Grauen Klippen gesunken. »Stannis wird dafür bezahlen«, hatte sich Salladhor Saan wütend beschwert. »Er wird mit gutem Gold bezahlen, für jedes einzelne Schiff.« Es war, als verlangte ein zorniger Gott den Tribut für ihre leichte Fahrt nach Norden, als sie mit einem steten Südwind im Rücken von Dragonstone zur Mauer gesegelt waren. Ein weiterer Sturm hatte die Reiche Ernte der Takelage beraubt und Salla gezwungen, sie ins Schlepptau nehmen zu lassen. Dreißig Meilen nördlich von Witwenwacht hatte sich das Meer abermals aufgebäumt und die Ernte gegen eine der Galeeren geschmettert, von denen sie gezogen wurde. Beide Schiffe waren gesunken. Der Rest der lysenischen Flotte wurde in der Meerenge verstreut. Manche Schiffe würden den einen oder anderen Hafen erreichen. Andere würde man nie wieder zu Gesicht bekommen.
»Salladhor der Bettler, dazu hat mich Euer König gemacht«, hatte sich Salladhor Saan bei Davos beschwert, während die Reste seiner Flotte durch den Biss hinkte. »Salladhor der Zerschmetterte. Wo sind meine Schiffe? Und mein Gold, wo ist all das Gold, das mir versprochen wurde?« Als Davos ihm versichern wollte, dass er seinen Lohn bekommen würde, war er außer sich geraten. »Wann, wann ? Morgen? Bei Neumond? Wenn der Rote Komet wiederkehrt? Er verspricht mir Gold und Edelsteine, stets verspricht er nur, aber sein Gold habe ich noch nicht gesehen. Ich habe sein Wort, sagt er, oh ja, sein königliches Wort, er schreibt es nieder. Kann Salladhor Saan das Wort des Königs essen? Kann er seinen Durst mit Pergament und Wachssiegeln stillen? Kann er Versprechungen in ein weiches Bett zerren und sie ficken, bis sie quietschen?«
Davos hatte versucht, ihn zu überreden, treu zu bleiben. Wenn Salla sich von Stannis und seiner Sache abwandte, so
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