09 - Verschwörung der Druiden
ihre Aufmerksamkeit geweckt. Hundert bleiche Gesichter blickten gleichzeitig zu ihr auf.
»Morgen werden wir eine Beschwörung durchführen, mit deren Hilfe das Böse endgültig triumphieren wird! Niemand wird mehr auf euch hinunterschauen! In der neuen Welt werdet ihr die unumschränkten Herrscher sein.«
Eric hatte ihr nie genau erklärt, wie das alles funktionieren sollte, aber sie vertraute ihm - zumindest die meiste Zeit. Hätte er ihr so oft geholfen und all diese netten Dinge getan, wenn er sie am Ende fallen lassen wollte?
Sie wusste nur eins: Bald würde vor ihren Augen eine völlig neue Welt entstehen und sie und Eric würden ihr Mittelpunkt sein, erfüllt von der Macht des Höllenschlundes!
Was auch immer das war.
Aber ihr Publikum wartete.
»Unser Sieg ist greifbar nah!«, fuhr sie fort. »Ich will, dass ihr euch morgen wieder hier versammelt, und zwar eine Stunde nach Sonnenuntergang. Wir müssen eine große Entscheidungsschlacht ausfechten, damit unsere Art triumphiert - für immer! Und danach, in jeder Nacht zwischen jetzt und der Ewigkeit, werden die Lebenden zu unserer freien Verfügung stehen! Sie werden niederknien und sich uns anbieten, dankbar für unsere Aufmerksamkeit!«
Beeindrucktes Raunen ging durch die Menge. Den Vampiren gefiel die Idee. Ihr auch. Sie hoffte nur, dass sie ihnen nicht zu viel versprochen hatte.
»Also schont eure Kräfte!«, befahl sie ihren Anhängern. »Pflegt euren Durst. Morgen werden wir uns gemeinsam der Jägerin zum Kampf stellen, ihr jedes Glied einzeln ausreißen und uns an ihren Knochen laben!«
»An ihren Knochen laben!«, schrie jemand aus dem Publikum.
»An ihren Knochen laben!«, wiederholte sie und das Publikum fiel ein.
»An ihren Knochen laben! Laben! Laben! Laben!«
Sie wartete, bis sich der Jubel gelegt hatte, und schrie dann ein einziges Wort: »Morgen!«
Naomi trat vom Rand der Laderampe zurück. Sie hatte keine Illusionen. Ihre Gefolgsleute würden morgen über die Jägerin herfallen und sie ablenken, sodass Eric seinen Plan durchführen konnte. Aber ihre Gefolgsleute waren untrainiert. Früher oder später würden sie dank ihrer zahlenmäßigen Übermacht die Jägerin überwältigen, aber vorher würden viele von ihnen im Kampf fallen.
Und wenn schon, dachte Naomi. Zu diesem Zeitpunkt würde Eric die Beschwörung beendet haben und triumphieren. Und auf jene Vampire, die dann noch existierten, wartete ein wahres Festmahl.
Ihr Publikum zerstreute sich. Aber sie musste sich noch zwei ihrer Anhänger vorknöpfen.
»Gloria! Bryce!«
Die beiden warteten, während die anderen verschwanden.
»Kommt her!«, rief sie. Beide näherten sich zögernd der Laderampe. Gloria trug ein wallendes rosa Gewand. Nach dem grauenhaften Schnitt und der furchtbaren Farbe zu urteilen musste es sich um das Kleid einer Brautjungfer handeln. Wie kam Gloria nur an diese Sachen? Sie konnte nicht erkennen, was Bryce trug, aber das war Naomi nur recht.
Naomi wartete, bis beide direkt vor ihr standen, ehe sie das Wort ergriff.
»Wo habt ihr beide heute Abend gesteckt?«
»>Heute Abend<, sagt sie?« Gloria blickte verwirrt drein. »Wann war denn das?«
Naomi war nicht bereit, Gloria so einfach davonkommen zu lassen. »Vor ein paar Stunden. Ich habe euch gesagt, dass ich euch noch brauchen werde!«
Gloria sah das Ding an, das einst Bryce Abbot gewesen war. »>Pass auf Cordelia auf<, sagt sie. >Lass sie nicht aus den Augen. <« Sie sah wieder Naomi an. »War das nicht Glorias Auftrag?«
Sie hatte Recht. Naomi hatte ihr diesen Auftrag gegeben. War es möglich, dass Gloria diesmal ihren Befehl befolgt hatte?
Nun, sie hatte ihrem Müllmonster keinen derartigen Befehl erteilt. »Wo war Bryce?«
»>Wo war Bryce<, fragt sie. Bryce ist immer noch sterblich. Vielleicht vergisst Naomi das. Manchmal denkt Gloria, Bryce muss gehen und Dinge tun. Essen und Wasser suchen. Eine Stelle, wo er sich erleichtern kann. Ist das richtig, Bryce?«
»Hu-hu-hu«, stieß Bryce hervor.
Naomi sprach mit zwei Idioten. Vielleicht, dämmerte ihr, hatte sie Gloria wirklich woanders hingeschickt. Und was das
Ding betraf, das einmal Bryce Abbot gewesen war - wenn man jemand den größten Teil seiner Menschlichkeit nahm, dann verlor er womöglich auch einen Teil seiner Intelligenz. Nun gut. Vielleicht würde sie für den Augenblick auf ihre Rache verzichten.
Aber wenn die morgige Nacht vorbei war, würde sie sie auf jeden Fall töten.
Gloria wartete, bis sie sicher war, dass Naomi wirklich
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