090 - Der Verlorene der Todeswelt
ließ es nicht zu, daß ich mein Hemd öffnete.
Fast schien es, als wüßte er, was ihm dann blühen würde. Er hatte mich verdammt gut im Griff. Ich bekam keine Luft, wehrte mich verzweifelt, schaffte es jedoch nicht, ihn abzuschütteln.
Ich ließ mich fallen, stemmte ein Bein gegen die Knochen und warf das Skelett über mich hinweg in den Sand. Zum erstenmal lockerte sich der Griff, und ich pumpte gierig Luft in meine Lunge.
Im nächsten Moment riß ich die Knochenhände auseinander. Die harten Finger glitten von meinem Hals ab, ich wälzte mich zur Seite, lag auf dem Bauch, zog die Beine an und sprang auf.
Mein knöcherner Gegner war auch schon wieder auf den Beinen. Er stürzte sich auf mich. Ich stieß ihn mit kraftvollen Karatetritten zurück und fingerte nach der Kette, an der der Diskus hing.
Das Skelett konnte nicht verhindern, daß ich mich damit bewaffnete. Es schien die milchig-silbrige Scheibe nicht ernst zu nehmen. Es ahnte nicht, welch vernichtende Kräfte sich in meinem Diskus befanden. Seine Finger krallten sich in mein Hemd.
Kraftvoll riß es mich an sich. Ich prellte gegen die Gebeine und hob den Diskus. Mitten hinein in die grinsende Knochenfratze preßte ich die Scheibe.
Die goldbraune Farbe löste sich von den Knochen. Die Kraft, die vom Diskus ausging, schälte diese Farbe förmlich ab. Darin schienen sich die dämonischen Kräfte befunden zu haben, denn kaum war das Skelett »nackt«, da vermochte es sich auch schon nicht mehr auf den Beinen zu halten, davon, mich weiterhin zu attackieren, ganz zu schweigen.
Klappernd brach der knöcherne Unhold zusammen und erhob sich nicht mehr. Ich stand schwer keuchend da und starrte auf das nunmehr bleiche Skelett.
Hatte ich es am Ende doch mit den Überresten eines Menschen zu tun? Welches Schicksal hatte ihn ereilt? Lebte ein Dämon in dieser Wüste?
Hatte er mir ein ähnliches Schicksal zugedacht wie diesem Opfer? Solange mir mein Diskus zur Verfügung stand, hatte ich gute Chancen, mit heiler Haut davonzukommen.
Mir tropfte der Schweiß von der Stirn. Die glitzernden Perlen fielen auf die Knochen zu meinen Füßen. Ich richtete mich langsam auf, entspannte mich und hängte die Kette wieder um.
Die handtellergroße Scheibe rutschte ins Hemd. Wieder einmal hatte sie mir wertvolle Dienste geleistet. Ich wischte mir den Schweiß ab und wollte weitergehen.
Plötzlich knirschte der Sand hinter mir. Die Wüste begann auf einmal zu leben. Zuerst war lange Zeit nichts passiert, und mit einemmal ging es Schlag auf Schlag.
Ich dachte sofort an den Dämon, der in diesem Gebiet höchstwahrscheinlich sein Unwesen trieb, und meine Hände zuckten gleich wieder zum Diskus.
Da traf mich ein harter Gegenstand seitlich am Kopf. Meine Arme wurden schwer wie Blei, ich ließ sie sinken, und im Fallen schraubte ich mich langsam herum.
Ich sah dunkelhäutige Männer, vier oder fünf. Sie waren kleiner als ich und nackt. Ihre Nasen waren breit, das schwarze Kraushaar struppig.
Mehr nahm ich nicht wahr. Es war ohnedies eine ganze Menge, wenn man bedenkt, wie kraftvoll einer von ihnen zugeschlagen hatte. Ich wollte gegen die Ohnmacht, die auf mich zuraste, ankämpfen, doch sie war schneller und deckte mich zu wie ein schwerer schwarzer Sack.
***
Sono war verschwunden, und Jack Nancy lag immer noch auf den Knien. Langsam ließ er die Arme sinken, und er war so schwer erschüttert, daß er kaum die Kraft aufbrachte, sich zu erheben.
Schwankend stand er da, ein gebrochener Mann angesichts des grauenvolles Endes, das sein Freund und Kollege genommen hatte.
Nancy hatte große Mühe, sich zu sammeln. Was er erlebt hatte, überstieg sein geistiges Fassungsvermögen. Ein Riesenkrake, der schwebte wie ein Fesselballon, der gnadenlos tötete und von einem Menschen nur die Knochen übrigließ.
Erschüttert wollte sich Jack Nancy zu den bleichen Knochen begeben, die einmal den Menschen George Heston ausgemacht hatten. Da fiel ihm ein Mann auf, der sich genau der Stelle näherte, wo das Gerippe lag.
Jack Nancy warf sich auf den Bauch und kroch weit genug davon, um nicht gesehen zu werden. Er verschwand in einer flachen Senke und beobachtete den Fremden.
Es dauerte nicht lange, bis der Mann Georges Skelett erreichte. Er blieb stehen und beugte sich über die Knochen, und dann passierte etwas, das Jack Nancy erneut die Haare zu Berge stehen ließ.
Das Skelett erwachte zum Leben und griff den Unbekannten an. Nancy wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Sollte er
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