0900 - Für Teufel, Gold und Templer
durchzuckte.
Duc Dacry liebte den Kopf. Er hatte ihn hergeschafft. Er hatte ihn beschützt, und er wollte nicht, daß dieser alte Schädel von irgend jemandem geraubt wurde. Er war der Besitzer, denn sein Ahnherr hatte sich damals um den Schädel gekümmert, als alle dachten, er wäre zerstört worden. Da war es eben Duc Dacry gewesen, und der neue Duc Dacry sah es als Verpflichtung an, sich auch weiterhin um ihn zu kümmern. Lange genug hatte er geforscht und sich Mühe gegeben. Er wollte den Erfolg und war dafür sogar über eine Leiche gegangen.
Er hatte sich nicht grundlos in dieses Abenteuer hineingestürzt, und er würde sich auch von einem gewissen Sinclair nicht stören lassen.
Sinclair war ihm namentlich bekannt. Als Anwalt hatte er nicht wenig mit der Polizei zu tun, und da war ihm der Name des öfteren mal untergekommen. Es hatte zwischen ihnen nie Berührungspunkte gegeben, aber Dacry war über den Mann informiert, den er nun zu seinen Feinden zählen mußte. Er kannte auch dessen Kampf- oder Spitznamen. Sinclair wurde Geisterjäger genannt, das heißt, er beschäftigte sich mit Fällen, die außerhalb des Normalen lagen. Sinclair war anders, er war ein Mensch, der das Paranormale liebte oder sich beruflich damit befassen mußte. Er war jemand, dem so leicht niemand etwas vormachte, und der Anwalt fragte sich, woher er von dem Kopf wußte.
Daß es ihn gegeben hatte, stand fest. Aber nur wenige Eingeweihte kannten die Geschichte, und bisher war Dacry bei seinen Recherchen diesem Sinclair noch nicht über den Weg gelaufen.
Allerdings jetzt! Und das machte ihn mißtrauisch.
Dacry war allein in der Kirche. Dennoch hatte er nicht das Gefühl, der einzige zu sein. In dieser Kirche war man nie allein. Abgesehen von den Toten, die unter den Grabplatten lagen, hatte er schon beim ersten Betreten das Gefühl gehabt, von irgend etwas umgeben zu sein. Von einer nicht faßbaren Macht, von Geistern, wie auch immer. In diesem Rundbau war der Geist der alten Templerritter lebendig geblieben.
Und dazu paßte der Kopf!
Dacry blieb vor ihm stehen und schaute lächelnd auf ihn nieder. Der Metallkopf hatte auf einer der Grabplatten Platz gefunden. Er stand dort, als hätte er immer an diesen Fleck gehört. In der Tat waren es die Templer gewesen, die den Papst Silvester II. akzeptiert und gefeiert hatten. Sein Wissen war immens, er hatte oft Kontakt mit ihnen gehabt, und Dacry hatte den Eindruck, ihm hier eine Heimat gegeben zu haben.
Die Fratze grinste ihn an. Die Augen leuchteten auch jetzt in ihrem Rot, und das Maul stand so weit offen, daß die beiden Zähne zu sehen waren. Das spitze Kinn, die hohen Ohren, dies alles deutete auf einen bestimmten Weg hin oder auf einen Dämon, dem dieser Kopf letztendlich geweiht war.
Dacry lächelte, als er daran dachte. Er kannte diesen Dämon, er hatte sich mit ihm beschäftigt, und er war sich dabei vorgekommen wie jemand, der tiefer und tiefer gräbt, um endlich an sein Ziel zu gelangen.
Er beugte sich dem Kopf entgegen. Wenn der Richtige ihn anredete, würde er sprechen können, das wußte Dacry, und er wußte auch, daß der Kopf es schaffte, in die Zukunft zu schauen. Er hatte es bisher nicht richtig getestet, wollte dies aber nachholen und sprach ihn an.
»Du kannst mich hören?«
»Ja!«
Fast hätte Dacry aufgeschrien, als er die Antwort vernahm. Innerlich jubelte er auf. Es ist wahr! schrie es in ihm. Es ist tatsächlich wahr! Es ist unglaublich, aber es stimmt! Es ist wunderbar! Er kann sprechen, er ist der erste mechanische Kopf, der sprechen kann. Er wird sich mit mir unterhalten, ich werde viel erfahren, ich werde…
Seine Gedanken brachen ab. Er mußte sie erst neu fassen, sortieren und vor allen Dingen nicht mehr darüber nachdenken, welche Möglichkeiten sich ihm eröffneten.
»Du weißt, wer ich bin?« Mit Zitterstimme hatte er die nächste Frage gestellt.
»Ja.«
»Habe ich das Richtige getan?«
»Ja.«
»Gut, gut, sehr gut sogar. Machen wir weiter, mein Freund, machen wir weiter. Ich gehe davon aus, daß man dich damals in Sicherheit gebracht hat. Es ist der Mann gewesen, von dem ich abstamme, ebenfalls ein Dacry, ebenfalls jemand, der denselben Vornamen trug wie ich. Er hat dich versteckt gehalten, er ist mit dir zurechtgekommen, er hat dich auch weitergegeben. Das alles weiß ich, das ist mir bekannt. Das kenne ich, das ist gut, darauf habe ich meine Hoffnungen gebaut. Ich habe lange gesucht und dich endlich gefunden. Bist du dafür, daß ich dich
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