0902 - Das Mädchen und die Loower
sagte er in einer Mischung aus Staunen und Hochachtung. „Ich glaube es einfach nicht, daß du dich mir widersetzen kannst!"
„Ich widersetze mich dir gar nicht", erwiderte ich. „Ich habe mich sogar sehr darum bemüht, dich zu verstehen.
Aber je mehr ich das tat, desto ferner wurdest du mir. Ich bin allem sehr aufgeschlossen, Ehrenwort!"
„Vielleicht ist es gerade das", sagte er. „Ich habe noch keinen Menschen kennengelernt, der so wenig psi-affin zu mir war wie du. Ich möchte dich fast als antipodisch bezeichnen.
Je mehr du dich um eine Annäherung bemühst, desto größer wird deine innere Abwehr."
„Ich weiß nicht, was du damit meinst, Boyt", sagte ich verständnislos. „Aber ich weiß, was es damit auf sich hat, und das genügt", erwiderte er zornig. „Deine loowerischen Freunde haben dich präpariert. Ich muß mich wohl damit abfinden, daß ich keine Paratenderin aus dir machen kann. Aber das ändert nichts an meinen Plänen. Du bleibst hier."
„Warum tust du das, Boyt?" fragte ich.Er sah mich seltsam an. „Willst du es wirklich wissen?"
„Dann will ich es dir sagen. Für die Loower wird es so aussehen, als seien die Terraner, und zwar die LFT selbst, für deine Entführung verantwortlich.
Die Loower werden sich das nicht bieten lassen und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen.
Ich weiß noch nicht, wie diese Maßnahmen aussehen werden, aber bestimmt wird sich der Konflikt zwischen den beiden Völkern verschärfen.
Wie findest du das, kleine Baya?"
„Abscheulich und gemein", sagte ich.
Er lachte mich nur aus. Aber es war ein gekünsteltes Lachen.
Irgendwo, und das spürte ich ganz deutlich, schämte er sich in seinem Innern wegen seiner Handlungsweise.
Hergo-Zovran war sofort von der Entführung Baya Gheröls verstän- .digt worden. Als Lank-Grohan als Verantwortlicher für den Westturm in die Türmerstube kam, um detailliert Bericht zu erstatten, waren des Türmers Stellvertreter Fanzan-Pran, Mank-Beram und Opier-Warnd bereits zugegen.
Lank-Grohan schilderte die Geschehnisse aus seiner Sicht: „Haman befand sich mit Baya gerade auf einer Wanderung durch den Westturm, als ein fünfköpfiges terranisches Einsatzkommando unbemerkt eindrang. Sie schössen wie die Barbaren um sich, schlugen Haman in die Flucht und nahmen Baya an sich. Sie mußten sie in ein Flugobjekt gebracht haben, das außerhalb des Turmes wartete. Damit flogen sie in Richtung eines militärischen Stützpunkts der LFT davon, wo das Flugobjekt aus unserem Ortungsbereich geriet. Einen Terraner haben wir gefangengenommen, als er versuchte, den Rückzug der Entführer mit Waffengewalt zu decken. Er hat freimütig erklärt, daß die Entführer von der LFT beauftragt wurden, Baya mit allen Mitteln von hier fortzubringen."
Seinen Ausführungen folgte Schweigen, das der Türmer schließlich brach. „Diese Entwicklung kommt für mich überraschend", sagte Hergo-Zovran. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, daß die Terraner unsere Friedensbemühungen so brutal sabotieren könnten. Nun sehe ich mich gezwungen, andere Maßnahmen zu ergreifen. Mir bleibt eigentlich nur noch eine Möglichkeit."
„Krieg!" rief Mank-Beram. „Die Handlungsweise der Terraner zeigt, daß sie förmlich nach einer militärischen Kraftprobe verlangen. Alles andere als eine eindeutige Kriegserklärung würden sie nur als eine Schwäche von uns auslegen."
„Auch ich bin von den Terranern enttäuscht", sagte Opier-Warnd, der stets für eine gemäßigtere Linie eingetreten war und nach Kompromißlösungen gesucht hatte. „Vielleicht hat Mank-Beram doch recht und wir sollten ein Exempel statuieren."
„Und wie steht unser Friedensstifter dazu?" wandte sich der Türmer an seinen dritten Stellvertreter Fanzan-Pran. „Wir kennen die Terraner als impulsiv und unüberlegt handelnde Wesen", sagte Fanzan-Pran. „Ich kann und will ihre barbarische Handlungsweise nicht billigen, und ich fürchte, daß nun doch die rohe Gewalt über die Vernunft siegen wird. Aber bevor wir zu diesem letz- ten Mittel greifen, sollten wir es mit einem letzten Appell versuchen."
„Das wäre vergeudete Zeit", sagte Mank-Beram. „Ich plädiere nur für ein allerletztes Ultimatum", sagte Fanzan-Pran. „Noch einmal will ich auf dich hören, Fanzan", entschied der Türmer. „Ich werde den Terranern ein Ultimatum stellen. Entweder sie schikken Baya Gheröl innerhalb eines Viertelintervalls zu uns zurück, oder sie müssen die Besetzung der Erde in Kauf nehmen. Von
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