0903 - Nächte der Angst
möglich.«
Preston horchte auf. »Und was, bitte?«
Tanner winkte ab. »Nicht so hastig, mein Freund. Man muß die Dinge abwägen. Eine Frage mal vorweg: Fühlst du dich jetzt auch noch bedroht?«
Alex überlegte. »Ich weiß es nicht genau. Irgendwie schon. Ja, das kann ich behaupten. Auf der Fahrt hierher habe ich immer auf Verfolger geachtet. Aufgefallen sind mir aber keine.«
»Was allerdings nichts zu bedeuten hat.«
»Meine ich auch, Sir.«
»Kannst du den Mann beschreiben, den du bei deiner Flucht von der Baustelle gesehen hast?«
»Ja.«
»Dann bitte.«
Preston brauchte nicht lange zu überlegen, denn die Bilder der vergangenen Nacht hatten sich tief in sein Gedächtnis eingegraben.
Konzentriert hörte der Chief Inspector zu. Hin und wieder griff er zu seiner alten Methode und machte sich Notizen. Er blieb auch noch nachdenklich sitzen, als Preston seinen Bericht längst beendet hatte. Er rieb über seine Augen, hustete wieder und schüttelte den Kopf. »Ich will ehrlich zu dir sein, Alex.«
»Und?«
»Die Beschreibung ist zwar gut, aber ich vermisse Hinweise auf eine spezielle Kennzeichnung dieser Person. Das Gesicht mag für dich so etwas wie das Abziehbild des Teufels gewesen sein, aber wenn du es dir überlegst, ist es ein Allerweltsgesicht. Ich brauche dir nicht zu sagen, daß unsere Fahndung damit nicht viel anfangen kann.«
»Das stimmt leider.«
»Dann müssen wir anders vorgehen.«
»Wie denn?« rief Alex verzweifelt.
»Über Vera.«
Preston dachte nach. »Das wäre nicht schlecht. Ich habe mich schon bei ihr für heute angemeldet. Ich werde sie gleich besuchen.«
»Wo?«
»In der Pfarrei.«
»Gut, einverstanden.« Tanner nickte. »Da du mich schon eingeweiht hast, möchte ich auch, daß du mich darüber informierst, was dein Besuch gebracht hat.«
»Das ist klar.«
Tanner merkte, daß es dem jungen Mann nicht genug war, der rutschte ungeduldig auf dem Stuhl hin und her. »Dann noch etwas, Alex.« Er wollte ihn nicht zu lange auf die Folter spannen.
»Ich habe dir genau zugehört und habe bereits während deines Berichts ein Stück weitergedacht. Ich bin lange genug im Geschäft, um zahlreiche Menschen zu kennen. Ich möchte dich zuvor etwas fragen. Sagt dir der Name John Sinclair etwas?«
Preston runzelte die Stirn und dachte nach. »Sinclair?« murmelte er. »Ja, von dem habe ich gehört. Ist das nicht der Mann, der sich mit okkulten Dingen beschäftigt? Den man den Geisterjäger nennt?«
»In der Tat.«
Alex zuckte zusammen. »Verdammt noch mal, Sir, der wäre genau richtig für uns.«
»Das denke ich auch.«
»Kennen Sie ihn denn?«
Zuerst lachte Tanner, dann bekam sein Blick etwas Versonnenes und Nostalgisches. »Und ob ich ihn kenne. Wir ärgern uns zwar oft, schimpfen uns auch gegenseitig aus, aber man kann uns schon als gute Freunde bezeichnen. Du hast mich überzeugt, Junge. Auch wenn sich der Fall als Luftblase herausstellt, so möchte ich doch nach dem Motto vorgehen: Wehret den Anfängen.«
Alex Preston stieß die Luft aus. »Puh«, sagte er, »das ist mehr, als ich erwarte konnte.« Er glaubte es noch immer nicht. »Und du wirst das tatsächlich tun?« Er war in seiner Euphorie sogar zum vertraulichen Du übergegangen.
»Du kannst dich darauf verlassen, aber du mußt mithelfen. Rede mit Vera. Mach alles so, wie du es dir vorgenommen hast und gib vor allen Dingen acht, daß dir nichts passiert. Einmal bist du entwischt. Sollte Vera auf die andere Seite gezogen worden sein, spielen Menschenleben keine Rolle. Ich kenne die Brüder.«
»Ich kann mich wehren, Sir, denn ich bin gewarnt.«
Tanner erhob sich, diesmal nieste er und schüttelte den Kopf. »Dann grüße Vera von mir - oder nein, sag ihr am besten nicht, daß wir uns unterhalten haben, Sie soll noch in dem Glauben bleiben, daß alles normal abläuft.«
»Werde ich machen.«
»Wir hören voneinander.«
Der junge Mann nickte. Seine Kehle saß zu. Er ballte die Hände zu Fäusten, Weil er gespürt hatte, daß ein regelrechter Adrenalinstoß durch seinen Körper gehuscht war.
Dann ging er.
Tanner setzte sich wieder. Er hob den Telefonhörer ab und wählte die Nummer seines Freundes John Sinclair. So hoffte er, einen Stein ins Rollen zu bringen…
***
Ich schlürfte Kaffee, Suko seinen Tee. Beide Getränke hatte Glenda zubereitet, die aussah, als hätte sie die ganze Nacht über nur geweint. Das war nicht der Fall gewesen, sie hatte sich eine Erkältung eingefangen. Deshalb kam sie uns nicht zu
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