0903 - Nächte der Angst
nahe. Sie wollte uns nicht anstecken und zog sich ins Vorzimmer zurück.
Wir hatten einen Namen, mehr aber noch nicht. Wie zwei müde Krieger hockten wir uns gegenüber und warteten auf den Rückruf einer gewissen Sarah Goldwyn, von der wir hofften, daß sie uns weiterhalf. Sollte das nicht der Fall sein, würden wir es in verschiedenen Bibliotheken und Buchhandlungen versuchen.
Zunächst aber sollte Sarah ihre Chance bekommen. Auf so etwas war sie immer heiß. Zwar hatte sie gemault, weil der Vorname zuwenig Information beinhaltet hatte, aber ihre Arbeit würde sie durchziehen, da waren wir überzeugt.
»Vielleicht sind wir auch auf dem ganz falschen Dampfer«, sagte Suko und schaute mich fragend an.
»Kann sein.«
»Und was sagt dein Gefühl?«
»Nichts.«
»Hast du einen schlechten Tag?«
»Nein, eine schlechte Nacht gehabt.«
Und dann war es wieder soweit. Das Telefon meldete sich und wenig später Sarahs Stimme, die Suko ebenfalls mitbekam, da er über Lautsprecher zuhörte.
»Na?« fragte ich nur.
»Nichts, John.«
»Ach.« Ich schniefte. »Jetzt bin ich aber platt. Dabei habe ich auf dich Hoffnungen gesetzt. Selbst Suko ist so traurig, daß er bald anfängt zu weinen.«
»Das kann er ruhig, John. Es ändert nichts an der Tatsache, daß ich über einen gewissen Lou nichts herausgefunden habe. Überhaupt ist es schon fast eine Zumutung, sich nur auf einen Vornamen zu verlassen. Lou - wer ist das schon?«
»Zumindest ist der Name relativ selten.«
»Das gebe ich zu. Aber herausgefunden habe ich nichts. Er scheint kein für die Branche bedeutendes Buch geschrieben zu haben, dann hätte ich es ja in meiner Sammlung. Du mußt schon weiter nachforschen, John. Ich glaube allerdings nicht, daß deine Chancen außergewöhnlich gut sind.«
»So macht man Menschen Mut.«
»Das habt ihr doch nicht nötig.«
»Danke, Sarah. Bis später! Grüße Jane bitte von uns.«
»Wann sehen wir uns denn?«
»Ich rufe an.«
»Ha, das hast du schon oft versprochen und…«
»Spätestens Weihnachten.«
Mit einem letzten wütenden Fauchen knallte die Horror-Oma den Hörer auf den Apparat, und Suko und ich waren wieder so schlau wie zuvor.
»Also doch die Bibliotheken und Büchereien«, stöhnte mein Freund.
»Ja.«
Um es kurz zu machen. Trotz Datenbank und Computerhilfe war kein Ergebnis festzustellen. Autoren mit dem Vornamen Lou gab es zwar, diese Bücher aber paßten nicht ins Konzept. Schulbücher und wissenschaftliche Werke und auch erotische Literatur konnten wir abhaken. Aber nicht den Fall an sich, der blieb nach wie vor an uns hängen, und ich schaute Suko über den Schreibtisch hinweg an. »Diese Spur ist erloschen. Entweder legen wir den Fall zu den Akten oder aber…«
»Ich plädiere für oder.«
»Du willst also dranbleiben.«
»Sicher.«
»Warum?«
»Weil ich den Serrano-Schwestern nicht traue. Ich könnte mir gut vorstellen, daß sie dabei sind, sich neue Pfründe aufzubauen, und da sollten wir schon achtgeben.«
»Ist auch meine Meinung.«
»Kann sein, daß wir uns die folgende Nacht wieder um die Ohren schlagen müssen.«
»Nur das nicht.«
»Und wenn dieser Lou sie wieder besucht? Wer sagt denn, daß er mit einem Besuch genug hat?«
»Wir lassen das Haus von Kollegen beobachten.«
»Wäre auch, eine Möglichkeit, aber…«
Und wieder tutete das Telefon. Diesmal war Suko schneller, hob ab, und ich hörte über Lautsprecher mit.
»Tanner, du alter Eisenfresser, womit haben wir diese Strafe verdient?«
Der Chief Inspector hustete, und seine Stimme klang auch entsprechend, als er sagte: »Nimmst du jetzt den lockeren und primitiven Wortschatz deines Freundes Sinclair an?«
»Ich bemühe mich.«
»Laß es lieber bleiben, sonst sinkst du in meiner Achtung.« Er hustete wieder, diesmal länger.
»Mal eine Frage, alter Freund. Hast du dich gestern nacht zufällig heimlich mit Glenda Perkins getroffen?«
»Wieso das denn?«
»Weil sie ebenfalls erkältet ist. Kann ja sein, daß ihr, ich meine - wegen der Ansteckungsgefahr…«
Ich konnte mir das Lachen nicht verbeißen, was auch Tanner hören mußte. »Mann!« rief er, »könnt ihr denn nicht einmal ernst sein. Da rufe ich euch an, und ihr benehmt euch wie die Schulbuben.«
»Schon gut, um was geht es?«
»Es ist eigentlich privat, wobei ich hoffe, daß ihr beide mir helfen könnt.«
»Wir sind ganz Ohr.«
Tanner wußte nicht so recht, wie er beginnen sollte. Er hustete und räusperte sich, was auf seine Erkältung, aber auch auf
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