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0909 - Das Opfer

0909 - Das Opfer

Titel: 0909 - Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Person im Rollstuhl zutrat. Romana war sich in ihrer Lage anderen Menschen gegenüber schon immer wehrlos vorgekommen. Ihr Selbstbewußtsein hatte stark gelitten. Nun aber kam sie sich noch wehrloser vor. Da war sie nichts anderes als eine kleine, zittrige Person, auf die ein übermächtiger Feind zuschwebte, um sie zu fressen. Wie ein Frosch das Insekt.
    Sie besaß das Messer. Den Griff spurte sie in der rechten Hand, und plötzlich kam ihr die Waffe lächerlich vor. Sie hätte sie ebenso wegwerfen können, auch schien die Gestalt die Klinge nicht zu beachten.
    Sie hatte nur Augen für Romana.
    Augen?
    Seltsame Augen. Tote Augen, die trotzdem lebten. Die junge Frau kannte sich da nicht aus. Es fiel ihr schwer, eine Beschreibung zu geben, aber irgendwo war das schon der Fall. Augen ohne Leben, aber trotzdem etwas ausstrahlend, das ihr einen Schauer über den Körper rieseln ließ. Vielleicht lag tief in den Pupillen eine schreckliche Gier, und sie wußte ja, daß Vampire gerade auf ihr Blut scharf waren. Das Blut der Menschen, sie wollten es trinken, sie wollten sich dadurch regenerieren, sie wollten weiterleben, auf ihre Art und Weise.
    Dann zuckte sie plötzlich zusammen, als die Gestalt den Mund öffnete. Die Vampirzähne kannte sie bereits. Sie hatte sie gesehen, und sie waren in ihrer Erinnerung geblieben, ebenso wie die nächtlichen Besuche der Gestalt. Nie aber hatte sie diese Zähne so deutlich erlebt wie zu dieser Stunde. In der Nacht waren die Erinnerungen mehr verschwommen gewesen, da hatte Romana auch nicht gewußt, ob sie träumte, halbwach war oder richtig wach.
    Alles war an diesem Tag anders. Auch das Erscheinen eines Blutsaugers bei Tageslicht, wobei es nicht sehr hell war, denn der Dunst umgab Haus und Garten nach wie vor. Sie mußte sich immer wieder verdeutlichen, daß das, was sie jetzt sah, auch in der Wirklichkeit ablief und sie nicht in irgendeinem Film steckte, in dem sie die Hauptrolle spielte, der aber plötzlich zu Ende war.
    Es kam ihr nicht zu Bewußtsein, daß sie den rechten Arm anhob. Das Messer machte die Bewegung mit, und der namenlose, unheimliche Eindringling lächelte plötzlich.
    Es schien ihm zu gefallen, daß er bedroht wurde. Er kam sogar noch näher an den Rollstuhl heran und schaute auf die sitzende Frau mit dem Messer nieder.
    Romana hatte die rechte Hand gekantet, so daß die Klinge in die Höhe schaute. Der Vampir blickte direkt auf die Spitze, was ihm nichts ausmachte, denn er schüttelte lächelnd den Kopf. Einen Moment später fing er an zu sprechen. Seine Worte klangen kehlig, sie drangen wie unsichtbare Wolken der jungen Frau entgegen, und sie schauderte zusammen.
    »Du hast ein Messer, Frau. Ich sehe, daß du ein Messer hast. Ja, ich kann es erkennen. Ich liebe Messer. Ich liebe sie sehr. Im Gegensatz zu den Menschen brauche ich mich vor ihnen nicht zu fürchten. Messer sind etwas Wunderbares.« Er lachte leise, ging etwas in die Knie und breitete die Arme aus. »Da, schau auf meine Brust! Schau genau hin. Ich gebe dir die Chance, das Messer einzusetzen. Nimm es und stoße es in meinen Körper!«
    Romana Kendrake hatte die Worte verstanden, und trotzdem glaubte sie, sich verhört zu haben.
    Was sollte sie tun?
    Ihm das Messer in die Brust rammen?
    Es war nur natürlich, daß sie mit diesem Vorschlag nicht zurechtkam. Er hatte sie ziemlich stark verwirrt, aber sie hielt ihn auch nicht für einen Spaß. Da mußte schon mehr dahinterstecken.
    Romana dachte daran, was sie über Vampire wußte. Ihr fiel ein, wie diese untoten Wesen getötet werden konnten. Da gab es verschiedene Möglichkeiten: einen Eichenpflock, Knoblauch, fließendes Wasser, Kreuze, und Silberkugeln.
    Auch durch Messer?
    Nein, das hatte sie noch nie gehört, auch nicht gelesen. Es war ihr neu, und deshalb glaubte sie auch nicht daran, daß die Klinge den Vampir töten konnte.
    Er wollte sie testen.
    Er wollte einfach versuchen, wie weit sie ging. Wenn er es geschafft hatte, dann…
    »Tu es!«
    Seine Stimme zischte. Sie klang fordernd und hart zugleich. Sie duldete keinen Widerspruch. Er wartete darauf, daß sie sich endlich bewegte und auch so handelte, wie er es sich gewünscht hatte.
    Noch zögerte die Frau.
    »Tue es!«
    »Und dann?«
    Zum erstenmal seit seinem Erscheinen hatte sie sprechen können, aber sie erkannte ihre Stimme kaum wieder.
    Sie war ein akustisches Spiegelbild ihrer Gefühle. Romana fühlte sich in ihrem eigenen Körper als eine fremde Person.
    »Los!«
    »Aber…«
    »Tu es

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