0913 - Das Gespenst
er voller Stolz vor sich hertrug.
Auch McDuff hatte zum Fenster geschaut und Mary Sinclair in der Küche gesehen. Er winkte ihr zu, und die Frau lief zur Tür, um dem Polizisten zu öffnen.
***
Hufschlag!
Kein Irrtum, keine Einbildung, keine Täuschung. Er war zwar nicht unbedingt aufgeklungen, aber er war auch nicht zu überhören gewesen, und Sven Hansen dachte sofort an den hohen Schatten und auch an den Reiter, den er zu sehen geglaubt hatte. Der Hufschlag paßte dazu. Er hatte sich nicht geirrt. Es gab ihn, es war keine Einbildung, es war auch kein Traum gewesen.
Hansen bewegte sich nicht. Er blieb in seiner »Höhle« und lauschte, weil er herausfinden wollte, wohin der unheimliche Reiter ritt. Ob er in seiner Nähe blieb oder sich zurückzog.
Er blieb…
Der Hufschlag veränderte zwar seine Lautstärke, weil auch der Reiter die Position nie einbehielt, aber er war vorhanden, und nichts deutete daraufhin, daß er auch verschwand.
Er wurde mal leiser, dann klang er lauter auf. Anhand der Geräusche stellte Hansen fest, wohin der Mann ritt.
Er umrundete die Kapelle.
Einmal, zweimal…
Plötzlich war der Hufschlag verklungen. Nichts drang mehr an die Ohren des einsamen Mannes.
Erst jetzt konnte Hansen tief durchatmen. Der Druck in seinem Kopf blieb jedoch.
Hansen war mittlerweile in der Lage, wieder einigermaßen klar zu denken. Daß er den Hufschlag nicht mehr hörte, bewies nicht, daß der Reiter sich auch zurückgezogen hatte. Er hatte sicherlich nur angehalten, um eine gewisse Spanne vergehen zu lassen. Wenn er schon auf die Kapelle zugeritten war, mußte er dafür seine Gründe gehabt haben, und die hingen sicherlich mit denen zusammen, die Hansen einzig und allein auf sich beziehen konnte.
Er hatte Besuch bekommen. Aber dieser Besuch ließ sich nicht blicken. Er wartete nach wie vor ab und bestimmte allein, wie es weiterging. Hansen hörte sich selbst atmen. Auch der Druck in seiner Brust wollte nicht nachlassen. Er fühlte sich unwohl, er war nervös geworden. Die Dunkelheit in den Ruinen der Kapelle störte ihn gewaltig, und er warf einen Blick dorthin, wo sich die leeren Fensterhöhlen befanden, ohne allerdings etwas Genaues sehen zu können. Der Schatten des Reiters, mit dem er gerechnet hatte, malte sich da nicht ab.
Er wartete also in einer sicheren Deckung, um dann etwas zu unternehmen.
Aber was?
Hansens Körper war während der Bewegungslosigkeit starr geworden, was er nicht gut fand. Es konnte durchaus sein, daß er sich wehren mußte, und deshalb bewegte er sich jetzt vorsichtig auf den Ausgang seiner »Wohnung« zu. Er hatte sich mit seiner Taschenlampe bewaffnet, das Messer steckte griffbereit in seinem Gürtel, er würde sich also verteidigen können, wenn es nötig war.
Schließlich mußte dieser Reiter nicht unbedingt ein Freund sein.
Hansen hatte sich so weit vorgeschoben, daß ihn nichts mehr daran hinderte, sich aufzurichten. Er schob sich in die Senkrechte hinein, ging noch einen Schritt vor und dachte nicht mehr an die steinernen Hindernisse, die überall auf dem Boden verteilt lagen. Das Stolpern konnte er nicht vermeiden und auch den nachfolgenden Sturz nicht. Seine Knochen waren eben nicht mehr so beweglich wie sonst. Er stieß sich an einer Steinkante sein rechtes Knie, unterdrückte einen Schmerzlaut und überstieg das verfluchte Hindernis.
Etwa einer Körperlänge von seiner Höhle entfernt blieb er stehen und wartete darauf, daß sich etwas tat. Vielleicht bewegte sich der Reiter ja weiter, dann würde wieder der Hufschlag aufklingen, der sich auf dem steinernen Untergrund außerhalb der Kapelle so hell angehört hatte, doch diese Chance bekam Hansen vorerst nicht.
Es blieb still.
Er drehte sich nach links. Dort lagen die meisten Höhlen in der Ruinenmauer. Früher waren dort die Fenster gewesen. Sie waren sein Ziel. Er mußte hinausschauen, denn nur dann, wenn er einen freien Blick hatte, konnte er erkennen, ob sich der Reiter noch immer in der Nähe aufhielt oder nicht.
Er hätte sich den Weg leuchten können, davor schreckte er aber zurück, denn Hansen wollte kein Ziel bieten. Es war in seiner Umgebung so still, daß er seinen eigenen Herzschlag hörte.
Bis zu den Löchern in den halb zerstörten Wänden war es nicht weit. Er blieb neben dem ersten stehen, drückte den Kopf vor und peilte in die Nacht hinein.
Noch immer stand die Luft über der Landschaft wie eine unsichtbare Wand. Sterne und ein fast voller Mond gaben einen bleichen Glanz ab.
Es war
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