0913 - Das Gespenst
gefährliche Hölle. Ein monströses Gemetzel, denn Männer verschiedener Parteien, ob zu Fuß oder auf den Rücken ihrer Pferde, schlugen mit Schwertern aufeinander ein, rammten Lanzen nach vorn, um den Gegner zu treffen und somit zu töten.
Rauch verdeckte einen Großteil der Sicht. Im Hintergrund loderten dunkelrote Feuer wie zittrige Fahnen im Wind. Die Schreie der Sieger und Besiegten vermischten sich miteinander. Andere waren besonders laut und triumphierend, während die der Besiegten so schrecklich klangen, so schmerzvoll und furchtbar.
Blut floß in Strömen und tränkte den staubigen Boden. Der Himmel war eigentlich dunkel, doch die Feuerarme griffen in die Höhe wie tanzende Geisterleiber, als wollten sie den Himmel für sich haben und ihn besetzt halten.
Sie rissen große Löcher in die Finsternis, und auf dem Boden des Schlachtfeldes trommelten die Hufe der Pferde ein wildes Stakkato. Der Boden vibrierte. Der Staub trieb als dichtes Fahnennetz über das Schlachtfeld hinweg, und immer wieder tauchten die Kämpfer aus diesen Staubwolken auf und schlugen aufeinander ein.
Sven Hansen, der auch weiterhin beobachtete, wußte nicht, wer Freund oder wer Feind war. Jeder schien gegen jeden zu kämpfen, aber es waren die Reiter, die die Oberhand behielten. Schwerter und Lanzen waren vom Blut gezeichnet.
Irgendwo ertönte eine Fanfare. Der Klang wehte über das Schlachtfeld hinweg. Hansen hörte auch das Donnern der Hufe.
Eine Partei zumindest bekam Verstärkung. Hansen fragte sich, ob sein Glück noch weiter anhalten würde, bis jetzt hatte man ihn noch nicht entdeckt. Das aber konnte sich bald ändern, und Hansen wollte weg. Auch in dieser Zeit siegte der Überlebenstrieb.
Schreie hallten wie ein Donnersturm über das Schlachtfeld. »Tod den Katharern! Nieder mit den Ungläubigen! Nieder mit den Ketzern! Tötet sie im Namen des Heiligen Stuhls…«
Die Stimmen verklangen, aber Hansen wußte jetzt um was es ging.
Er war hier in einen Glaubenskrieg hineingeraten, von denen es viele im Mittelalter gegeben hatte.
Leider kannte er sich in der französischen Geschichte nicht aus, um zu wissen, in welches Kampfgetümmel ihn das Schicksal verschlagen hatte.
Er mußte warten und hoffen.
Flach hatte er sich auf den Boden gelegt und schaute durch die Lücken des Gestrüpps hindurch.
Die Männer kannten keine Gnade. Jeder wollte den Tod des anderen. Rücksicht gab es nicht. Sven Hansen bekam die Brutalität des Krieges genau zu spüren. Es war eben diese Hautnähe, die ihn so erschreckte. Er roch das Blut. Dampfend schoß es aus den Wunden und verteilte sich am Boden.
Noch lag er am Rand der Schlacht. Seiner Meinung nach befand sich das Zentrum dort, wo die Feuer loderten, aber da war die Erde bereits verbrannt, da konnte nicht mehr viel gesiegt oder verloren werden. Also würde sich die Schlacht verlagern und sicherlich auch in seine Nähe geraten.
Er wollte und mußte weg. Egal wohin. Vielleicht einen Unterschlupf finden, ein Versteck, wo er zur Ruhe kam und sich Gedanken machen konnte. Es würde schwer sein, sehr schwer sogar, doch eine andere Lösung gab es nicht für ihn.
Hansen schaffte es, sich unter dem dornigen Gebüsch hinweg ins Freie zu drücken. Staub wallte ihm entgegen. Er legte sich auf sein Gesicht und hielt die Luft an. Er mußte immer damit rechnen, von irgendwelcher Seite angegriffen zu werden, deshalb schaute er sich permanent um, während er seine Flucht begann. Die Richtung stand fest. Nur weg vom Feuer und hinein in die Nacht, wo die Dunkelheit noch normal war und hoffentlich keine Soldaten lauerten. Einen Ort finden, um sich zu verstecken, das alles schoß durch seinen Kopf. Im Moment ging es nur um sein Leben. Daß er sich in einer anderen Zeitepoche befand, diesen Gedanken hatte er wieder verdrängt. Es hätte ihn auch zu sehr verwirrt. Und Zusammenhänge bekam er sowieso nicht mit.
Deshalb weg, nur weg!
Und der Mann aus der Zukunft rannte in die Vergangenheit so schnell er nur konnte…
***
Suko und ich waren nach Hause gefahren, und ich konnte nicht behaupten, daß es mir besserging.
Ich hatte McDuff verständigt, ohne ihm alles zu erklären. Er brauchte es nicht zu wissen, denn ich wußte, daß er damit nicht klarkommen würde. Er kannte meine Eltern, er kannte mich, um uns das nötige Vertrauen entgegenzubringen, und er hatte nichts dagegen, den Schutz für meinen Vater zu garantieren, wobei ich ihm keine Hinweise hatte geben können, von wem mein alter Herr genau bedroht
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