0913 - Das Gespenst
hinter der Scheibe aufhielt.
Er wartete auf ihn, und der Mann wußte es.
Noch als McDuff bei ihm saß, hatte er den plötzlichen Ansturm in seinem Kopf gespürt. Es war wie eine Botschaft gewesen, ein erstes Zeichen, sich bereit zu halten. Es war für den ehemaligen Anwalt nicht einfach gewesen, sich zu beherrschen, aber er hatte es letztendlich geschafft. Doch jetzt war die Zeit reif.
Er konnte nicht mehr anders.
Gebückt blieb er stehen und starrte die Tischplatte an. Sinclair atmete schwer. Den Mund hielt er weit offen, Speichel floß hervor und tropfte auf den Tisch. Er hob den Kopf an, schaute in die Küche, aber er sah eigentlich nicht das, was ihm seine Augen boten. Der Blick wirkte so, als glitte er durch Wände und Türen hindurch, um in der Ferne einen Fixpunkt zu finden. Er mußte ihm folgen.
Es gab da ein straff gespanntes Band, das nicht sichtbar war, an dem er aber trotzdem hing. Und er würde diesem Band folgen.
Etwas Störte ihn. Es drang in seine Gedankenwelt. Es waren Tritte. Er warf einen raschen Blick zum Fenster, wo sich die schwarze Masse noch immer zeigte, dann schaute er auf die Tür, die sich genau in diesem Moment öffnete.
Mary Sinclair betrat den Raum. Mit der rechten Hand umfaßte sie den Griff eines Korbs, aus dem die Hälse mehrerer Flaschen schauten. Nicht nur Bier, sondern auch Saft und Wein.
»So, Horace, ich bin wieder…« In diesem Augenblick erkannte Mary, was mit ihrem Mann geschehen war. Er stand hinter dem Tisch, hatte sich hoch aufgerichtet, den Kopf, etwas angehoben, damit er zur Tür blicken konnte.
»Mein Gott, Horace!«
Sinclair bewegte sich rasch. Mit gleitenden Schritten verließ er seinen Platz, um auf die Frau zuzugehen. Mary Sinclair erfaßte erst jetzt, was mit Horace geschehen war, und sie konnte den mit Flaschen gefüllten Korb nicht mehr halten.
Der Griff war durch den Schweiß glatt geworden, er rutschte an ihrer Hand entlang, die sich langsam öffnete. Das Gewicht zog den Korb nach unten.
Er landete auf dem Boden.
Die Flaschen klirrten gegeneinander. Ob einige von ihnen zerbrachen oder nicht, das war Mary egal.
Sie starrte einzig und allein auf ihren Mann, der sich wieder so schrecklich im Gesicht verändert hatte, denn diesen Ausdruck kannte sie. Sie hatte ihn zwischen seinen würgebereiten Händen gesehen, und die plötzliche Angst war wie eine wahnsinnige Flamme, die sie erwischte.
»Horace…!« keuchte sie.
»Weg, weg, verdammt! Geh mir aus dem Weg! Ich will dich nicht sehen!«
»Nein, Horace, du bleibst!«
Er ging noch einen Schritt vor. Dann noch einen. Und plötzlich war er nahe genug, zu nahe, als daß Mary seinen Armen noch hätte ausweichen können.
Das wußte Horace, und er griff blitzartig zu. Wie harte Eisenklammern legten sich die Hände um die Schultern der Frau, die er herumdrehte. Willenlos ließ sie sich zurückschieben, quer durch die Küche. Dort auf eine Wand zu. Es war die Schrankwand, hinter der sich Lebensmittel befanden.
Horace F. Sinclair löste die rechte Hand von der Schulter seiner Frau. Dann schlug er zu.
Es klatschte, als er die Wange seiner Frau traf. Mary sank zusammen, wurde aber von der anderen Hand gehalten und schrie nicht einmal. Sinclair riß die rechte Tür auf.
Der Spalt war groß genug, um den Körper seiner Frau hineindrücken zu können.
Das brachte er blitzschnell hinter sich, und er drückte Mary noch in die Knie. Dann schloß er die Tür wieder, zog den Schlüssel ab und warf ihn weg.
Erledigt. Keine Probleme mehr. Und würde jemand auftauchen, würde er ihn zur Seite räumen.
Er zog eine Schublade auf und holte ein breitklingiges Küchenmesser hervor.
Wenig später stand er vor seinem Waffenschrank. Er konnte unter mehreren Gewehren wählen und entschied sich für eine moderne Jagdflinte mit Zielsucher.
So bewaffnet näherte er sich der Tür und verließ das Haus.
Auf ihn warteten die Nacht und die andere Kraft…
ENDE des ersten Teils
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