0913 - Das Gespenst
Männer schrieen und spuckten sich an.
Ihre Gesichter waren nicht mehr als menschlich anzusehen. In ihnen lag der Haß. Er paarte sich mit dem absoluten Willen, zu überleben.
Die beiden Soldaten hatten eingesehen, daß sie auf die Art und Weise, wie sie kämpften, nicht zum Ziel kamen. Sie versuchten es mit einer anderen Taktik.
Der noch Unverletzte von beiden sprang plötzlich aus der Reichweite des feindlichen Schwertes zurück, lief dann sehr schnell, um einen Bogen zu schlagen. Seine Taktik war klar. Er wollte in St.Clairs Rücken gelangen, um ihn hinterrücks zu töten.
Das wußte auch Hansen.
Der Mann war ihm wichtig. Er mußte etwas tun. Zwar besaß er keine Waffe, aber es mußte ihm irgendwie gelingen, den Soldaten abzulenken. Einen Helm trugen beide nicht. Die dunklen Haare wirbelten wirr um ihre Köpfe, und Hansen hob die Lampe an, um dem Mann in die Augen zu leuchten.
Der Soldat fluchte. Er war geblendet worden, riß den linken Arm hoch und ging zurück.
Das machte Hansen mutiger. Er wollte seinen Erfolg ausweiten, den anderen noch weiter blenden und - wenn möglich - ihm dabei die Waffe entreißen.
Hansen hatte sich zuviel vorgenommen und auch den anderen unterschätzt, der es trotz der Blendung schaffte, sein Schwert einzusetzen. Während Sven vorging, schlug er zu.
Hansen sah es. Er zuckte noch zur Seite, aber er war nicht schnell genug.
Das Schwert erwischte ihn. Er spürte schon den heißen Schmerz, der durch seinen Körper raste, und plötzlich sah er auch Blut aus seiner Wunde quellen. Die Beine wurden ihm schwer, und es gelang ihm nicht, sich auf den Füßen zu halten.
Hansen sackte in die Knie.
Der andere kam.
Das Schwert sollte noch einmal in Aktion treten und Hansen den Kopf abschlagen.
Im selben Augenblick wischte etwas auf den Soldaten zu und fuhr hautnah an dem knienden Hansen vorbei. Er sah nur einen silberfarbenen Streifen und hörte den dumpfen Aufprall, als sich die von St. Clair geworfene Waffe in die Brust des anderen bohrte und ihn gegen die Wand trieb.
Seine Arme zuckten unkontrolliert, dann brach er zusammen, wo er stand, und blieb tot liegen.
Auch der am Kinn verletzte Soldat lebte nicht mehr. Ein Schwerthieb hatte seinen Kopf beinahe gespalten.
St. Clair holte sich sein Schwert zurück. Er stützte sich auf der mit Blut befleckten Klinge ab, als er neben Sven Hansen in die Knie ging.
Hansen schaute ihn an. »In meinem Körper wühlen die Schmerzen!« keuchte er. »Ich habe Scheiße gebaut. Ich bin selbst schuld. Ich werde sterben, ich bin getroffen.«
St. Clair ging nicht darauf ein. »Wir müssen uns beeilen«, sagte er nur.
Hansen glaubte, sich verhört zu haben. »Wie meinst du das denn?«
»Es wird dabei bleiben.«
»Ich soll wieder…«
»Du wirst zurückkehren, das mußt du mir glauben.« Er richtete sich auf und kümmerte sich nicht mehr um den Verletzten. St. Clair wandte ihm den Rücken zu. Über die Leiber der Toten schaute er hinweg auf die offene Tür. Er selbst war nicht verletzt, abgesehen von einigen Schrammen. Darum kümmerte er sich jedoch nicht.
Es war ziemlich still geworden. Nur der Verletzte atmete heftig. Er starrte gegen den Rücken des Ritters und sah plötzlich, daß sich St. Clair etwas bewegte.
Eine Wolke schwebte in das Haus. Düster und gewaltig, wie eine Drohung und Hansen wußte Bescheid. Er kannte dieses Gebilde. Es war keine Wolke, es war das Gespenst, das er schon in seiner Zeit entdeckt und auch erlebt hatte.
St.Clairs unheimlicher Begleiter.
Der Mann hatte das Schwert wieder weggesteckt und breitete die Arme aus, um seinen Begleiter zu empfangen. Die bullige Wärme verließ den Raum, sie wurde von einer seltsamen Kälte verdrängt, die auch Hansen erfaßte.
Näher und näher kam das Gespenst. Der Kuttenschatten drückte sich gegen ihn, und plötzlich glaubte Hansen, sich in einem Traum zu befinden, auch wenn seine Schmerzen geblieben waren.
Es mußte einfach an der Gegenwart des Gespenstes liegen, daß sich seine Umgebung veränderte. Da zogen sich die Wände zusammen und rückten zugleich von ihm weg. Er starrte gegen den feinstofflichen Körper, er sah ihn größer und zugleich kleiner werden. Auch St. Clair war so weit weg, aber er hörte noch die Stimme des Mannes.
»Du bist der Bote. Du wirst es ihnen sagen, du wirst alles melden, alles, hörst du…?«
Sven Hansen schaffte die Antwort nicht. Er spürte nur, daß er durch den Blutmangel immer schwächer wurde. Aber er wurde nicht bewußtlos, während alles um
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