0914 - Der Fluch der Sinclairs
stand, der Druck lastete auf ihm wie schweres Eisen, aber er bekam alles mit.
Seine Gehirnfunktionen waren nicht oder kaum beeinträchtigt. Ob ihn Hände anfaßten, Klauen nach ihm griffen, sich Haken in seine Kleidung zerrten, all das konnte stimmen, mußte aber nicht sein, denn der Schatten hatte die Kontrolle übernommen und zog ihn weiter.
Weg von seinem Sitz.
Raus aus dem Wagen.
Hinein in die kalte, stürmische Luft!
Das alles waren äußerliche Einflüsse, gegen die er sich nicht mehr wehren konnte. Aber auch in seinem Kopf herrschte plötzlich eine Leere. Er hätte sich fürchten müssen, was er nicht tat. Er hätte schreien müssen, was ebenfalls nicht der Fall war.
Durch die weit offenstehende Tür wurde er aus dem Fahrzeug ins Freie gezerrt.
Dort hätte er eigentlich zu Boden fallen müssen, aber die Kraft des Schattens war stärker. Sie behielt ihn über dem Boden in einer waagerechten Lage, und die Gräue umgab den Mann von allen Seiten.
Er riß die Augen auf, weil das Gesicht des Schattens jetzt genau über ihm schwebte, doch das Gesicht existierte nicht in Wirklichkeit.
McDuff schwebte über die Straße. Da er dabei nach vorn schauen konnte, bekam er auch mit, wie die Tür ins Schloß fiel.
Der Weg war auch versperrt.
McDuff war zu einer Beute des unheimlichen Schattenmonstrums geworden, und er machte mit ihm, was er wollte. Er trieb ihn weg. Der Sergeant wurde in die Höhe gerissen, als sollte er selbst ein Teil der grauen und immer tiefer hängenden Wolken werden. Ein Spielball, eine Puppe, eingehüllt von dieser ungewöhnlichen Gräue und von einem Schatten, der über ihn zu bestimmen hatte.
Ob es ein bestimmter Wind war, der ihn erfaßte, konnte McDuff nicht sagen. Jedenfalls blieb er nicht mehr in seiner ursprünglichen Haltung liegen. Er wurde herumgewirbelt, war weiterhin umhüllt, und eine fremde Kraft stieß ihn noch höher.
Wohin?
Er wußte es nicht. Er konnte auch nicht mehr denken. Er wollte schreien, aber ein kalter und unsichtbarer Würgeschal um den Hals machte dies unmöglich.
McDuff hatte zu den Sinclairs gewollt. Genau in diese Richtung wurde er auch getrieben, während sein Fahrzeug mitten auf der Straße stand wie verloren, als sollte es sich schon jetzt einen neuen Besitzer suchen.
Der Schatten trieb ihn weiter - und höher.
Trotzdem wußte McDuff nicht, wo beide in die Wolken eingetaucht waren. Die ihn umgebende Gräue nahm ihm jeden Sichtkontakt, aber ihn führte der Weg weiter.
Der Himmel war für ihn plötzlich zu einer Hölle geworden. Nur anders, als er sie sich vorgestellt hatte. Eine Hölle, in der sich einiges bewegte, in der die Schatten regierten, die eisige Kälte das Normalste der Welt war, in der sich ein Mensch alles andere als wohl fühlen konnte.
McDuff schloß zwar mit seinem Leben nicht ab. Er wußte allerdings auch, daß er es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen konnte und zu einer Beute geworden war.
Wie langsam oder wie schnell man ihn weitertrieb, überriß er nicht mehr. Aber der Schatten nahm keine Rücksicht, er führte den Menschen, sogar durch den Baum hindurch, der vor dem Haus der Sinclairs stand.
McDuff spürte in seinem Gesicht das Laub. Es klatschte oder streichelte seine Haut. Zweige und kleinere Äste bogen sich ihm entgegen, sie hinterließen auf seiner Haut Schrammen, aber er spürte kaum noch Schmerzen. Sein Schicksal ließ sie ihn vergessen.
Er hatte den Baum nur gestreift und wurde weiterhin durch die Luft gewirbelt.
Höher, noch höher…
Dann drehte ihn die andere Kraft auf den Bauch, so daß er jetzt nach unten schauen konnte.
Zum erstenmal sah er wieder ein Ziel unter sich. Es lag dort wie gemalt. Wegen seiner weit geöffneten Augen konnte er sogar die Einzelheiten des Dachs erkennen.
Überall an seinem Körper spürte er die kalten Berührungen. Er wurde noch mehr in die Höhe gehievt. Es kam ihm vor, als wollte dieses Schattenwesen einen Anlauf nehmen.
Das war der Fall.
Plötzlich löste sich die Klammer.
Er spürte sie nicht mehr.
Aber er war auch nicht glücklich darüber.
McDuff fiel nach unten. Er sah das Dach wie eine verschwommene graue Fläche, die sich in ein großes Gewässer verwandelt zu haben schien. Sie kam näher, immer näher.
Sie wartete darauf, ihn zu schlucken.
Da löste sich der Schrei aus seinem Mund.
Zugleich hörte er das Krachen, als sein Körper mit ungeheurer Wucht auf das Dach schlug…
***
Vor dem Duschen hatte mein Vater noch etwas essen wollen. Jetzt aber war ihm der
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