0914 - Der Fluch der Sinclairs
Appetit vergangen, denn der Ausfall der Telefone hatte auch ihn geschockt.
Wie so oft saßen wir wieder in der Küche beisammen. Es war eine große und gemütliche Wohnküche.
Horace F. Sinclair schaute mich an. Mit leiser Stimme stellte er eine Frage. »Wie, mein Sohn, können wir dieser Falle wieder entwischen?«
Ich hob die Augenbrauen. Für meine Antwort ließ ich mir Zeit, undes war auch kein Patentrezept, das da aus meinem Mund drang. »Ich habe keine Ahnung, Vater. Ich kann dir beim besten Willen nicht sagen, wie wir es schaffen sollen.«
»Aber du gibst mir recht, daß es eine Falle ist?«
»Es läuft darauf hinaus«, schwächte ich meine Antwort ab.
»Ja, akzeptiert.« Er schaute seine Frau an. »Mary, du bist eine Sinclair, du bist ebenfalls ein Sinclair«, sagte er zu mir und meinte dann sich selbst. »Wir alle sind vom Fluch der Sinclairs betroffen. Ich glaube nicht, daß ich mit diesen Worten ein Horrorszenario an die Wand malte. Wir alle sind betroffen. Wir sind eine Familie. Wir sitzen im selben Boot, und wir werden dafür sorgen müssen, daß es nicht kentert. Aber wie-, zum Teufel, sollen wir es schaffen? Bisher hat sich weder der Reiter noch sein ihn begleitender Schatten gezeigt: Wir wissen, daß der Reiter St.Clair heißt, eine Gestalt aus der Vergangenheit ist, die längst hätte tot sein müssen, aber überlebt hat. Wie ist das möglich? Wie kann jemand in dieser nicht feinstofflichen Gestalt überleben? John, du bist angesprochen. Du bist der Fachmann, du könntest uns eine Antwort geben.«
»Sicher.«
»Und? Was hast du dir vorgestellt?«
»Dad«, sagte ich, »auch wenn du mich für einen Versager hältst, ich kann dir nichts Konkretes sagen. Natürlich habe ich meine Vorstellungen von bestimmten Dingen, aber mit konkreten Einzelheiten kann ich beim besten Willen nicht dienen.«
»Das ist schlecht.«
»Weiß ich.«
»Aber ich bin nicht enttäuscht von dir, Junge. Es gibt immer wieder Dinge im Leben, mit denen man nicht zurechtkommt. Die einem über den Kopf gewachsen sind. Man muß Lehren annehmen, das habe auch ich erfahren müssen. Ich hätte nie gedacht, daß mir so etwas widerfahren könnte. Aber jetzt ist es passiert, und ich bleibe dabei.«
»Und weiter?«
»Ich bin am Ende mit meiner Weisheit. Ich muß dankbar sein, daß ich nicht das getan habe, was man von mir verlangte. Aber ich hätte trotz allem gern etwas mehr durch die Bewegung mit dem Reiter erfahren, doch St.Clair hielt sich leider geschlossen. Er wollte einfach nicht mehr sagen.«
»Vielleicht konnte er es auch nicht«, sagte meine Mutter.
»Wie kommst du darauf?«
»Na ja, weil - ähm, es ist ganz einfach. Weil dieser Schatten ihn daran gehindert hat. Wenn beide getrennt gewesen wären, hätten wir die Lösung möglicherweise bekommen. Oder was meinst du dazu, John?«
»Das wäre schon möglich, Mutter.«
»Aber wir wissen es nicht«, sagte mein Vater. »Wir sitzen hier wie Dummköpfe, lassen uns manipulieren und warten darauf, daß etwas geschieht. Ich weiß, John, wie es in dir aussieht, weil ich mich kenne. Man wird hier beinahe verrückt, weil nichts geschieht, und das geht mir verdammt tief unter die Haut.«
»Kein Widerspruch, Vater.«
»Aber können wir uns diese Untätigkeit leisten, John?«
»Nein.«
»Eben.«
»Aber wir können auch nichts tun, Vater. Oder weißt du, wo wir ansetzen sollen?«
»Das ist eben unser Problem. Man hat die Falle dichtgemacht. Ich kann mir zudem vorstellen, daß unsere Feinde oder unser Feind nur darauf wartet, daß wir das Haus verlassen. Dann wird er zuschlagen, dann kann er uns auf freier Wildbahn jagen. Da wird es dann böse, sehr böse für uns, und die Überlebenschancen könnten sich verringern.« Er lachte auf. »Ihr braucht doch nur aus dem Fenster zu schauen. Denkt ihr denn, daß die Dunkelheit für diese Zeit normal ist? Nein, das ist sie nicht. Ich gebe zu, daß es düstere Tage gibt, dann aber sind sie anders, ganz anders. Diese Dämmerung muß einen anderen Ursprung haben. Sie ist nicht von der Natur geschickt worden. Ich habe mir die Formation der Wolken vorhin sehr genau angeschaut und bin zu der Überzeugung gelangt, daß sich darin ein Schatten, wie er mir begegnet, sehr leicht verstecken kann. Eine bessere Deckung kann er sich nicht vorstellen. Er kann kurzfristig erscheinen, so daß wir ihn erst sehen, wenn es bereits zu spät ist.«
»Stimmt.«
»Was tun wir, John?«
Ich lächelte schief, weil ich wußte, worauf mein Vater hinauswollte. »Du
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