0914 - Stygias Angriff
Long zufrieden feststellte. Es genügen doch wirklich oft kleine Dinge, um eine große Wirkung zu erzielen. »Was erwartet ihr also von mir?«, fragte er laut.
»Wir hatten gehofft, oh Großmächtiger, dass Ihr herausfinden könntet, was sie vorhat. Wenn es etwas ist, das die Hölle in ihrer Existenz gefährdet, dann…«
»Gequirlte Flugaffenscheiße!«, brüllte DER CORR, der sich immer noch nicht befreien konnte. »Stygia ist einfach ein Dorn im Auge jedes Dämons in der Hölle, der etwas auf sich hält! Sie spielt sich nur auf, das ist alles!«
»Nicht ganz«, meinte Astaroth. »Ich gebe zu, ihre letzten gefährlichen Schachzüge hat sie in der Tat unternommen, um Lucifuge Rofocale loszuwerden. Und da habt Ihr ja durchaus ein gemeinsames Ziel gehabt, Fürst. Nur - wenn sie jetzt noch einen draufsetzen will, dann habe ich die Befürchtung, dass sie alles andere als nur ein einfaches Kunststückchen plant.«
»Als ob diese Nachgeburt einer räudigen Ziege des großen Yog-Sototh das könnte!«, grollte DER CORR.
»Nun, sie hat es bereits ein- oder zweimal geschafft, Zarkahr! Es ist wohl kaum dienlich, wenn du das klein redest, auch wenn du Stygia für die dümmste Dämonin aller Zeiten hältst.« Zarkahr protestierte und wurde immer wütender, nicht zuletzt, weil Fu Long ihn immer noch nicht freigegeben hatte. Doch Astaroth blieb ihm nichts schuldig und schon bald war der schönste Streit im Gange.
Der chinesische Vampir lauschte dem Schlagabtausch der beiden Erzdämonen und überlegte dabei. Vielleicht hatte Astaroth recht. Fu Long hielt Stygia nicht für wirklich intelligent, aber doch für so klug und umsichtig, dass er nicht den Fehler begehen wollte, sie zu unterschätzen. Als er sich jetzt die Szene vor kurzem in Stygias Domizil wieder ins Gedächtnis rief, musste er Astaroth recht geben. Da war eine Selbstzufriedenheit in Stygias Ansprache gewesen, die ein wenig beunruhigend war. Fu Long hatte dank seiner Quellen eine gewisse Ahnung, was sie plante, aber hatte sich deshalb keine weiteren Gedanken gemacht - für zu vermessen hielt er die Idee, die die Ministerpräsidentin da vorhatte. Er glaubte wie Zarkahr nicht, dass sie das wirklich tun würde.
Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, sich einzumischen, aber das Auftauchen von Zarkahr, DEM CORR, und Astaroth rief ihm auch wieder ins Gedächtnis, dass er eine Aufgabe hatte: Die Hölle vor Unbill zu bewahren. Er konnte sich nicht mehr heraushalten - und dass er wusste, was Stygia vorhatte, verbesserte seine Lage nicht.
Im Gegenteil. Er musste wider Willen lächeln.
Ein schönes Paradoxon, in das ich da geraten bin. Widersinniger geht es nicht mehr. Um die zu schützen, die ich nie schützen wollte, muss ich jetzt vielleicht den warnen, der aufgrund meiner Position eigentlich mein größter Feind sein sollte.
»Es ist genug«, unterbrach er schließlich die Streitereien, die immer lauter geworden waren und den alten Liang, der furchtsam das Teetablett auf einen kleinen Seitentisch gestellt hatte, so verschreckt hatten, dass er aus dem Arbeitszimmer seines Herrn förmlich geflohen war.
Während Astaroth auf der Stelle schwieg, brüllte Zarkahr: »Ich tanze nicht nach deiner Pfeife, Vampir, auch wenn du zehnmal der Fürst der Finsternis bist.«
Fu Long erlaubte sich ein kurzes Lächeln. »Das musst du nicht. Jedenfalls jetzt nicht. Du und Astaroth, ihr könnt gehen. Ihr werdet dabei meinem Haus und meiner Stadt nicht schaden, sonst wird es euch schlecht ergehen. Ich werde mich um die Sache kümmern.« Mit einer leichten Handbewegung löste er den Bann über Zarkahr. Den traf die plötzlich wieder erlangte Bewegungsfreiheit so unversehens, dass er durch den plötzlichen Schwung seines Arms beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Wütend starrte er Fu Long an und hätte ihm wahrscheinlich liebend gern den Hals umgedreht, doch er wagte nicht mehr, sich gegen den Fürsten der Finsternis zu stellen.
Astaroth starrte Fu Long verblüfft an. »Woher dieser Sinneswandel, Meister?«
»Woher willst du wissen, dass ein Sinneswandel notwendig war?«, fragte Fu Long immer noch lächelnd. Dann beugte er sich wieder über seine neue Schriftrolle und achtete nicht mehr auf den Abgang der beiden Erzdämonen.
***
Zamorra hätte das Klopfen an der Zimmertür beinahe überhört.
Der Ausflug ins höllische Archiv hatte sich gelohnt. Der Quartband war schwierig zu lesen, Zamorra hatte ihn als Erstes eingescannt, damit er gleich auch ein Translatorprogramm, das in
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